Literatur Spezial: Unverlangt eingesandt
Die Digitalisierung macht's möglich: Wozu einen Verlag suchen, wenn man sein Buch auch selbst verlegen kann? Als Selfpublisher kann jeder zum Autor werden. Jeder zumindest, der etwas zu schreiben hat. Mit dabei auch einige Hörer von Funkhaus Europa.
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Levent Kesik - Alis vs. Aliens
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Selfpublishing ist schon seit ein paar Jahren ein dickes Thema auf dem Buchmarkt: Wer keinen Verlag findet oder keinen Verlag finden will, der kann sein Buch mit Hilfe auch selbst publizieren – als eBook oder in kleiner Auflage zusätzlich auch als print on demand. Es gibt einige Plattformen, die das möglich machen; allen voran Amazon: der amerikanische Internetversandhändler bietet attraktive Konditionen und betreibt eine aggressive Expansionspolitik, rund die Hälfte aller Selfpublisher bindet sich deshalb an das Unternehmen. Der Preis: Amazon verlangt Exklusivität, die Bindung ist unerbittlich.
Selfpublishing bzw. digitales Publishing vs. klassische Buchkultur? So kann man das nicht sagen, eher handelt es sich um zwei ganz unterschiedliche Lese-Welten mit geringen Schnittmengen: Einerseits versuchen die Verlage, die erfolgreichsten (und "guten") Selfpublisher einzuwerben, was meist auch gelingt, das Ergebnis ist dann doch wieder: ein gedrucktes Buch. Andererseits entstehen Nischen für Special-Interest-Bücher, die nicht genügend Leser finden, um sich gedruckt zu refinanzieren, aber doch genug Interesse wecken, um als eBook zu funktionieren.
Die Qualität der selbst publizierten Werke ist, na ja, unterschiedlich: Viel Mist, jede Menge Durchschnitt, erstaunlich viel halbwegs professionell Gemachtes, Perlen und Naturtalente sind auch mal dabei. Klar, natürlich hat es Nachteile, sein Werk an einen Verlag abzugeben. Und natürlich werfen auch die Profis aus den Verlagen unfassbar viel Mist, Durchschnitt und nicht immer professionell Gemachtes auf den Markt. Alles in allem merkt man Büchern, die von Verlagen bearbeitet wurden, aber schon an, dass Profis daran gearbeitet haben und dass es eine Art Qualitäts-Filtersystem gegeben hat, bevor der Roman auf den Markt kommt. Nicht jede Geschichte, von der ein Einzelner glühend überzeugt ist, begeistert auch eine größere Leserschaft, insofern ist es hilfreich, ein Team zu haben, das einordnet, filtert, hilft – und im Notfall auch mal verhindert. Aber, wie schon gesagt: Ausnahmen bestätigen die Regel.
Ein Nachteil, den Selfpublisher haben: Sie sind auch in Sachen Marketing auf sich allein gestellt, sie haben keine Presseabteilung im Rücken. Auch hier bei Funkhaus Europa kommen immer wieder Bücher von Selfpublishern an, deren AutorInnen um Aufmerksamkeit kämpfen. Leider können wir – wie auch bei den Büchern der "Profis" - nur einen sehr kleinen Teil in der Berichterstattung berücksichtigen.
Drei Beispiele aus dem vergehenden Jahr: Levent Kesiks Erzählung "Alis vs. Aliens" (Euro 10,60), eine launige türkisch-deutsche Science Fiction-Parodie. Rafaela Thoumassians Roman "Werwolf oder Taube" (Euro 13,90), eine autobiographisch unterfütterte Aufarbeitung der Traumata, die der Völkermord an den Armeniern 1915 noch heute bei einer jungen Deutsch-Armenierin hinterlässt. Und die Anthologie "Hinter den Kulissen – wenn Worte zu Geschichten werden" (Euro 12), eine Sammlung von Texten und Gedichten ganz unterschiedlicher Art und Qualität, von Verfassern, die sich im Autoren_Netzwerk bei Facebook gefunden haben. Die Preise beziehen sich auf die Druck-Versionen, die Bücher sind als Kindle-Ausgaben deutlich günstiger natürlich auch digital zu haben.
Stand: 29.12.2015, 21.00 Uhr
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