5Planeten Feature - Alo Wala: ALO WALA
Shivani Ahlowalia ist die Frontfrau der neuen Global Bass-Combo Alo Wala aus Kopenhagen. Vor ihrem Auftritt auf Einladung von Funkhaus Europa im Kölner Club Roxy sprach 5Planeten-Reporter Steen Thorsson mit ihr.
Eine späte Karriere, denn die Dame ist über 30 und hat bereits viele Songs geschrieben - doch nie wurden komplette Stücke wirklich fertig. Erst als sie im Winter 2011 nach Indien gereist ist - eigentlich nur zu der Hochzeit ihres Cousins - wurde ihr klar und sie sagte sich: Ich muss Musik machen.
Wie bist du zur Musik gekommen?
Ich musste von meiner Familie fliehen. Ich liebe sie natürlich, aber in Indien als Frau in meinem Alter und nicht verheiratet und dann noch auf einer Hochzeit zu Besuch – da steht man wirklich unter Druck! Ich habe dann das Artist-Residence Programm in Pondicherry gefunden. Das sah grandios aus, im Grünen mitten in den Bergen. Da habe ich gemerkt, mir geht es um Musik. Asmund und Julius Sylvest haben mir dann aus Dänemark Beats gesendet – und ich konnte in dem Atelier einfach aufnehmen. Aber am vierten Tag gab es einen Zyklon und das ganze Gelände wurde bis auf die Grundfeste verwüstet. Ich habe dann zu dem Besitzer gesagt, dass es mir wirklich leid für ihn tue. Und er hat mir geantwortet: 'Weißt du was? Das gibt mir die Möglichkeit es einfach noch mal besser wiederaufzubauen'. In dem Moment habe ich mir gedacht: 'Wow!' Und für mich hieß es, dass ich mein Leben von Grund auf verändern muss. Dann kam Julius, wir haben uns in Delhi getroffen und den Song Bend Yuh Backbone gemacht. In dem Song geht es genau um das Thema – neues zu schaffen im Schatten der Zerstörung.
Der typische Alo Wala-Sound: Messerscharfe Beats, die auch mal schnell ihr Tempo wechseln. Dazu klebrige Synthesizer-Bässe, die so viel Grooves in sich aufgesaugt haben, dass es schwer ist dabei ruhig zu bleiben. Dazu kommt diese selbstsichere und straighte Stimme von Shivani. Die Soundästhetik: moderne Clubmusik mit Einflüssen aus allen Teilen der Welt, so vermischt, dass der Ursprung nicht mehr nachvollziehbar ist.
Shivani ist die Frau, die diesen musikalischen Melting Pot authentisch vertreten kann; weil sie genau dieses hybride Leben zwischen nationalen Grenzen und Kulturen sozusagen mit der Muttermilch aufgesaugt hat. In Boston geboren, dort in China-Town aufgewachsen, ihre Familie kommt aus Indien, gelebt hat sie in New York und Guinea Bissau und hat sich jetzt in Kopenhagen niedergelassen.
In 2008 hat Shivani in Guinea-Bissau eine eigene NGO gegründet: die Cobiana Culture & Communication Organisation. Das Ziel der NGO: die Unterstützung von jungen Künstlern in dem Spannungsfeld zwischen Musik und Entwicklungspolitik.
Was hat es mit deiner NGO in Guinea-Bissau auf sich?
Ich habe in Guinea Bissau sehr viele junge Künstler unterstützt. Vor allem aus der HipHop-Szene. Es ist eine unheimlich sinnvolle Arbeit, die wir da machen. Der Zugang und die Möglichkeiten sind ganz anders, als hier in Europa. Das soziale, politische und ökonomische Umfeld ist ganz anders. Es gibt in Guinea Bissau für Künstler einfach keine Infrastruktur. Wir haben da jetzt ein Studio gebaut und ein großes Netzwerk ins Leben gerufen. Vorher war es wirklich so, dass ein Künstler nach Portugal kommen musste, um überhaupt etwas aufzunehmen. Wir versuchen also, technischen Zugang und Unterstützung für Künstler zu organisieren.
Sie war 2012 in Guinea-Bissau als das Militär gegen den Präsidenten Raimundo Pereira putschte. Viele der Musiker aus der brodelnden HipHop-Szene haben sich sofort engagiert – und eine Art Friedensbewegung gegründet. Für sie ein Schlüsselerlebnis und eine Bestätigung dafür, dass Musik eine Waffe ist um die Welt zu verändern. Das ist einer der Beweggründe warum Shivani selbst Musik macht.
Was ist Musik für dich?
Musik ist für mich ein Werkzeug. Zum Beispiel um Menschen zusammenzubringen und Liebe zu bringen. Auch um wärme in das Leben zu bringen. Man kann auch in die Musik flüchten. Die Macht, die Musik hat ist einfach endlos. Die Entscheidung mit Musik zu arbeiten, war für mich auch eine Entscheidung für das vielleicht stärkste Werkzeug was es gibt. Vielleicht klingt es ein bisschen kitschig, aber damit will ich die Welt zum Besseren verändern.
Shivani Ahlowalia ist ein neuer Stern am Himmel der Global Bass-Szene. Intelligent, politisch aktiv und dazu kommt, dass sie gleich mit der ersten Single einen Hit geschrieben hat - "Cityboy". Ein von Dancehall inspirierter Club-Tune mit Unterstützung aus Brooklyn: Vom Dancehall-Champion Jahdan Blakkamoore.
Weshalb hat gerade der Song "Cityboy" solch einen Erfolg?
Ich glaube der große Erfolg von "Cityboy" hat damit zu tun, dass einfach alles gepasst hat. Inspiriert wurde "Cityboy"von Dancehall. Es ist ein sehr grooviger, tanzbarer Song. Dazu kommen meine sehr einfach zu verstehenden Lyrics – ich meine, wer kennt denn nicht einen Cityboy? Dann ist Jahdan dabei – und er ist wirklich ein grandioser Sänger. Jahdan Blakkamoore featured Cityboy. Ich habe ihn in Brooklyn Shanti in der Wohnung von Geko Jones mit der Crew von Dutty Arts getroffen. Er ist ein grandioser Dancehall MC. Er hat gleich gesagt; ja das gefällt mir! Jahdan hat mich von Anfang an sehr unterstützt und auch direkt gesagt, er würde gern einen Song mit mir machen. Als ich meinen Text für das Stück geschrieben hatte, war mir gleich klar: für diesen Song brauche ich einen echten Cityboy. Dann habe ich Jahdan gefragt – und er hat zugesagt.
Seit der Cityboy-EP ging alles rasend schnell für Alo Wala. Sie sind heiß begehrt und der Kalender für 2015 füllt sich fast täglich mit Einträgen für neue Shows. Kürzlich waren Alo Wala auch auf Tour in Indien. Für Shivani Ahlowalia eine ganz besondere Tour - zu vielen Konzerten kamen Familienmitglieder von ihr. Weitere Gigs in Übersee sind geplant – darunter in Afrika, den USA und auch Lateinamerika.
Wie war es für dich in Indien zu spielen?
Vor Kurzem sind meine Eltern, aus Chicago nach Indien gekommen, um uns zu sehen und uns auf Tour zu treffen. Das war das erste Mal, dass sie uns live gesehen haben. Sie haben mich die ganze Zeit unterstützt, ohne genau zu wissen was passiert und haben mich dann gefragt: 'Shivani solltest du jetzt nicht mal heiraten? Shivani willst du dir nicht einen echten Job suchen?'. Nichtdestotrotz sind sie meine größten Unterstützer. Für sie im Publikum zu spielen war so großartig – für uns alle. Sie sind stolz und ich bin wirklich stolz, dass sie mich so sehr unterstützen.
Übrigens: Shivani Ahlowalia ist eine wirklich bemerkenswerte Erscheinung! Auf der Bühne tritt sie in einem goldenen Astronautenanzug und Perücken in schrillen Farben auf, Fingernägel und Lippenstift werden diesen Farben gezielt angepasst. Für ihre Fans hat Shivani Ahlowalia immer ein Lächeln, aufgesetzte Coolness braucht sie nicht. Der grelle Look schafft eine lockere Atmosphäre – steht aber dem hochprofessionellen Charakter bei den Live-Shows in nichts nach.
Shivani Ahlowalia ist total mit der Musikerszene verschmolzen. Auch wenn sie ihren eigenen Sound nicht gerne mit irgendeinem speziellen Genre betiteln will, ihre Heimat ist die Global Bass-Family - und darauf ist sie stolz.
Was ist Global Bass für dich?
Global Bass ist ein sehr interessantes Genre. Was ich zum Beispiel sehr an der Szene mag: die Leute sind intellektuell. Menschen mit multikulturellem Hintergrund – die viel von der Welt gesehen haben und viel von der Welt wissen. Und genau diese Erfahrungen tragen die Künstler in die Musik. Das ist wunderschön an dem Genre. Trotzdem habe ich ein Problem meine Musik an ein bestimmtes Genre zu heften. Und trotzdem sind wir eine Geburt aus der Global Bass-Szene. Wir haben sehr viel Liebe und Unterstützung von den Menschen erfahren. Für mich ist das wie eine Familie!
Stand: 02.02.2015, 17.00 Uhr
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