CD der Woche - Ibeyi Zurück in die Zukunft

Von Anna-Bianca Krause

Die Zwillinge und benennen ihr Musikprojekt nach der Yoruba-Gott Ibeyi. Lisa-Kaindé und Naomi Diaz kombinieren auf atemberaubende Weise uralte Gesänge und afrokubanische Rhythmen mit Soul, Pop, Blues, Latin, manchmal sogar HipHop. Iyebi überwinden Zeit und Raum!


Cover von "Ibeyi"
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Cover von "Ibeyi"

Die Sucht fing an, als vor einigen Monaten der erste Song von Ibeyi im Internet auftauchte. Wer sind diese beiden jungen Frauen mit den feenhaften Stimmen? Woher kommen diese Harmonien, die so viel Seele und so viel Soul haben? Wie kann es sein, dass Fast-Noch-Teenager solche Songs schreiben? Songs, die vom Leben jetzt erzählen, vom Ende einer Beziehung ("Oya") oder vom exzessivem Partyleben ("Singles") und dabei auch Musiktraditionen enthalten, die Jahrhunderte alt sind?

Gegensätzliche Zwillinge

Naomi und Lisa-Kaindé sind Zwillinge, doch sie könnten gegensätzlicher nicht sein. Im Grunde streiten sie immer, nur auf der Bühne und in der Musik stimmt die Chemie. Lisa-Kaindé, die zwei Minuten nach Naomi zur Welt kam, fragt sich bis heute, ob ihre Schwester geschummelt hat. Sie ist die Nachdenkliche mit dem Afro-Wuselkopf und dem entzückenden Lächeln, die Sängerin und Pianistin des Duos. Sie liebt alten Soul, Nina Simone, Ray Charles und Billie Holiday und hat mit dem Songwriting aus Langeweile angefangen. Naomi, die ihre Haare gerne so hochsteckt, dass sie aussehen wie die Ohren von Mickey Mouse, ist die Impulsive. Sie ist die Perkussionistin und Backgroundsängerin und ihre Favoriten sind The Roots und Kendrick Lamar. Lisa-Kaindé ist die Melodie, Naomi der Rhythmus.

Familiensache

Eigentlich kein Wunder, dass Ibeyi schon mit ihrem Debüt-Album für ein Aufhorchen sorgen. Der Vater Miguel Anga Diaz war einer der besten Conga-Spieler weltweit, berühmt geworden unter anderem durch seine Auftritte mit Ry Cooder, Chucho Valdés, Herbie Hancock, Omar Sosa oder dem Buena Vista Social Club. Der Afrokubaner starb, als seine Töchter elf Jahre alt waren, das hat ihr Leben grundlegend verändert.

"Ich habe einen Tag nach dem Tod meines Vaters angefangen, Cajon zu spielen und seitdem nicht mehr damit aufgehört", sagt Naomi Diaz. Die beiden jungen Ladies machen zwar Musik seit sie sieben sind, doch nie zusammen. Und der Vater war eher ein Phantom, da er immer auf Tour war. Auf Kuba lebten die beiden ohnehin nur ihre ersten zwei Lebensjahre, danach mit der Mutter, die halb Französin und halb Venezolanerin ist, in Paris. Auch Mama ist musikalisch, sie singt und schreibt Songs und vererbt ihren Töchtern die Leidenschaft für die Yoruba-Kultur, die Gesänge, Tänze und die Sprache. Sie ist es auch, die beim Texten hilft und die Managerin der beiden ist.

Traditionell modern

"Contemporary Negro-Spirituals" nennen Ibeyi ihren Stil, diese Mischung aus uralten Gesängen der Yoruba und aktueller Musik und Elektronik. Auch der Bandname ist aus der Yoruba-Kultur: Ibeyi ist ein Orisha, der Gott der Zwillinge in der Yoruba-Religion. Die spirituellen Gesänge wollen sie mit ihrer Musik in die Gegenwart holen. Unterstützt hat sie dabei einer der Visionäre im Musikbusiness, Richard Russell, der Boss des Indie-Labels XL Recordings, ein Mann, der schon Alben von The White Stripes, Adele oder Radiohead veröffentlicht hat. Er hatte wohl auch mit Ibeyi mal wieder den richtigen Riecher.

Das Debüt-Album von Ibeyi ist jetzt schon eines der wichtigsten Alben des Jahres 2015.


Stand: 09.02.2015, 00.00 Uhr