Süperunterwegs - "Eulencafé Tokio" Eine Eule zum "hier streicheln"

Von Katharina von Tschurtschenthaler

Katzencafés, Hasencafés, Ziegencafés - seinen Kaffee schlürfen mit einem Vierbeiner auf dem Schoß ist für gestresste Tokioter zur neuen Lieblingsbeschäftigung geworden. Der neueste Trend: Eulencafés. Ein halbes Dutzend gibt es mittlerweile in Japans Hauptstadt, eines davon liegt in Tokios Westen, in Kokubunji.


Eulencafé in Tokio: Kleine Eule im Karton
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Kleine Eule im Eulencafé in Tokio

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Eulencafé in Tokio: Eulenkarte, in der man sich die Eule aussuchen kann
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Eulenkarte: Hier kann man sich seine Eule aussuchen

Das Prinzip ist simpel: Neben einer Getränkekarte gibt es eine Eulenkarte, aus dem sich die Besucher eine Eule aussuchen können. Der Mietpreis liegt zwischen fünf und sieben Euro für ein paar Minuten. Eine Mitarbeiterin holt die gewünschte Eule aus einem Glaskasten und setzt sie dem "Mieter" auf den Arm, nach einer dreiminütigen Kennenlernphase auf die Schulter. Kurze Zeit später wird die Eule wieder hinter Glas gesetzt, wo sie sich bis zu ihrer nächsten Schicht ausruhen darf.

Für die Besitzerin des "Fukurou Sabou" (zu deutsch: Eulen-Kaffeestube) Hitomi Matchida, ist ihr Laden mehr als nur ein Publikumsmagnet (viele Touristen nehmen die einstündige Anreise aus Tokios Zentrum in Kauf). Sie hat herausgefunden, dass Eulen therapeutische Fähigkeiten haben: Mit Raichan, ihrer ersten Eule, ist sie zu ihren Eltern nach Tohoku gereist, in die vom großen Erdbeben 2011 zerstörte Region: "Viele Menschen dort, Anwohner wie Ehrenamtliche, leiden unter extremen Stress, und unter Depressionen." Der Kontakt zu den Eulen habe ihnen geholfen, die traumatischen Erfahrungen zu verarbeiten, erzählt sie, er war "eine Rettung für Körper und Seele." Seitdem beschäftigt sich Hitomi Machida mit Eulentherapie, vergleichbar mit Hunde- und Pferdetherapien, wie sie in Europa angewandt werden.


Eulencafé in Tokio: Mann mit Eule auf dem Arm
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Eulentherapien sind vergleichbar mit Hunde- und Pferdetherapien

Die meisten Besucher, die in ihren Laden kommen, suchen aber wohl keine Rettung für Seele und Körper. Sie wollen einfach nur ein paar Stunden mit Tieren verbringen, die nicht wie im Zoo hinter Gittern sind. Und den Körperkontakt genießen - in einer Kultur, in der Berührungen in der Öffentlichkeit immer noch als leicht anrüchig gelten, in einer Megametropole, in der viele einsame Menschen leben. Die Eule auf der Schulter lässt sie diese Einsamkeit zumindest für einige Zeit vergessen.


Stand: 22.04.2015, 21.00 Uhr