Süpertunes - Irit Dekel & Eldad Zitrin & LaBrassBanda: Cover- & Dub-Versionen
Das Duo Irit Dekel & Eldad Zitrin hat auf seinem Album "Last of Songs" Klassiker aus den 1920er - 1950iger-Jahren zu eigenen Songs gemacht und LaBrassBanda haben ihr vorletztes Album in einer Dub-Version eingespielt.
-
Bild 1 vergrößern
+
Irit Dekel & Eldad Zitrin - Last of Songs
Irit Dekel & Eldad Zitrin: Last Of Songs (Pinorekk Records/Edel Kultur)
Zwölf Songs, die alle schon vor langer, sehr langer Zeit entstanden sind und die man hört, als seien sie neu. "You Don't Know What Love Is", ein Jazzstandard, der Anfang der 1940er-Jahre geschrieben wurde und den man gesungen von Billie Holiday kennt, von Dinah Washington, sogar die White Stripes haben in gecovert. Irit Dekel und Eldad Zitrin haben eine minimalistische Ballade daraus gemacht, in der ein Akkordeon und die kleine Andengitarre Charango die Melodie tragen - und natürlich die schöne Stimme von Irit Dekel. Mit atemberaubendem musikalischem Feeling setzt die Sängerin die Worte in die Musik, und ihr Komplize in diesem Ausnahme-Projekt ist der Multi-Instrumentalist Eldad Zitrin.
Begegnung der besonderen Art
Irit Dekel hatte die Songs schon lange in der Schublade, es fehlte aber noch der Komplize, der ihr zuerst bei der musikalischen Dekonstruktion half und anschließend wieder beim Neu-Erfinden. Sie hatte schon ein paar andere Musiker ausprobiert, gecastet würde man heute sagen - und abgelehnt, bis sie auf Eldad Zitrin traf. 2011 war das. Seitdem arbeiten die beiden zusammen. Ohne auf Radioformate oder Marktgesetze zu achten. "Wir haben alles auf eine sehr intuitive Weise gemacht und an nichts anderes als an die Musik gedacht. Wir haben nicht an Israel gedacht oder Tel Aviv, wir haben nicht an die Welt gedacht, sondern an gar nichts! Wir haben nicht einmal ans Geld gedacht und ich glaube, das ist die Magie, die es auslöst.", so hat Dekel die Arbeit an "Last Of Songs" beschrieben.
Sie & Er
-
Bild 2 vergrößern
+
Irit Dekel & Eldad Zitrin
Sie ist eine kleine Person mit einer starken Ausstrahlung. Dekel hat schon als kleines Mädchen Keyboard gelernt und im Chor gesungen, später so ziemlich alle Musikstile ausprobiert - von Jazz über Klassik zu türkischer Musik. Sie hat eine Ausbildung als Schauspielerin und ist in Israel relativ erfolgreich, sowohl auf Theaterbühnen, als auch in Fernsehserien. Er ist ein vielbeschäftigter Musiker, hat Klassik und Jazz studiert, später in der israelischen Popszene gearbeitet, als Arrangeur, Produzent und Musiker. Vor sieben Jahren dann hat Zitrin sein eigenes Studio eröffnet und produziert dort Künstler aus verschiedenen Bereichen. Dieses Knowhow hört man auf dem Album - schließlich wurde alles mit Livemusikern aufgenommen und neben den zahlreichen Instrumenten, die Zitrin selbst spielt, hört man türkische Klarinette, indische Flöten, Saz, Ney, Kanun, Doira und immer wieder eine Kamantche, eine alte aserbaidschanische Kniegeige.
Global Ballads
Man kennt alle Songs, schließlich sind es weltbekannte Standards, aber man entdeckt sie neu. Antonio Carlos Jobims Bossa Nova "Chega De Saudade" wurde zu einem arabischen Tango. In "Your My Thrill" hört man ein Rock-Schlagzeug und ein arabisches Orchester, eine Klarinette, die auf Klezmer steht und orientalisch anmutenden Gesang. Das einzige wiederkehrende Element ist, dass man den Nahen Osten hört und die Multikultur ihrer Heimatstadt Tel Aviv. Sie selbst nennen es Crossover, aber der Begriff ist so überstrapaziert. Breitwand-Pop könnte man es nennen oder Global Ballads - aber eigentlich gibts dafür keine Schublade. Sicher ist nur: Dekel & Zitrin haben eines der schönsten Alben des Jahres gemacht.
_______________________________________________________________
-
Bild 3 vergrößern
+
LaBrassBanda - Europe in Dub
LaBrassBanda: Europa in Dub (RCA)
LaBrassBanda, Bayerns erfolgreichster Musikexport, hat ein neues Album gemacht. Wobei neu nicht der richtige Begriff ist. Die Blaskapelle hat "Europa", das vorletzte und bislang erfolgreichste Album noch einmal als Dub-Album herausgebracht. Nach "Kiah Royal", einer akustischen CD, die sie im Kuhstall aufgenommen hatten sind die Musiker zurück ins Studio. Jetzt also das Gegenteil: Der Gesang ist (fast) weg, dafür gibt es mehr Beats, Effekte, Hall und was man sonst so braucht für Dub.
Weg vom schweißtreibenden Blasmusik-Wahnsinn
Man erkennt den Track kaum wieder, so in Slow Motion haben die Musiker vom Chiemsee ihren Song "Z'spat dro" gespielt - aber er ist es. Statt Highspeed-Gebläse zu dem man herumhopst - kann man dazu jetzt chillen. Bei manchen Songs muss man zweimal hinhören, bevor sich der Aha-Effekt einstellt, doch meist verändert der Reggae-Beat nur das Tempo und alles wirkt entspannter, trotz der Bässe. Das wichtigste neue Instrument in dieser Besetzung heißt Mischpult, virtuos gespielt von Bandmitglied Manuel da Coll aka Cpt. Yossarian. Und natürlich sind die Bläser nicht weg, doch sie haben ihren Druck gedrosselt, sind zahm geworden und stehen auf zurückgelehnte Reggae-Rhythmen.
Schuld ist die Sperrstunde
Im Frühjahr ist LaBrassBanda in London aufgetreten. Als nach der Show wegen der Sperrstunde alles schon zu war, nahm Nick McCarthy von Franz Ferdinand sie in sein Studio mit, man wollte dort noch ein wenig miteinander abhängen. Stattdessen fingen die Musiker an miteinander Musik zu machen und mit Reggae und Dub zu experimentieren. Franz Ferdinand hatte das ja bereits mit ihrem Album "Tonight" gemacht und es in einer Dub-Version herausgebracht. Warum nicht dasselbe tun, sagten sich die Bayern nach ihrer Rückkehr. Die beiden Sachen passen doch super zusammen - Blasmusik & Dub.
Alles anders?
LaBrassBanda wollten auch weg vom Bayern-Image. Die Band ist ohnehin im Ausland teilweise bekannter als in Deutschland und sowieso auf allen großen Festivals europaweit aufgetreten. Sie haben selbst gesagt: Diese Entschleunigung entspricht ihrem behäbigen bayerischen Gemüt viel mehr, als die oft superschnellen Originalversionen. Es ist auf jeden Fall das richtige Album für hochsommerliche Temperaturen, bei denen man ohnehin keine Lust auf heftiges Tanzen und Toben hat. Aber lange wird das Experiment nicht dauern, die Jungs vom Chiemsee arbeiten schon am nächsten Album.
Stand: 06.08.2015, 21.00 Uhr
Seite teilen
Über Social Media