Caravan Palace: Electro-Swing made in Frankreich
Caravan Palace ist eine französische Electro-Swing Band. Die klassische Gypsy-Swing- Besetzung aus Gitarre, Kontrabass und Geige verbinden sie mit synthetischen House- und Elektrobeats.
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Caravan Palace
Man könnte die Krise dafür verantwortlich machen, dass er wieder da ist, der Swing. Schon in den Zwanziger Jahren war er der Soundtrack, der zur großen Depression führte und auch jetzt, nach dem globalen Finanzmarkt-Crash, Euro-, und Bankenkrise ist er wieder schwer angesagt. Die Ladies mit eleganter Federboa, Perlen und Pallieten und die Herren mit lässiger Schiebermütze, Hosenträgern und weißem Hemd in der Anzugshose: Beim Swing wird die Dekadenz einer längst vergangenen Epoche wieder zum neuen Glanz erweckt.
Swing ist Krisenmusik
Caravan Palace sind nicht die ersten, die den Swing mit Elektronik kreuzen, ihm House und Hip Hop unterjubeln und ihn mit Beats und Samples aufmotzen. Vor ihnen war das Pariser DJ-Kollektiv G-Swing am Start, der österreichische Eleganz-Elektroniker Waldeck mit seinen "Ballroom Stories" oder Riccardo Villalobos, der Swing mit Techno koppelte. Charles Delaporte, Hugues Payen und Arnaud de Bosredon, die drei Gründer von Caravan Palace, sind auf einem anderen musikalischen Breitengrad unterwegs, denn schon als Jungs verehrten sie Django Reinhardt, den schnellsten Gitarristen und Erfinder des Gypsy-Swing. Aber eben auch die Electro-Pioniere Daft Punk und Justice. Das was sie vom Großteil ihrer retro-futuristischen Genre-Kollegen abgrenzt ist, dass die drei Freunde selbst exzellente Studiomusiker sind: Das ist der Grund warum es swingt!
Von Schmuddel-Filmen und Myspace
Delaporte, Payen und de Bosredon kommen aber auf ungewöhnlichen Wegen zu ihrem einzigartigen Sound: Eine Film-Produktionsfirma beauftragt das Trio 2005 damit Musik zu einem Stummfilm-Porno des frühen 21. Jarhunderts zu schreiben. Der dabei entstandene Soundtrack überzeugt die Firma und die Aufragnehmer gleichermaßen. Das Trio beschließt kurzerhand alle übrigen Bandprojekte auf Eis zu legen um sich voll auf Caravan Palace konzentrieren zu könne. Für die geeignete Live-Besetzung suchen sie über die Internet-Plattform Myspace nach Mittstreitern und stoßen schnell auf Sängerin Colotis Zoé, den Posaunisten und Beat-Tüftler Toustou, und den Klarinettisten Chapi. Die Chemie stimmt auf Anhieb und schon ein Jahr bevor ihr Debut Caravan Palace 2008 erscheint, geht die Band auf Tour. Der Durchbruch gelingt auf dem Django Reinhardt Jazz-Festival in Samois-Sur-Seine, wo eine wild gewordene Masse ihren Song Jolie Coquine abfeiert. Das Debut-Album schafft es aus dem Stand in die Top 20 der französischen Album Charts und beschert Caravan Palace eine Europa-Tournee und einen ausverkauften Saal im legendären Pariser Olympia.
Das Gotan Project des Swing
Vier Jahre vergehen bis das Sextett 2012 mit dem Nachfolger Panic von sich reden macht. Dazu haben sich die Franzosen mehrere Monate von der Außenwelt abgekapselt. Zunächst jeder für sich, bevor die Ergebnisse schließlich in einen Topf geworfen wurden. Aus über 40 Tracks wurden 14 Perlen gesiebt. Und wieder beweisen Caravan Palace überragendes Niveau: Auf Panic flirten ihre Electronik-Skills mit Triphop und anspruchsvollen Soundsphären der Ninja Tune Familie. Aber sie graben weiterhin in der Esthätik der swingigen und jazzigen Thirties und Forties. Auf einer Berg- und Talfahrt aus galoppierenden Vibraphon-Solis und dreckigen Breaksbeats über Rockabilly bis hin zum altbekannten Gypsy Swing- mit der betörend räudigen Gesangsstimme von Colotis Zoé- überzeugen Caravan Palace auf ein Neues mit ihrem unglaublichen Facettenreichtum. Nicht umsonst raunen in ihrer Heimat Frankreich die Kritiker, dass Caravan Palace für den Swing das sei, was das Gotan Project für den Tango ist.
Diskografie |
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Panic (Café de la Danse, 2012) |
Caravan Palace (Wagram, 2008) |
Stand: 23.05.2013, 11.58 Uhr
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