Musikspecial - Zeitmaschine: Wenn ich eine Zeitmaschine hätte…
Wohin würdest du reisen, wenn du eine Zeitmaschine hättest? Wir haben Musiker aus dem Global Pop gefragt, welche musikalischen Ereignisse sie gerne miterlebt hätten. Dabei kamen die unterschiedlichsten Antworten heraus - von Woodstock bis in die Steinzeit, vom New York der Endsechziger bis zu Strawinskys Uraufführung von "Le Sacre du Printemps". Eine Reise zu den Meilensteinen der Popgeschichte mit Moderator Uh-Young Kim bei Indigo XL.
Gentleman
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Gentleman
Wohin würde ich reisen, wenn ich eine Zeitmaschine hätte? Klar, die Antwort würden die Meisten geben, ich gebe sie jetzt auch mal: Woodstock. Auf's Woodstock würde ich reisen. Aber auch auf eins der Marley-Konzerte. Ich würde auch gerne ein Jimi Hendrix-Konzert gesehen haben. Auch The Doors hätte ich mir gerne mal angeguckt. Ich wäre gerne auch in der Zeit gewesen, wo Musik einfach so extrem rebellisch, politisch, sozial-kritisch war und so viel Ecken und Kanten hatte, das ist einfach das, was ich heute so etwas vermisse.
Janelle Monae
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Janelle Monáe
Ich habe schon eine Zeitmaschine. Ich reise ständig in der Zeit umher. Ich reise nach Metropolis, ich trinke Tee mit Frida Kahlo, ich spiele Poker mit Salvador Dali. Ich habe einige Orte in der Zukunft besucht. Ich war außerdem im Weltraum: auf dem Pluto oder auf dem Mars. Dort habe ich übrigens auch Prince getroffen.
Protoje
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Protoje
Ich wäre gerne im Publikum beim One Love Peace Concert (1978 in Kingston) gewesen, um Jacob (Miller) und Bob Marley an einem Abend auf der Bühne zu sehen. Und natürlich Peter (Tosh). Die drei auf einer Bühne zu sehen. Dort im Publikum zu stehen und die Energie aufzusaugen, das wäre es gewesen.
Caribou
Wenn ich eine Zeitmaschine hätte, würde ich gerne zu Strawinskys "Frühlingsopfer"-Premiere in Paris reisen, wo alle sturmartig das Opernhaus verließen wo es aufgeführt wurde. Es war die komplette Empörung, die Leute konnten einfach nicht glauben, dass Musik so futuristisch, atonal, und rhythmisch anders als ihre Gewohnheiten war. Wenn wir uns das heute anhören, dann können wir uns schnell daran gewöhnen und es klingt überhaupt nicht herausfordernd. Das wäre wirklich interessant für mich. Dorthin zu reisen wo Musik als etwas Schockierendes gesehen wurde, als eine Art Gewaltakt für die Menschen dieser Zeit. Aber wir haben die Perspektive dafür verloren.
Hindi Zahra
Wenn ich eine Zeitmaschine hätte, und zu einem Konzert reisen könnte, dann wäre das ein Auftritt von Ike und Tina Turner. Tina Turner brachte etwas Revolutionäres in die Rockmusik. "Nutbush City Limits" ist irre. Ich mag auch wie Tina Turner tanzt. Sowas hatte man damals noch nicht gesehen. Eine Frau im Minirock die etwas Animalisches hat. Sie war sexy, doch nicht sexy im klassischen Sinne. Und ihre Bewegungen waren sehr organisch. Das hätte ich gerne gesehen.
Max Herre
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Max Herre
Mit einer Zeitmaschine, wenn ich die Möglichkeit hätte auf ein historisches Musikevent zu reisen, dann würd ich zu einer Liveaufnahme wahrscheinlich reisen wollen von Curtis Mayfields Liveplatte 72 im Bitter End, ich glaub vor wahrscheinlich 150 Leuten. Sechsköpfige Band, und eine meiner absoluten Lieblingsplatten.
Quantic
Wenn ich eine Zeitmaschine hätte, würde ich gerne zu unterschiedlichen Szenarien zurückkehren. Definitiv nach San Jacinto, einem kleinen Dorf im Norden Kolumbiens. Ich wäre wirklich gerne 1973 dort gewesen als mit den "Los Gaiteros De San Jacinto" und "Andrés Landero" der typische kolumbianische "Sabanero-Sound" Form annahm. Das wäre aufregend. Ich wäre aber auch gerne im London der 60er Jahre gewesen als Jazz groß war mit internationalen Künstlern wie Tubby Hayes, Mulatu Astatke. Auch Fela Kuti in Soho als er mit Ginger Baker gespielt hat. Diesen ganzen Jazz-Wahnsinn hätte ich gerne miterlebt. Das wäre cool gewesen.
Akua Naru
Wenn ich eine Zeitmaschine hätte würde ich zu dem Konzert reisen, dass Bob Marley gegeben hat, kurz nach dem er angeschossen wurde. Obwohl ihm alle geraten haben, nicht aufzutreten hat er trotzdem gespielt. Ich wäre sehr gern dabei gewesen. Seine Musik handelte von Liebe, von Hoffnung, von Einheit. Und er sprach von Gott. Er verfolgte eine Mission und ließ sich davon nicht abbringen. Das hat ihm fast sein Leben gekostet. Denn du kannst gewisse Wahrheiten nicht öffentlich ansprechen ohne dass du Gegenwind bekommst. Jetzt hören wir einfach die Musik, doch wenn man die Musik vor dem geschichtlichen Hintergrund sieht, dann erkennt man, dass dahinter ein Kampf stand.
Fab 5 Freddy
Wenn ich eine Zeitmaschine hätte, würde ich vielleicht in die 50er Jahre reisen. Zu Künstlern wie Max Roach, Dizzy Gillespie, die damals gespielt haben. Oder in die 20er, um Duke Ellington und sein Orchester in Harlem zu erleben. Oder Luis Armstrong in den 30ern. Also eine Zeit, in der schwarze amerikanische Musik begann, sich zu entwickeln. Und einige der Schlüsselfiguren darin live zu erleben, wäre aufregend gewesen. Aber ich würde nicht gerne in dieser Zeit bleiben, sondern schnell wieder zurückkommen. Denn schwarze Menschen wurden damals nicht gut behandelt. Es gab viel Rassismus. Die hätten mich wahrscheinlich versucht, mich zu lynchen und ich hätte dann jemanden umbringen müssen. Also lasst mich einfach die Musik hören, mit den Mädels von damals rumhängen, einen Sexmachine-Moment haben und dann direkt nach Brooklyn zurückkommen.
Emicida
Wenn ich eine Zeitmaschine hätte, würde ich an den Anfang des letzten Jahrhunderts reisen. Da wurden die ersten Samba-Schulen gegründet. Das ist eine Sache, die mich sehr interessiert, zu sehen wie aus kleinen Samba-Gruppen die großen Vereine von heute geworden sind. Die Leute hatten wenig, und aus der Not heraus wurden sie kreativ. Das prägt bis heute die brasilianische Musik und Poesie - ich hätte gerne in dieser Zeit gelebt.
Mouse On Mars
Was mich wirklich interessieren würde ist, wie es war als das erste Mal auf aus ausgehölten Holzstäbchen Flötentöne herauskamen. Und Höhlenmenschen zum ersten Mal musikalische Skalen ausprobiert haben. Da wäre ich gerne dabei gewesen. An dem Winterabend wo es draußen kalt ist, und der Höhlenmensch diese Flöte entdeckt. Und was es für eine Wirkung hatte. Erstaunlicherweise ist die Stimmung bei Flöten sehr zeitgemäß. Das sind sehr schöne pentatonische Abstände zwischen den Tönen und das funktioniert heute noch genauso, also hat Musik ihre Substanz sehr früh gefunden. Das würd mich interessieren. Die ersten paar Töne, mal irgendwo herauskamen.
The Bug
Ich habe wirklich manchmal Phantasien über Musikereignisse, die ich nicht miterleben konnte. Ich hätte gerne Iggy Pop im Studio gesehen. Wenn er unzählige Gläser rumwirft und sich irgendwann darin rumwälzt. Oder bei einer Show von Suicide in New York, wo sie mit scheiße rumgeworfen haben. Gerne hätte ich auch Kraftwerk mal Live gesehen - allerdings bevor sie die Synthesizer entdeckt haben. Unglaublich wäre es gewesen das John Coltrane Quartett live zu erleben. Ebenso wäre es der Wahnsinn gewesen, Alice Coltrane an der Harfe spielen zu sehen – am besten auf einem Berg wo sie gerade von ihrem Guru lernt. Grandios wäre es auch gewesen bei den ersten Public Enemy-Konzerten in New York dabei gewesen zu sein. Generell faszinieren mich Konzerte und Shows die ihre Spur hinterlassen, etwas symbolisieren, was man nicht mehr vergisst. Irgendeine Konfrontation mit der Realität. Ich glaube vieles was mich begeistert, haben die Leute in der Zeit gehasst!
Diedrich Diederichsen
Also, das wäre schon irgendwie sowas wie New York City 1961 oder so was. Cecil Taylor spielt mit Beuel Neidlinger, Archie Shepp und Dennis Charles. Oder aber auch so eine Szene, die es als Film auf YouTube gibt: Jack Smith tanzt zu Velvet Underground. Tony Conrad und John Cale verlassen das Theatre of Eternal Music und experimentieren in der Ludlow Street. Das wäre die Epoche, vermutlich.
Stand: 22.05.2015, 13.59 Uhr
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