Lokalmatador - Die Tsootsies: Polonaise statt Minimal
Die Aversion auf Minimal-Techno gehört zu ihrem Gründungsmythos. Die Tsootsies verbinden kapitalismuskritische Texte mit Booty-Spaß und einem Fünkchen Humor. Damit dürften die drei Berliner hierzulande als Pioniere des Global Battle Bass gelten.
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Süpermercado | Jetzt bis 12.00 Uhr
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Laura und Conrad sind Die Tsootsies
Audio
- Audio: Beitrag von Manuel Agostinho (03:08 min.) Manuel Agostinho, Süpermercado
Wie nennt ihr euren Style?
Conrad: Die Tsootsies machen Global Battle Bass. Ja, das bezieht sich einerseits auf Global Bass, was den Sound ungefähr beschreibt. Das ist natürlich ein vielfältiges Konglomerat an Sounds, aber muss tanzbar sein, muss so ein bisschen den Booty shaken. Andererseits "Battle", weil wir doch relativ offensiv auftreten und auch von Battle Rap inspiriert sind, auf jeden Fall.
Es klingt als ob ihr im HipHop sozialisiert seid, stimmt das?
Conrad: Ich bin auf jeden Fall im HipHop sozialisiert. Ich war ziemlich fasziniert als Teenager von Rap, von der Energie, auch von der Textlastigkeit. Und es gab auch eine Zeit, wo im HipHop nicht so viel Spannendes passiert ist, vor einigen Jahren. Und zu dem Zeitpunkt habe ich halt Baile Funk, also brasilianischen Ghettosound sozusagen, kennengelernt. Und das fand ich erst mal etwas abschreckend, aber dann doch sehr faszinierend, genau was diese Energie und die Stimmung betrifft und diese Ich-mach-jetzt-Attitude.
Der Song "Minimal Is Wack" ist sozusagen euer Gründungsmythos. Wie kam es dazu?
Laura: Conrad vor allem war sehr frustriert am Anfang in Berlin, weil er eben aus diesem Maastricht kam, eine kleine Stadt wo aber viel, viel los war, viel Party und Conrad hatte da Spaß. Und dann ist er nach Berlin gekommen und war so enttäuscht von diesem: Ok, jetzt gehe ich auf diese Partys und es läuft immer nur Minimal-Techno, alle sind irgendwie komisch und tanzen nicht miteinander und haben einen Stock im Arsch und machen halt nicht richtig Party, sondern sind lange wach und bleiben da tagelang, aber gehen nicht so richtig steil. Und das war eine große Motivation am Anfang, deswegen ist auch unser Song "Minimal Is Wack" entstanden, weil das so am Anfang die Idee war: Wir müssen Action machen!
Was wollt ihr bei eurem Publikum auslösen?
Laura: Es ist generell ein Konflikt von uns, dass wir einerseits Party machen wollen und wir wollen, dass die Leute Tanzen und Ausflippen und Ausrasten. Und andererseits haben wir diese sehr textlastigen und auch inhaltsschweren Texte. Wir hatten schon viele Konzerte wo der Sound grottig war und die Leute sind übelst ausgeflippt, weil wir ausgeflippt sind und sie die Beats gehört haben und sie haben kein Wort verstanden und sind ausgeflippt. Und für uns waren das tolle Konzerte! Dann gibt es Konzerte, wo der Sound super ist und alle stehen gebannt da und hören zu und wir sind genervt auf der Bühne, weil die Leute nicht mehr Ausrasten. Das ist natürlich ein Grundproblem wenn man einerseits durch seine Texte schockieren und aufrütteln will und man will aber auch, dass die Leute tanzen.
Ihr seid zum Teil sehr provozierend und benutzt ziemlich viele Kraftausdrücke, ist diese Art der Provokation ernst gemeint?
Conrad: Provokation ist auf jeden Fall ernst gemeint. Also ich glaube man kann doch vom Kontext so ein bisschen schließen wann es ironisch gemeint ist, dann versetzen wir uns in eine Perspektive, die wir eigentlich kritisieren wollen. Aber meistens ist es etwas was wir auch ungefähr so sehen, aber dann nochmal verstärken wollen durch die Provokation, die natürlich auch Aufmerksamkeit schaffen soll. Und manche Sachen sind einfach richtig Scheiße. Das wollen wir dann auch beim Namen nennen.
Stand: 02.06.2015, 21.00 Uhr
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