Lokalmatador - Michel Sanya: Ngoma-Grooves aus Köln
Nach Deutschland kam er als Flüchtling. Heute versucht der Sänger Michel Sanya eine Brücke zurück in sein Heimatland Kongo herzustellen. Mit Musikern aus beiden Ländern bringt er Kulturgüter, die seit dem Bürgerkrieg in Vergessenheit geraten sind, wieder unter die Menschen. Darunter: die Ngoma, die "Mutter aller Trommeln".
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Michel Sanya
Audio
- Audio: Lokalmatador - Michel Sanya (03:08 min.) Ohne Sendungsnamen
Wer bist du?
Mein Name ist Michel Sanya, ich komme aus der Demokratischen Republik Kongo. Ich mische Elemente aus Reggae, Funk, Pop und traditionelle Musik. Wenn wir nach Kongo gehen und diese Musik machen, sagen sie: Ihr seid fremdgegangen!
Wie bist du zur Musik gekommen?
In der Familie hat meine Mutter sehr viel gesungen und mein Vater hat mir dieses Daumenklavier, ein traditionelles Instrument, vorgestellt. Es war einfach Leben mit der Musik. Es war nicht so, dass man dachte: So, jetzt werde ich Musiker oder so.
Wie klingt die Musik deiner Heimat?
In Afrika weiß man ganz genau, dass Zentralkongo das Land der Musiker ist. Nach der Unabhängigkeit haben viele Jugendliche angefangen, die Elemente von moderner Musik einzubringen und sind dann nach Europa gegangen. Die kongolesische Musik ist sehr straight. Sie ist direkt und nicht zu folklorisch.
Was hat dich damals nach Deutschland geführt?
Wer sich mit dem Kongo auskennt, weiß ganz genau, dass es so viele Unruhen gab. 1994 gab es einen großen Krieg und ich bin geflohen, ich bin Ende 1997 nach Deutschland gekommen. Ich beschreibe in den Liedern, wie mein Land zerstört war, wie Straßenkinder dann zu Kindersoldaten gemacht wurden, und wie viele Frauen misshandelt wurden. Meine Mutter war verschollen. Ich blieb da mit meiner Schwester. Die Rebellen kamen ständig und die Bomben fielen immer. Man hat immer gehört, wie geschossen wurde.
Was möchtest du mit deinem Projekt "Kilalo" erreichen?
Die Kultur ist die Seele eines Volkes. Aber die Globalisierung versucht einfach, alle Kulturen zusammenzubringen und vergisst manchmal, dass die eigene Kultur eigentlich ein Reichtum ist. Mein Projekt "Kilalo" ist eigentlich da, um eine Brücke zwischen den Kulturen aufzubauen. Wir machen Festivals, aber auch Konferenzen, um einfach den Jugendlichen zu zeigen, was wir im Kongo haben. Wir haben wirklich herausgefunden, dass wir viele Sachen haben, aber nicht wissen, wie wertvoll das ist.
Welches Kulturgut aus deiner Heimat geht verloren?
Wir haben eine Trommel, mit der ich aufgewachsen bin. Ich fand es so traurig, dass, als ich zurückkam, ich die Trommel überall gesucht habe. Sie heißt Ngoma und sie hat meistens Kuhfell drauf. Bevor man trommelt, muss man erst einmal Feuer anzünden, dann klingt sie gut. Hier in Deutschland kannst du dir nicht erlauben, immer Feuer anzuzünden. Das ist unpraktisch. Dann habe ich überlegt und meine Kongo-Trommel anders gemacht, mit Schnüren wie Djembé! Ich wollte sie präsentieren. Dann kam ein Jugendlicher und sagte zu mir: Ach, Michel, bring doch richtige Instrumente! Ich war geschockt. Ich sagte: Hallo Junge, wie haben diese Gitarren und diese Congas angefangen? Weißt du überhaupt, dass diese Trommel die Mutter aller Trommeln ist? Deswegen habe ich meinen Leuten gesagt: Ihr könnt das moderner machen!
Stand: 29.12.2015, 21.00 Uhr
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