Nouvelle Vague Ungewöhnliche Kopfgeburt

Nouvelle Vague ist ein Projekt der französischen Produzenten Olivier Libaux und Marc Collin. Im Lounge- und Bossa Nova-Stil covern sie mit jungen Sängerinnen Klassiker der New Wave-Bewegung der Achtziger Jahre.


Nouvelle Vague-Sängerin auf der Bühne
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Nouvelle Vague

Olivier Libaux und Marc Collin sind bereits vor der Gründung ihres gemeinsamen Projekts feste Größen in der französischen Pop- und Electronic-Musikszene. Libaux ist in den frühen Neunziger Jahren Mitglied der Band Les Objects und arbeitet mit Alex Gopher, Héléna Noguerra oder Barbara Carlotti zusammen. Nebenbei betätigt er sich als Komponist für das französische Fernsehen. Auch Collin sammelt Erfahrungen in mehreren Bands, wendet sich zu Beginn der Nuller Jahre immer mehr der elektronischen Musik zu und mischt bei dem House-Projekt Kwaidan mit. 1998 lernen sich die beiden bei der Arbeit für den Soundtrack zum Film "The Kidnappers" kennen. 2003 kommt es dann zu einer spontanen und ungewöhnlichen Kopfgeburt der Arbeitskollegen: "Warum covern wir nicht die Hits unserer Jugend, der New Wave-Ära, im gerade angesagten Bossa Nova- und Lounge-Stil"?

Der Name ist Programm

Bevor es aber zu den ersten Aufnahmen kommt, muss aus der Idee ein in sich geschlossenes Konzept mit klaren Regeln entworfen werden. Für eine authentische Neuinterpretation stellen sie die Charakteristiken von Punk und New Wave auf den Kopf. Das Musikbett liefern zart gezupfte Gitarren, statt kühlen Elektro-Beats, und statt Männern die ihren Weltschmerz herausbrüllen, wird eine ganze Riege junger, unverbrauchter Sängerinnen mit weichem, französischen Akzent engagiert, die mehr säuseln als singen. Weitere Voraussetzung: Den Interpretinnen sollen die ausgewählten Stücke möglichst gänzlich unbekannt sein.

Dann bliebe nur noch der Name; auch dieser muss Programm sein. Sie entscheiden sich für Nouvelle Vague, die französische Übersetzung von New Wave und Bossa Nova und machen den Begriff gleichzeitig zu ihrer musikalischen Selbstdefinition. In die Auswahl des Debuts Nouvelle Vague kommen Songs von Killing Joke, The Cure, The Clash, Sisters of Mercy oder Depeche Mode.

No-Future-Ära an idyllische Orte versetzt

Das was manche Kritiker lediglich für einen gelungenen Scherz halten, funktioniert überraschend gut und Nouvelle Vague können nicht nur aus dem Stand Tourneen im In- und Ausland bestreiten, sondern verkaufen das Debut auch über 200.000 Mal. Das ungewöhnliche, neue Outfit, den sattsam bekannten Songs ganz neue Seiten abzugewinnen, bewährt sich auch auf dem Nachfolger Bande à part. Der Erfolg von Nouvelle Vague dringt natürlich auch zu den Originalinterpreten durch. Und als diese sich mit durchweg positiven Reaktionen bei dem Produzenten-Duo melden, entscheiden sich Collins und Libaux auch mal ein paar alte Helden einzuladen. So kommen auf dem dritten Album 3 die Schöpfer der Originale als Gesangs-Partner zum Zuge. Martin Gore singt mit Melanie Pain den Depeche Mode-Hit "Master and Servant" und in "All My Colours" tritt Echo and the Bunnymen-Frontmann Ian McCullough an der Seite der französischen Sängerin an. Auf dem vierten Studioalbum Couleurs sur Paris lassen sich die Nouvelle-Vague-Köpfe schließlich eine erneute Abwechslung einfallen und konzentrieren sich ausschließlich auf französische Pop-Hits der Achtziger Jahre. Mit Vanessa Paradis oder Coralie Clément gewinnen sie außerdem neue Vokalisten für das Projekt.

Nouvelle Vague haben mit ihrem Sound zweifellos Maßstäbe gesetzt: Wie fortgeblasen ist die bedeutungsschwere Düsternis, die viele dieser alten Songs aus der No-Future-Ära einst umwehte, stattdessen wirken sie oft wie in luftige Höhen entrückt oder an idyllische Orte versetzt. Das ist beileibe nicht nur bloß ein ironisches Insider-Vergnügen für ein paar Eingeweihte, die sich am Aufeinandertreffen von nicht selten boshaft zynischen Texten von einst mit gefälligem Wohlklang von heute erfreuen. Es vermag auch solche Hörer zu fesseln, denen die Originale gar nicht mehr geläufig sind, und sie auf diese verborgenen Schätze der jüngeren Pop-Vergangenheit zu stoßen.

Diskografie
The Singers (2011, New Sound Dimensions)
Couleurs sur Paris (2010, New Sound Dimensions)
3 (2009, Pias Rec.)
Bande à Part (2006, Pias Rec.)
Nouvelle Vague (2004, Peacefrog)

Stand: 23.05.2013, 11.58 Uhr