CD der Woche - "Vivir Sin Miedo" Leben ohne Angst

Von Johannes Paetzold

Die spanische Nina Simone hat den Flamenco bereits um afrokubanische Rhythmen bereichert. Auf "Vivir sin miedo" begibt sich Buika von Mallorca aus auf die Spuren von Bob Marley und landet auf den Kapverdischen Inseln.


Buika: Vivir Sin Miedo
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Buika: Vivir Sin Miedo

Buika wurde bekannt als Flamenco-Interpretin, sie ist populär über Spanien hinaus und hat mehrere Latin Grammys gewonnen. Den Flamenco hat sie schon um Jazz und afrokubanische Rhythmen erweitert. Nun setzt die Frau aus Palma de Mallorca zum größten Sprung in ihrer musikalischen Laufbahn an: Reggae, Gospel, Pop, Soul und Funk kommen hinzu. Und hochkarätige Musiker wie Jason Mraz und Coldplay-Produzent Martin Terefe veredeln "Vivir Sin Miedo" zum ersten wirklich wichtigen Global-Pop-Album des Jahres.

Kind der Balearen

Concha Buika wuchs als Tochter von politischen Flüchtlingen aus Äquatorialguinea in Palma de Mallorca auf. Auf der balearischen Insel lebte sie in der Nachbarschaft eines spanischen Roma-Viertels. Von den Roma wurde sie auch in die Tradition des Flamenco eingeführt. Aber auch die Jazzplatten ihrer Mutter waren prägend für die Sängerin, die sich auf der Bühne bald nur noch Buika nannte und sich als Erneuerin des Flamenco einen Namen machte. Offenheit und Neugier haben ihre Musik geprägt, sie hat mit Pat Metheny und Chick Corea gearbeitet, mit Nelly Furtado Songs aufgenommen und spielte auch in einem Film von Pedro Almadovar mit.

Ein großer Sprung

Jedem Song auf dem neuen Longplayer hört man an, dass Buika neue Wege sucht, und ein neues größeres Publikum. Die Flamenco-Tradition ist lediglich ihr Ausgangspunkt, mehrheitlich sind die zehn Songs orientiert an Pop und seinen zugänglichen Melodien. Die Songs werden von Buika dazu überwiegend auf Englisch gesungen. Selbst in den spanischen Liedern auf "Vivir Sin Miedo" gleitet sie mühelos von der einen in die andere Sprache. Mit dem Schweden Martin Terefe hat Buika einen Produzenten an der Seite, der mit Mary J.Blige und Coldplay im Studio war, sich mit anspruchsvollem R'n'B auskennt und die Wurzeln im Sound von Buika weitgehend in die Jetztzeit übersetzt hat. Die Plattenfirma erwartet von "Vivir Sin Miedo" sicher ebenso einiges und unterstützte die Arbeiten großzügig mit Aufnahmen in den Abbey Road Studios London, Miami und New York.

Eine spanische Nina Simone

Nach Alben, auf denen Buika die Songs anderer verarbeitete und sich auch als Interpretin von Jacques Brel und Billie Holiday profilierte, fußt "Vivir Sin Miedo" auf eigenen Kompositionen der Spanierin. Neun von zehn Songs stammen aus ihrer Feder. Vor allem in den Texten hat sie diesem Album ihren Stempel aufgedrückt. Im Titelsong verwebt sie thematisch den Song "Exodus" von Bob Marley mit ihren eigenen Vorstellungen von einem Leben in der Diaspora. "Si Volveré" mag klassicher Flamenco sein, groovt aber mit Popsensibilität und auf einem afrokubanischen Beat daher. Im Duett mit dem zweifachen Grammy-Gewinner Jason Mraz bei "Carry Your Own Weight" ist die Öffnung spürbar. Und dann kehrt Buika in Liedern wie "Waves" wieder zu regionalen Traditionen zurück.

"Vivir Sin Miedo" ist vielschichtig, zerfällt aber nie in seine Teile, sondern wirkt als Album homogen. Das gelegentliche Abgleiten in Drums und Produktion der 80er-Klänge mag man verzeihen. Es ist alles dem erklärten Ziel untergeordnet, sich zu öffnen, den Platz in der ersten Liga des heutigen Global Pop zu behaupten und auszubauen.


Stand: 18.01.2016, 09.43 Uhr