Süpertunes - Miguel | Amara Touré: Perlen aus dem Senegal und R'n'B mit Instagram-Schleier
Das Label Analog Africa präsentiert einen verstaubten Schatz der Musik des Senegals. Miguel vermischt R'n'B, Funk und Rock unter einem dicken Instagram-Schleier.
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Miguel: Wildheart
Miguel: Wildheart (RCA)
Miguel ist der unbekannte Star des amerikanischen R'n'B. In Deutschland ist er ein Nobody, in den USA ein Star. Er ist ein Grammy-Gewinner, er hat mit den Chemical Brothers, Janelle Monae und Kendrick Lamar gearbeitet. 29 Jahre ist er alt. Aufgewachsen in L.A. und wohnt auch dort. Sein Vater ist Mexikanischer Amerikaner, seine Mutter ist Afro-Amerikanerin. Beide hatten eine große Plattensammlung, deren Einflüsse Sohn Miguel auf seinem dritten Album "Wildheart" verarbeitet. Von der Mutterseite kommen Soul und R'n'B, vom Vater Rock, Funk und HipHop. Das sind seine Roots und die verarbeitet er auf "Wildheart".
Bekanntes Neues
Miguel entwickelt aus diesen Einflüssen einen eigenen Stil, der altbekannt und neu zugleich klingt: Alternative-Rock wie bei Radiohead, der trockenen Funk von Prince, melancholischer R'n'B wie von Drake oder Frank Ocean - und bratzige Rockgitarren. Aber alle Sounds liegen unter einer dicken Schicht an Hall und Effekten. Dadurch klingt sein Album weltentrückt, fast schon kalifornisch-psychedelisch.
Kalifornisches Begehren
Kalifornisch ist auch seine Art, über Politik zu reden. Es geht nicht um die großen Zusammenhänge, sondern um Identität: Wer bin ich? Wie verändere ich mich in meiner Umgebung? Auch gerade im Hinblick auf Miguels mexikanisch-afro-amerikanischem Background. Kalifornische Identitätspolitik - ein Album, auf dem sich die Charaktere auf der Suche befinden. Und noch was ist sehr kalifornisch: Es geht wahnsinnig viel um Sex in den Texten. Passend dazu sieht man Miguel auf dem Cover als Airbrush-Zeichnung mit nacktem Oberkörper, auf seinem Schoß liegt eine halbnackte Frau. Ein schlimmes Klischee - und damit auch ein wenig Punktabzug für dieses wirklich gute Album.
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Amara Touré: Amara Touré 1973 - 1980
Amara Touré: Amara Touré 1973 - 1980 (Analog Africa)
Analog Africa ist der Perlentaucher unter den Labels. Labelchef Samy Ben Redjeb diggt in den Plattenkisten Afrikas nach verstaubten Schätzen und bringt sie unter großen Mühen als Album mit vielen Hintergrundinformationen auf den Markt. Sein neuester Schatz sind Aufnahmen des Sängers und Perkussionisten Amara Touré aus dem Senegal, dessen einzige LP ab 300 Euro gehandelt wird. "Amara Touré 1973-1980" heißt sie und darauf befinden sich die einzigen zehn Stücke, die Touré jemals veröffentlicht hat.
Der König der Rumba
Rückschlüsse auf seine Popularität lässt das jedoch nicht zu. Touré spielte in den 1960ern in einer der berühmtesten Bands des Senegals: Le Star Band de Dakar, bei der eine Zeitlang auch Youssou N'Dour mitspielte und aus der später das Orchestre Baobab hervorging. Le Star de Dakar waren die Helden des Nachtlebens der senegalesischen Hauptstadt Dakar. Dort regierte in den 1960ern die Rumba die Tanzflächen, die von kubanischen Seeleuten ins Land gebracht worden war. Und Touré beherrschte sie wie kein zweiter.
Zu kurzes Lebenswerk
"Amara Touré 1973 - 1980" zeigt jedoch auch die Ambitionen von Touré. Sein Album "Amara Touré accompagné par l'Orchestre Massako" (1980) ist hier vollständig enthalten, darauf transzendiert er die Genre-Gesetze der Tanzmusik mit Einflüssen aus den zirkulierenden Psychedelic-Stilen. In den 1990ern ist Touré spurlos verschwunden, bis heute ist sein Verbleib unbekannt. "Amara Touré 1973 - 1980" zeigt also ein Lebenswerk, nach dem man sich durchaus mehr wünscht.
Stand: 26.06.2015, 07.00 Uhr
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