Bestsellercheck - Dezember 2015 Neues von der Reste-Rampe

Von Ulrich Noller

Zur Bücher-Hauptverkaufszeit an Weihnachten dominieren x-te Aufgüsse von Altbewährtem der Bestsellerliste. Zum Beispiel von Sebastian Fitzek, David Safier und Fred Vargas.


Sebastian Fitzek: "Das Joshua-Profil"
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Sebastian Fitzek: "Das Joshua-Profil"

Süßer die Kassen nie klingeln: Zur Weihnachtszeit rettet die Buchbranche, was zu retten ist, bis zu 40 Prozent des Jahresumsatzes stammen aus den Geschenkebudgets der Kunden. Wer vor Weihnachten ganz oben auf der Bestsellerliste steht, der lässt das Antlitz seines Verlegers zufrieden lächeln.

Ziemlich verlässlich ist der Berliner Spannungsautor Sebastian Fitzek mit dabei, sein aktueller Roman "Das Joshua-Profil" (Lübbe, 19,99 Euro) steht derzeit auf Rang 2. Fitzek ist ein schlauer Bursche, es ist alles andere als dumm, wie er es immer wieder schafft, aktuelle Themen so zu drehen und zu wenden, dass plakative Thriller draus werden, die die Massen fesseln, obwohl sie letztlich im Grunde erwartbar nach Schema F erzählt werden. Diesmal geht's ums "Predictive Policing", also die Idee, dass man Verbrechen mit Hilfe von Datenverarbeitung voraussehen und verhindern kann.

Fitzek strickt daraus eine blutrünstige Trash-Geschichte, die einen mit ihren spektakulären Wendungen mitreißen könnte - wenn man sich auf sie und ihren Helden, einen irrlichternden Autor, der des Missbrauchs an seiner Adoptivtochter verdächtigt wird, einlassen wollte. Das allerdings ist leichter gesagt als getan: Diese Story ist sprachlich und stilistisch derartig minderwertig, die Charaktere und Plots sind so hingeklotzt und gerotzt, die Bilder sind so pubertär, die Dialoge so ungelenk, dass man die Latte schon extrem tief hängen muss, um nicht an der Lektüre zu verzweifeln.


David Safier: "Mieses Karma hoch 2"
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David Safier: "Mieses Karma hoch 2"

Dass es immer noch einen Deut schlechter geht, beweist in diesem Monat David Safier mit seinem neuen Roman "Mieses Karma hoch 2" (Kindler, 18,95 Euro), einem müden Aufguss des matten Bestsellers "Mieses Karma", mit dem der einstige Drehbuchautor 2007 seinen Weg als Unterhaltungs- und Erfolgsschriftsteller begann. Die Story ist im Prinzip dieselbe, bloß doppelt gemoppelt: Eine verkrachte Jungschauspielerin verunglückt tödlich und wird als Ameise reinkarniert; zusammen mit dem aktuellen Bond-Darsteller, der mit ihr verunglückte, muss sie als Ameise, Fisch, Schnecke, Storch so viel gutes Karma anhäufen, dass die beiden letztlich eine zweite Chance als Mensch bekommen.

Diese Idee kann man süß finden, mit viel gutem Willen, oder auch schwachsinnig - erschreckend ist auch hier die Umsetzung: sprachlich extrem limitiert, gestopft mit dämlichen Kalauern und miesen Pointen, durchsetzt von präpubertären Sex-Anspielungen. Dass sich Autor und Verlag nicht scheuen, so etwas überhaupt zu veröffentlichten - erstaunlich.


Fred Vargas: "Das barmherzige Fallbeil"
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Fred Vargas: "Das barmherzige Fallbeil"

Alles Mist in den Top Ten der Spiegel-Bestsellerliste, also? Na ja, schon viel, sehr viel sogar - aber nicht alles. Da findet sich zum Beispiel auch die französische Historikerin und Archäologin Fred Vargas mit "Das barmherzige Fallbeil" (Limes, 19,99 Euro), ihrem achten Roman um den merkwürdigen Pariser Kommissar Adamsberg und sein seltsames Team aus mehr oder minder spezialbegabten Querköpfen. An den Todesorten ein paar älterer Menschen, die sich umgebracht zu haben scheinen, wird ein merkwürdiges Zeichen gefunden, das einer Guillotine ähnelt - ein Fall, der offensichtlich wieder einmal weit in die Geschichte weist.


Nix Neues also auch von der Vargas, so sind ihre Geschichten strukturiert, mal mehr, mal weniger deutlich; und ein Hauch von Langeweile kommt zwischendurch schon auf, was vermutlich unvermeidbar ist, wenn ein Autor vorwiegend sich selbst zitiert, statt in die Zukunft zu schauen. Macht aber nichts, wenn man nichts Neues erwartet, wenn man sich also auf diese einzigartige Autorin mit ihrem einzigartigen Blick auf Menschen, Situationen und Geschichten so einlassen will, wie man es von einem Vargas-Universum erwarten darf. Im Gegenteil: Man wird, wie immer, reich beschenkt, man kann sich einlassen, denn der Kosmos dieser Autorin ist reich an etwas, woran es den meisten anderen Konsorten aus aktuellen Bestsellerliste deutlich mangelt: Substanz.

Büchervorstellungen in der Übersicht


Stand: 08.12.2015, 17.00 Uhr