Süpertunes - Luzmila Carpio | Akua Naru: Anden Folk im Remix & First Lady of Global HipHop
Die Protagonisten der Cumbia Digital Szene remixen die Folks der Bolvianerin Luzmila Carpio. Und die afroamerikanische Jazz und HipHop Lady Akua Naru nimmt ihr drittes Album live im Studio auf.
Luzmila Carpio: Luzmila Carpio Meets ZZK (ZZK Records)
Die Folksängerin
Luzmila Carpio ist eine bolivianische Sängerin, inzwischen über 60 Jahre alt. Carpio singt in Quechua, die indigene Sprache ihres Andenvolkes. Bei ihr ist es eine bewusste Entscheidung, nicht auf Spanisch zu singen. Eine Entscheidung auch gegen die Europäisierung ihrer Kultur. Die populäre Sängerin verzichtet lieber auf kommerziellen Erfolg, um stattdessen die Kultur der Anden zu Gehör zu bringen. Carpio ist eine großartige Stimme, verehrt in ihrem Land, vor einiger Zeit wurde sie sogar zur Botschafterin ihres Landes in Paris ernannt. Das vorliegende Album zeigt, dass Carpio aber offenbar nicht nur Fans im eigenen Land hat.
Das Club-Plattenlabel
ZZK aus Buenos Aires war zuerst ein angesagter Club, später kam das gleichnamige Plattenlabel dazu. Zusammen bilden Club und Label die Plattform für südamerikanische Clubkultur. Die Cumbia Digital hat ihre Basis zuerst hier im ZZK. Cumbia, eine regionale Folktradition zuerst aus Kolumbien, hat heute ihre Spielart in nahezu jeden südamerikanischem Land. Und alle diese Spiel- und Stilarten sind wiederum Basis für die heutige Clubmusik namens Cumbia Digital, die inzwischen auch über Südamerika hinaus in den Clubs weltweit die Fans auf die Tanzfläche lockt.
Folk trifft Club
Die Produzenten und DJs King Coya, Chancha Via Circuito, Nicola Cruz, Captain Planet - das sind alles Schwergewichte dieser Cumbia Digital Clubszene. ZZK Records beschreibt sich selbst als Musikplattform zwischen Tradition und Moderne, zwischen Folk und Futuristik. Da ist der Kniefall dieser Protagonisten von ZZK vor der Folksängerin Luzmila Carpio die exakte Entsprechung für diese musikalische Vision. King Coya setzt in seinem Remix die Sängerin auf eine Wolke von Andengitarren und Panflöten, unterlegt mit einem schleppenden Beat.
Symbiose
Was disparat und gegensätzlich scheint, fließt mühelos in diesen Stücken zusammen, man ist erstaunt, verwundert und wird gleichzeitig hineingezogen in diese Traumwolke. Wir haben diese großartige Stimme von Luzmilla Carpio, die unter die Haut geht, dazu diese naiv-kindlichen Melodien der Anden, die unschuldige Anmutung der Lieder zu Computerbeats und technischen Effekten - das passt mühelos zu den verspielten Produktionen der Remixer. Man hört es: Hier wurden nicht mal schnell Four-to-the-Floor Beats unter einen Folksong gezimmert. Die Produzenten haben sich engagiert in das Originalmaterial eingearbeitet und behandeln die Vorlage mit großem Respekt, aber auch mit dem Mut zum Neuem. Die Zizek Künstler zollen Carpio mit diesem Album Respekt, indem sie diese authentische Andenmusik nun auf ihre Plattform der Clubkultur stellen und damit Luzmila Carpio einem großen Publikum vorstellen. Und mit einer zweiten Veröffentlichung auf ZZK mit den alten Originalaufnahmen von Luzmila Carpio können sich Interessierte auch zur Quelle vorhören.
Akua Naru: The Miner's Canary (The Urban Era)
Akua Naru, die Powerfrau, die First Lady des Global HipHop: ursprünglich aus Connecticut, teils in HongKong aufgewachsen, lebt seit ein paar Jahren in Köln und erobert gerade die Welt von Brasilien bis Lagos - live ist sie umwerfend und verlässlich, ihre Konzerte sind eine Offenbarung nicht nur für HipHop-Fans. Jetzt kommt ihr neues drittes Album heraus, The Miner‘s Canary.
Live im Studio
The Miner's Canary hebt sich mit seinen 16 Stücken sofort von den beiden Vorgängern ab, denn alle Stücke wurden live im Studio eingespielt. Naru pflegt die Abkehr von vorgefertigten Beats, hin zum Jazz geht es, improvisieren, sich dem Hier und Jetzt stellen, da fühlt sie sich wohl. Der erste Eindruck erinnert etwas an die die US HipHop Band the Roots, sowohl vom Rapflow als auch von der Musikalität her. Ganz selbstbewusst stellt sich Akua Naru gegen den Trend.
Gäste
Zwei Jahre hat die Afroamerikanerin an ihrem neuen Album gearbeitet, ist in dieser Zeit oft gereist, hat mit vielen Musikern zusammengearbeitet. Einige davon hört man nun auf dem Album. Allen voran Schlagzeug-Legende Bernard Purdie, der geht inzwischen auf die 80 Jahre zu und hat in seinen Jahren mit Aretha Franklin, James Brown und Miles Davies getrommelt. Soulsänger Fetsum aus Deutschland bettet seine weiche, einfühlsame Gesangsstimme um Narus gefühlvolle Rap-Flows. Weitere Gäste sind Ben L'Oncle Soul aus Frankreich und R'n'B Musiker Cody Chesnutt aus den USA. Damit hat sie die Speerspitze des Soul auf ihrem Album versammelt.
Perspektive des Kanarienvogels
Minenarbeiter halten sich Kanarienvögel, mit denen sie den Sauerstoff in den Minen testen, und damit die Möglichkeit von Leben beziehungsweise die Bedrohung des Lebens. Das ist eben auch die Metapher für dieses Album, the Miner's Canary. Akua Naru testet mit diesem Album Schönheiten, Freiräume und Gefahren des Lebens. In ihrem Fall besonders aus afroamerikanischer Sicht mit einem sehr durchdachten Konzeptalbum.
Conscious Hip Hop
'Toni Morrison" ist ein zentrales Stück auf dem Album. Akua Narus Song für ihr Idol - die afroamerikanische Schriftstellerin und Nobelpreisträgerin Toni Morrison. "Wie kann aus einer Feder, einer Hand, so viel für die Welt geschrieben werden", fragt Naru verwundert und begeistert. Ein anderes Stück heißt "Blues People", in Anlehnung eines Buchs über schwarze Musik von Amiri Baraka. Hier haben wir die Stärken von Akua Naru: Conscious HipHop, also Texte mit einer sozial engagierten Botschaft, kein Bling Bling. Und dazu jazzige Rap Flows in der Tradition von Poet Gil Scott Heron. Das ist Akua Narus Domäne, und das hören wir auf Miner's Canary. Besser denn je. Man wünscht sich mehr solche straighte engagierte Künstler im heutigen HipHop. Und ist begeistert von ihrer Einzigartigkeit.
Stand: 27.02.2015, 10.00 Uhr
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