Musikspecial - Revolutionäre Musiker Westafrikas Rap-Pionier

Von Johannes Paetzold

Didier Awadi ist der berühmteste Musik-Aktivist Afrikas aus dem HipHop. Er rappt nicht nur über soziale Ungerechtigkeiten und Missstände. Er engagiert sich auch aktiv und bestimmt so die Politik seines Landes mit.


Didier Awadi
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In seinem Pass steht: "Ich heiße Didier Awadi. Ich bin ein musikalischer Aktivist aus Afrika, mit einem senegalesischen Pass". Das kennzeichnet Awadi, der zuerst als Vorläufer des Rap und HipHop berühmt wurde, sich aber selbst in erster Linie als politisch engagierter Mensch und Kosmopolit sieht.

Geburtsstunde des Conscious Rap in Westafrika

Mit Positive Black Soul hat Awadi den HipHop als Waffe im Kampf für die Demokratie in Afrika etabliert. 1989 gründete er mit seinem Landsmann Douggy E.Tee die Band Positive Black Soul - das war die Geburtsstunde des Conscious HipHop in Afrika, einem sozial engagierten Rap, gesungen in der eigenen Sprache Wolof. Fünf Jahre später brachten die beiden das Lied "Boul Falé" heraus, das im Senegal zur Initialzündung für eine ganze Generation wurde. "Boul Falé" heißt soviel, wie "Pfeif drauf!". Die Botschaft des Songs: "Kümmer dich nicht um die Politiker, nimm dein Leben selbst in die Hand und glaub an dich!" Das war damals revolutionär, Positive Black Soul sangen und rappten über das Regime, das viel zu lange an der Macht war und sagten: Diese Politiker sind schon an der Macht seit dem wir Kinder sind und müssen weg! Im Jahr 2000 fiel dieses Regime tatsächlich und Positive Black Soul hatten ihren Anteil daran, denn Songs wie "Boul Falé" hatten die Jugend inspiriert. Ende der 90er Jahre gab es um die 3000 HipHop-Combos im Senegal und auch die Mächtigen mussten verstehen, das Rap ihnen gefährlich werden kann - und man die Rap-Bewegung nicht ignorieren kann.

HipHop als Waffe - das gilt im Senegal bis heute. Beispiel der jüngeren Vergangenheit, die Bewegung "Y'en a marre", zu deutsch: "Wir haben die Schnauze voll". Eine Bewegung, die ebenfalls eine Wahl mitentschieden hat. Y'en a marre waren Rapper und Journalisten, die mit der Jugend Senegals Demonstrationen, Sit-Ins, Protestkonzerten und Straßenblockaden organisierten. Der Rap wurde strategisch klug als kulturelle Ressource und Agitprop-Mitteln eingesetzt. 2012 hatte Y'en marre einen gewichtigen Anteil daran, dass ein neuer senegalesischer Präsident gewählt wurde, Macky Sall. Einer der Aktivisten im Zentrum der Bewegung war natürlich: Didier Awadi.

Enttäuschte Hoffnungen

Drei Jahre nach der Wahl hat Macky Sall viele Hoffnungen enttäuscht, die in ihn gesetzt worden waren. Und wieder ist es Didier Awadi, der Klartext spricht: "Deuk Bi Dou Dem" heißt sein aktueller Song. Aus dem Wolof übersetzt: "Dem Land geht es schlecht". Der senegalesische Aktivist kritisiert darin Regierungschef Macky Sall, dem er die Verantwortung anlastet für Korruption, Wasser- und Strommangel im Land. "Solange die Situation im Land nicht besser wird, solange werden wir die Wahrheit aussprechen", kommentiert das Didier Awadi.

Ein Awadi wünscht sich natürlich eigentlich einen Mann wie Thomas Sankara als Staatschef, den Ex-Präsidenten von Burkina Faso, der mit seinen sozialistischen Visionen die ehemalige Kolonialmacht Frankreich herausgefordert hatte und schließlich 1987 ermordet wurde. Awadi hat Sankara (und anderen Präsidenten wie Kwame Nkrumah, Nelson Mandela oder Julius Nyerere) Songs gewidmet: "Ich will den Jugendlichen afrikanische Idole zeigen. Die Möglichkeit, vor Ort etwas zu ändern." Er benannte sogar sein Aufnahmestudio in Dakar um in "Studio Sankara".

"Die Migranten folgen doch nur dem Strom des Geldes"

So engagiert Awadi gegen die Missstände in seinem Land und anderen afrikanischen Staaten wettert, ist sein Hauptthema dieser Tage aber die Migration und das Elend der Flüchtlinge im Mittelmeer. Allein über 60.000 Senegalesen sollen in den letzten zehn Jahren beim Versuch, nach Europa zu kommen, im Mittelmeer ertrunken sein. Natürlich ist Awadi dagegen, dass seine Landsleute sich auf diesen lemminghaften Todestrip begeben. Aber die Ursache liege nicht an den afrikanischen Jugendlichen: "Der Westen verlangt von uns freie Märkte, überschwemmt uns dann mit seinen Lebensmittelüberschüssen und zerstört so die Landwirtschaft vor Ort. Am Ende bleibt uns nichts, um eine Zukunft zu gestalten, um unsere Familien zu ernähren. Die meisten Migranten folgen doch nur dem Strom des Geldes". Und wer berichte in Europa darüber, dass westafrikanische Fischer nichts mehr fangen, weil europäische Trawler das Meer leerfischen? Der Westen, so Awadi, verhandle lieber mit der korrupten Oberschicht und mache mit ihr profitable Geschäfte als den Menschen zu helfen.

Didier Awadi, das ist nicht einfach ein weiterer Rapper, der eine politische Message hat. Der Senegalese unterscheidet sich, weil er immer wieder weiter geht vom Agitprop zum aktiven Einsatz. Er will etwas bewegen, gibt sich mit den Mißständen nicht zufrieden. Inzwischen ist er in seinen Mittvierzigern, viele junge Rapper sind nachgewachsen im HipHop. Aber er bleibt der Übervater und Pate des afrikanischen Rap, der heute wichtiger ist denn je.


Stand: 17.06.2015, 09.45 Uhr