Jahcoustix & Dubious Neighbourhood: Der umgepflanzte Baum
Ein paar Gedichte, eine Gitarre, auch bei Dominik Haas fing es so an, wie es immer anfängt. Der Unterschied, er lebt als Teenager nicht in Hamburg, Brüssel oder London sondern in Nairobi. Der Vater ist Botschafter, die Familie führt ein nichtsesshaftes Diplomatenleben, zieht nach Liberia, New York, Mexiko, Kenia und erst von der letzten Etappe in Ägypten geht es dann 1998 retour nach Deutschland. Haas ist da zwanzig und schon längst mit Reggae und dem Rastafari-Denken infiziert.
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Jahcoustix
Er hat anfangs Probleme sich im deutschen Leben und Verhalten zurechtzufinden. "Ich bin wie ein Baum, der immer wieder umgepflanzt wurde. Trotzdem liegen meine Wurzeln - obwohl ich weißhäutig bin und kein afrikanisches Blut in mir fließt - in Afrika."
In dieser anderen Heimat sieht er als 13jähriger die Kluft zwischen krasser Armut und Luxus, zwischen Schwarz und Weiß, die in den Song seiner Helden beschrieben wird, tagtäglich mit eigenen Augen.
Zwischen Luxus und Armut
Auf der einen Seite lebt er behütet und privilegiert in einer wohlhabenden Familie und besucht eine Privatschule, auf der anderen Seite hängt er nachmittags mit Freunden bei den afrikanischen Rastafaris im Zentrum von Nairobi herum. Hört Peter Tosh, Bob Marley, Israel Vibration, Gregory Isaacs und beginnt die eigenen Erfahrungen in erste Songs zu packen.
Mitgenommen in die andere Heimat, in der er geboren wurde, hat er die Dreadlocks, die Spiritualität, das lässige Lächeln und den Namen, den er sich gibt: Jahcoustix. Darin steckt sein Glaube an ein höheres Wesen und die Vorliebe für akustische Musik. Dominik Haas ist ein Typ, der wie der Sonnenschein ins Zimmer fällt, bzw. auf die Bühne, er strahlt übers ganze Gesicht und umarmt mit seinen Songs die Welt.
Freiheit und Gelassenheit
Die erste Band gründet der Sänger und Gitarrist schon in Nairobi, die zweite in Kairo, wo er für zwei Jahre lebt und sein Abitur macht. In München entscheidet sich jedoch erst wirklich, dass es in diesem Leben nichts als die Musik geben wird, er beendet die angefangene Ausbildung bei einer Plattenfirma und wird Backgroundsänger bei der bayerischen Reggaeband Dubios Neighbourhood.
Dort macht er schnell Karriere und ist mit seiner souligen Stimme und dem unwiderstehlichen Charme inzwischen zum Frontmann avanciert. "Grounded" (= geerdet) hat er sein 2.Soloalbum genannt und auf der Rückseite des Covers stehen Baobab-Bäume, diese afrikanischen Ungetüme: "Dieser Baum wächst sehr, sehr langsam, entwickelt aber extrem starke Wurzeln. Das ist ein Sinnbild und ich projiziere es auf den Weg, den ich gehen möchte: Lieber langsam, ganz entspannt selber wachsen und reifen, weil es macht keinen Sinn einen rohen Apfel vom Baum zu pflücken, der schmeckt dann nicht wirklich gut."
Die Gelassenheit hat sich auf den 14 neuen Songs breit gemacht, Jahcoustix lässt sich Zeit und nimmt sich alle Freiheiten. Reggae ist nur noch ein Etikett unter dem sich von Pop (Wishful Thinking) über souligen Downbeat (The Truth behind it all) zu nackten Akustik-Balladen (Appreciation) alles tummelt.
Doch der schönste Song ist ausgerechnet der, den Jahcoustix nicht auf englisch sondern in arabisch singt. "Salam Aleikum" ist Orient-Pop at ist best, großartig und verblüffend zugleich. In den zwei Jahren, in denen er in Kairo gelebt hat, war er nur von ägyptischen Jungs umgeben und lernte die Sprache (den Straßenslang Kairos) im Flug. Im Rückblick erzählt Jahcoustix nun von den Orten, die er in der ägyptischen Hauptstadt liebt und von den Erfahrungen, die er dort gesammelt hat. "Ich hätte ein ganzes Album darüber machen können", erzählt der Soulmann, der sich hinter einer Rasta-Fassade versteckt. Und wir fragen, wann kommt das arabische Album Jahcoustix?
Diskografie |
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Grounded (Soulfood Music, 2006) |
Colourblind (EMI, 2004) |
Souljahstice (Rough Trade, 2003) |
Stand: 23.05.2013, 11.58 Uhr
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