Süpertunes - Darkstar | Tigana Santana Dubstep aus der Heimat & Afro-Brasilianische Rootssuche

Von WDR

Der brasilianische Multiinstrumentalist hat ein einfühlsames Album im Westen Afrikas aufgenommen, eine Roots-Suche. Und die Dubstep-Band Darkstar ist in ihre Heimatstadt Huddersfield in den Norden Englands gefahren, um dort ihr drittes Album mit Stimmen aus der Heimat zu bereichern.


Darkstar  - Foam Island
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Darkstar - Foam Island

Darkstar: Foam Island (Warp)

Darkstar veröffentlichten ihr Debüt vor rund sieben Jahren a odiöser, hippie-esker – die Pink Floyd der Dubstep-Musik mit sphärisch transzendentalen Klängen. Dem großartigen Debüt North folgte ein etwas belangloses zweites Album. Und nun ein starkes Comeback mit Album bei Nummer Drei, "Foam Island".

Heimat

Der Titelsong "Foam Island" klingt noch nach typischer Darkstar-Kompositon. Spärlich minimalistisch, vom Dubstep beeinflusst, aber melodieorientiert. Das Album "Foam Island" geht aber einen großen Schritt weiter zu neuen Ufern. Ohne Sänger James Buttery haben sich Aiden Whalley und James Young von Darkstar für mehrere Monate in ihre Heimatstadt zurückgezogen. Nach Huddersfield, Nordengland, in der Grafschaft West Yorkshire gelegen. Dort haben sie wochenlang Gespräche aufgezeichnet mit Menschen auf den Straßen. Diese Aufzeichnungen hört man eingewoben in die Songs auf "Foam Island". "Ich habe noch nicht viel von der Welt gesehen. Aber ich bin glücklich hier. Und ich glaube, Huddersfield hat eine Zukunft!", berichtet ein Huddersfielder im Song "Javans Call". Darkstar lassen die Menschen aus ihrer Heimatstadt erzählen.

Kosmos Heimat

Huddersfield war mal eine wichtige Stadt für die Textilindustrie. Der Rugby-Profisport wurde hier erfunden. Aber das ist so lange her wie der letzte Pokalgewinn im Jahr 1922. Etwas lax kann man Huddersfield ein echtes Kaff nennen. Darkstar, die international erfolgreiche Band des Dubstep kehrt hier im wahrsten Sinne nach Hause zurück, zeigt sich heimatverbunden und emotional. Und Darkstar geben ihrer elektronischen Musik einen neuen Dreh – durch die Stimmen erden sie die digitalen Klänge und kreieren einen Soundtrack ihrer Heimatstadt, reichern die Tristesse, die dort herrscht, aber mit einem Funken Hoffnung an. Leerstehende Lagerhallen werden wieder von Menschen mit Idealen gefüllt. Der Sound ist nicht mehr bloß funktional zum Tanzen da, sondern auch zum Zuhause hören mit großen Melodiebögen, die eher an Folk erinnern, und auch mal an Future R'n'B wie von Pharrell Williams oder HipHop Beats von J Dilla. Und vielleicht hat der Norden Englands einen schlechten Ruf seit dem industriellen Niedergang. Aber man darf auch nicht vergessen, dass die Impulse der britischen Clubkultur aus dem Norden kommen – von Northern Soul über Madchester Rave bis zum Warp Label. Darkstar haben nicht nur ein tolles neues Album herausgebracht, sondern auch ein sehr engagiertes.

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Tigana Santana - Tempo & Magma
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Tigana Santana - Tempo & Magma

Tigana Santana: Tempo & Magma (Ajabu! Broken Silence)

Mit ganzem Namen heißt er Tiganá Santana Neves Santos. Brasilianer, Multiinstrumentalist und eher ein Mann der leisen Töne, Eigenwilliger Musiker und Poet, kein Musiker aus der schmachtenden Bossa Saudade Ecke, am ehesten ist er im Folk zuhause. Seine Gitarre spielt er nur auf fünf statt sechs Saiten, mit eigener Stimmung. Genau wie Santana ein Mann für die eigene Stimmung ist. Tempo & Magma, sein drittes Album ist Santanas musikalische Roots-Suche im Westen Afrikas.

Roots-Suche

Ob Dizzy Gillespie im Jazz oder im Reggae bei Bob Marley und Peter Tosh – Roots-Suche in Westafrika ist ein wiederkehrendes Thema vor allem in der schwarzen Musik. Aber für Tigana Santana ist das eher ein Lebensthema, keine zeitlich begrenzte Exkursion. Tigana hat längere Zeit im Senegal verbracht, war auf Einladung des Unesco World Music Program in Dakar, als Artist in Residence. Und hat vor Ort "Tempo & Magma" aufgenommen, mit senegalesischen Musikern. Das ist nicht der übliche schnelle Kulturaustausch, mit den inzwischen recht bekannten Koraharfen als Exotika. Santana bringt seine Mitstreiter dazu, auch regional seltene Instrumente wie die Peul Flöte Toxoro einzusetzen. "Tempo & Magma" - eine sehr poetische Angelegenheit.

Brückenschlag

Tiganá Santana - auf einem Hügel in Salvador in Bahia wurde er groß, mit dem Blick aufs Meer. Freier Blick auf die andere Atlantikseite, dort wo seine Sehnsucht ihr Zuhause fand: Afrika. Auf "Tempo & Magma" lebt er das aus. Auch in den Texten - und singt in fünf Sprachen, auch afrikanischen. Santanas Verschmelzung mit der afrikanischen Musik geht über den Senegal hinaus. Dafür stehen Lieder wie "Congo Angola Bahia", oder der "Guinean Hunters Chant".

"Tempo & Magma" ist mehr als eine musikalische Roots-Suche. Bei Santana fühlt man auch das politisch kulturelle Statement, Südamerika und Afrika in ihrer Geschichte und Gegenwart zusammenzubringen. Bei manchen Tracks muss man genau hinhören, um ihre brasilianische Anteile von den afrikanischen unterscheiden zu können. Dabei ist das Album keine folkloristische Feldaufnahme, wird nie schwierig oder eckig, sondern wurde von zwei schwedische Produzenten sehr gekonnt produziert, mit einer weichen und sanften Stimmung. Gäste wie Sängerin Ceu aus Sao Paulo lockern das weiter auf. Tiganá Santana und "Tempo & Magma" - ein afro-brasilianischer Brückenschlag, den man gleichzeitig wie ein Singer Songwriter Album entspannt durchhören kann.


Stand: 02.10.2015, 10.28 Uhr