Filmtipp - Der Sohn der Anderen Brisante Verwechslung

Von Francesco Tornabene

"Was wäre wenn?“ - Diese Frage führt immer wieder zu spannenden und aufwühlenden Filmen. Hier lautet die Frage konkret: Was wäre, wenn in einer israelischen Klinik zwei Babys vertauscht worden wären? Und zwar ein jüdisches und ein palästinensisches Baby.


Screenshot: Der Sohn der Anderen
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Screenshot: Der Sohn der Anderen

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Ein Krankenhaus irgendwo in Haifa: Das jüdische Ehepaar Silberg und das palästinensische Ehepaar Al-Bezaaz erfahren gerade, dass ihre beiden, inzwischen achtzehnjährigen Söhne kurz nach der Geburt vertauscht worden sind. Aus Versehen, mitten während des Chaos eines Raketenangriffs. Ob die Eltern Fragen hätten, will der Direktor des Krankenhauses wissen, in dem die Babys zur Welt gekommen sind. Natürlich haben sie welche, und sie werden auch uns Zuschauer beschäftigen. Vor allem die Fragen der beiden betroffenen Söhne.

Zwei junge Männer zwischen den Fronten

Der Jude Yacine, der in einer muslimischen Familie im Westjordanland aufgewachsen ist und der Palästinenser Joseph, der in einer wohlhabenden jüdischen Familie in Tel Aviv lebt - als die beiden jungen Männer sich das erste Mal treffen, reden sie über ihre Herkunft und der damit verbundenen Feindbilder. Und damit wären wir bei der politischen Brisanz der Handlung, die hier aber nicht im Vordergrund steht. Wichtiger ist etwas anderes: Ob er nun seine wahre Identität annehmen wolle, wird Joseph einmal gefragt. Und der Film setzt sich damit auseinander, was Identität eigentlich ausmacht. Regisseurin Lorraine Levy nähert sich all den Fragen, die ihr Film aufwirft, sehr behutsam und mit viel Respekt vor ihren Figuren.

Sensibles Drama


Filmplakat: Der Sohn der Anderen
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Filmplakat: Der Sohn der Anderen

Ohne pädagogischen Zeigefinger, authentisch, zuweilen sogar mit leisem Humor beobachtet sie zwei im Grunde verfeindete Familien. Anfangs diskutieren die Väter noch über den Krieg. Dann setzen sich die beiden Familien mit politischen, religiösen und kulturellen Differenzen auseinander. Sie fangen an, Wertvorstellungen und Ideale infrage zu stellen und kommen sich dabei langsam näher. Das führt nun zu keinem kitschigen Happy End, sondern eher zu einer Hoffnung. Einer Vision, die vielleicht eines Tages Wirklichkeit werden und dadurch viele Probleme lösen wird.

Filminfos

Der Sohn der Anderen
Originaltitel: Le fils de lʼautre | ca. 105 Min., Originalfassung mit deutschen Untertiteln

Regie
Lorraine Lévy

Darsteller
Emmanuelle Devos, Pascal Elbé, Jules Sitruk, Mehdi Dehbi, Areen Omari, Khalifa Natour, Mahmood Shalabi, Bruno Podalydès u.a.



Stand: 16.09.2015, 21.00 Uhr