Lokalmatador - Apparatschik Taiga Tunes und Soviet Grooves

Von Manuel Agostinho

Die Band Apparatschik feiert zur Abwechslung mal sich selbst. Seit 25 Jahren bespaßen sie all jene, die zu osteuropäischer Musik ausrasten. Mittlerweile spielen sie in dritter Besetzung und diesen musikalischen Ost-West-Dialog gibt es jetzt auch als Live-Album.


Band Apparatschik an einem Tisch mit Wodka, Matrjoschka und Balalaika
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Apparatschik

Was wollt ihr uns mit eurem Namen sagen?

Der Begriff Apparatschik bedeutet ja Funktionär oder Rädchen im Getriebe. Und wir sind das Rädchen im Getriebe zwischen Ost und West, musikalisch gesehen.

1989 ging es mit Apparatschik los - vor der Balkanwelle?

Als wir angefangen haben mit Apparatschik, da waren wir auf weiter Flur alleine mit dieser Musik. Erstmal überhaupt, in unserem Alter, Anfang zwanzig haben die Leute eher elektrische Musik gemacht. Da waren wir ohnehin eine große Ausnahme, dass wir akkustische Musik gespielt haben. Viel später kamen dann die Begriffe wie Russendisko, Balkan Beats und so weiter.

25 Jahre Apparatschik - wie fühlt sich das an?

Erstmal erschreckt mich die Zahl und ich denke: Ach Du Scheiße! 25 Jahre! Auf der anderen Seite bin ich dann doch stolz, denn die meisten Bands gibts fünf oder sechs Jahre. Und wir sind ja eine Independentband geblieben, wir haben keine Plattenfirma und das macht mich schon stolz, dass wir das geschafft haben.

Woher kommt der Russlandbezug?

Ich bin ja in der DDR aufgewachsen und wir hatten in der Schule natürlich immer mal wieder russische Volkslieder oder sowjetische Lieder. Und damals hatte ich nicht so einen Bezug zu den Russen oder Russland. Das waren eher die Besatzer für uns, aber die Musik ist mir komischerweise immer im Kopf oder im Herzen geblieben. Wenn ich später mal gefragt wurde, spiel doch mal was auf der Gitarre, da habe ich meistens Moskauer Nächte gespielt oder irgendein russisches Volkslied. Ich weiß nicht, warum, aber das hat meine Seele berührt, die Musik.

Euer Bandlogo erinnert an die Symbolik der Sowjetära. Warum?

Die Symbolik der Sowjetära... es hat was Faszinierendes, es hat eine bestimmte Ästhetik, aber auch was Abstoßendes, weil man ja auch ein radikales System damit verbindet. Und wir haben das für unsere Zwecke verändert. Wir haben einfach, wie du siehst, in dem Ehrenkranz Messer und Gabel drin stehen, statt die Weltkugel. Also nicht Weltherrschaft oder Weltkommunismus, sondern genug zu essen und feiern auf der ganzen Welt. Und deswegen steht bei uns unten: Prost, in kyrillisch.

Eine Publikumsreaktion, die dir in Erinnerung geblieben ist?

Ich habe das schon erlebt, dass Russen mich nach dem Konzert angesprochen haben und nicht wahr haben wollten, dass ich kein Russe bin. Es kommt so eine Glaubwürdigkeit rüber, da kann ich glaube ich auch mit starkem Akzent singen, das wird nicht wahrgenommen, weil die Illusion da ist. Da entsteht eine Energie.


Stand: 10.03.2015, 21.00 Uhr