Süper DVD - Zweite Chance Nüchtern und psychologisch ausgefeilt

Von Francesco Tornabene

Die dänische Regisseurin Susanne Bier ist eine der interessantesten Filmemacherinnen Europas. Ihre Filme loten immer wieder schonungslos emotionale und moralische Grenzbereiche aus. So auch das mehrfach preisgekrönte Drama "Zweite Chance", das auf DVD und Bluray erschienen ist.


DVD-Cover von "Zweite Chance": Nikolaj Coster-Waldau als Polizist Andreas
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Nikolaj Coster-Waldau als Polizist Andreas

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Der Polizeikommissar Andreas und seine Frau Anna haben vor kurzem ein Kind bekommen. Alexander ist ein unruhiges Baby. Er weint viel, vor allem nachts, und reißt dadurch seine Eltern immer wieder aus dem Schlaf. Mutter und Vater sind aber sehr geduldig und liebevoll. Eines Tages führt ein Einsatz wegen Ruhestörung Andreas zu dem drogensüchtigen Pärchen Tristan und Sanne. Andreas kennt den Mann sehr gut. Aufgewühlt erzählt er seiner Frau von dieser Begegnung: "Es gab Ärger in einer Wohnung mit einem Kerl, den ich vor ein paar Jahren in Kopenhagen eingebuchtet habe. Tristan. Ein richtiges Schwein. Und dann stellt sich heraus, dass er Vater geworden ist. Der Kleine lag da in seiner eigenen Scheiße und Pisse".

Packendes Drama über einen moralischen Grenzbereich


Szene aus "Zweite Chance": Andreas (Nikolaj Coster-Waldau) liegt mit seiner Frau Anna (Maria Bonnevie ) und einem Baby im Bett
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Die fürsorglichen Eltern Andreas (Nikolaj Coster-Waldau) und seine Frau Anna (Maria Bonnevie )

Andreas schaltet das Jugendamt ein, doch solange Tristans Baby gesund und nicht unterernährt ist, dürfen die Beamten es ihm nicht wegnehmen. Der verantwortungsvolle Polizist ist entsetzt und fährt erst einmal nach Hause zu seiner Familie. Eines Nachts passiert etwas völlig Unerwartetes. Alexander stirbt. Als Andreas den Krankenwagen rufen will, reagiert seine Frau völlig hysterisch: "Wenn sie ihn mitnehmen", schreit sie, "dann bring ich mich um!" Andreas weiß nicht, was er machen soll. In seiner Verzweiflung fasst er einen folgenschweren Entschluss. Er nimmt seinen Sohn Alexander, bringt ihn zu Tristan und tauscht das tote Baby gegen Sofus aus.

Wie in all ihren Filmen wirft die Regisseurin Susanne Bier auch in dem packenden Drama "Zweite Chance" jede Menge interessante Fragen auf. Die naheliegendste ist natürlich die nach dem Verhalten von Andreas. In bester Absicht entführt er Tristans verwahrlosten Sohn Sofus, dem er in liebevoller Umgebung die titelgebende zweite Chance geben will. Doch darf er das so einfach? Und was ist etwa mit Sofus' Mutter?

Wie weit würden Sie gehen?

"Ihr denkt bestimmt, jemand wie ich sollte keine Kinder haben", sagt sie einmal, "dass ich eine schlechte Mutter bin". Ist das so? Hat Andreas das richtige getan? Juristisch jedenfalls nicht. Doch wie sieht es moralisch aus? Oder ist allein schon diese Frage der falsche Ansatz? Was würden die Zuschauer in so einer Situation tun? Dies will die Regisseurin jedenfalls wissen und inspiriert ihr Publikum dazu, das moralische und ethische Fundament unserer Gesellschaft zu hinterfragen. Das macht sie aber keineswegs mit erhobenem Zeigefinger. Nüchtern und psychologisch ausgefeilt stürzt sie ihre Protagonisten und damit auch uns in ein emotionales Chaos. Kategorien wie Gut oder Böse, richtig oder falsch bekommen dabei jede Menge Grauzonen. Auch Dank der hervorragenden Darsteller, allen voran Nikolay Coster-Waldau in der Rolle des Andreas.

Filminfos

Zweite Chance
Originaltitel: En chance til (Dänemark 2014), ca. 103 Min.

Regie
Susanne Bier

Darsteller
Nikolaj Coster-Waldau, Ulrich Thomsen, Nikolaj Lie Kaas, Maria Bonnevie, Thomas Bo Larsen, Peter Haber, May Andersen, Molly Blixt Egelind, Bodil Jørgensen, Ewa Fröling, Ole Dupont, Charlotte Fich u.a.

Bildformat
2.35:1 - HDTV 1080p / MPEG-4 AVC

Tonformat
DTS-HD 5.1 Master Audio - Dänisch
DTS-HD 5.1 Master Audio - Deutsch

Untertitel
Deutsch

Bonusmaterial
Interview mit Nikolaj Coster-Waldau
Interview mit May Andersen
Deutscher Kinotrailer
Original-Kinotrailer


Stand: 27.09.2015, 18.00 Uhr