Süperunterwegs - Rotterdam 100 Prozent Vielfalt

Von Diana Zulfoghari

Wer bei den Niederlanden an Tulpen, Windmühlen und niedliche Grachten denkt, wird von Rotterdams Realität überrollt. Süperunterwegs präsentiert die Metropole mit Hafen, Hochhäusern und Zukunftsvisionen.


Blick auf die Skyline von Rotterdam mit Ersamus-Brücke und zwischen den Hochäusern das Hotel America, von wo die Wohlhabenden Richtung Amerika auswanderten
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Blick auf die Erasmus-Brücke und das Hotel America zwischen den Hochäusern


Wenn man von der Autobahn abfährt, sieht man die Minarette einer Moschee. Kein Wunder, Rotterdam hat als erste westeuropäische Großstadt mit Ahmed Aboutaleb einen muslimischen Bürgermeister. Er ist in Marokko geboren und erst mit 15 Jahren eingewandert. Ein starkes Signal dafür, dass hier alle Richtung Zukunft denken und nicht rückwärts orientiert.

In Rotterdam ist die moderne Architektur zu Hause

Eine Skyline wie New York, viele Wolkenkratzer, aber hier dürfen sie geringelt sein, aussehen, als würden sie gleich zur Seite fallen oder ganz der Schwerkraft widersprechen. Die Kubus-Häuser von Piet Blom aus den 80ern sind bis heute der schrägste Entwurf - in jedem der 38 Würfel gibt es keine einzige gerade Wand. Wer das abgefahrene Baumhaus-Wohngefühl nicht nur besichtigen möchte, kann dort auch im Hostel übernachten.

Die Erasmusbrücke ist auch ein Wahrzeichen der Superlative: Die größte und schwerste Klappbrücke Europas wird "Der Schwan" genannt, weil sie tatsächlich grazil wie ein Schwanenhals wirkt. Ganz neu und erst im letzten Jahr von König Willem-Alexander eingeweiht ist der Hauptbahnhof - mit seinem steil aufragenden silbernen Dach haben die Rotterdamer ihn "Kapsalon" getauft. So nennt man eine Aluschüssel von der Imbissbude.


Der per Crowfunding finanzierte "Luchtsingel", eine Holz-Fußgängerbrücke mit dem einzigen Kreisverkehr für Fußgänger
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Dank Crowdfunding: Der Luchtsingel

Ein neues Markenzeichen von Rotterdam ist auch die Markthalle der Superlative, eine Kathedrale der Lebensmittel - gigantische elf Stockwerke hoch und so groß, dass man es mit einer Garage für Airbusse verwechseln könnte. Auch wenn es schwerfällt nicht nur auf die (durchaus teuren) Köstlichkeiten zu gucken: Kopf in den Nacken. Das Dachkunstwerk ist der Hammer - 11.000 Quadratmeter groß, "Das Füllhorn" - eine Neuinterpretation von Stillleben mit Obst.


Trotzdem haben neben den Entwürfen berühmter Architekten aus der ganzen Welt auch hausgemachte Low-Budget-Projekte eine Chance. Das beeindruckenste heißt Luchtsingel in etwa "Luftkanal", eine gelbe Holzbrücke, die völlig neue Verbindungen in der Innenstadt schafft - zwischen einem leerstehenden Bürokomplex aus den 70er Jahren, einem verwaisten Bahnhof, einem Wohnviertel mit Erneuerungsbedarf und trostlosen vielbefahrenen Autostraßen, die Fußgänger nur mit Unbehagen entlanglaufen. Die Brücke ist in vier Bauabschnitten hauptsächlich durch Crowdfunding finanziert worden - kein Notbehelf, sondern auch ein architektonisches Statement! Auf dem Bürogebäude ist ein Gemeinschaftsgarten entstanden, in den Bögen des alten Bahnhofs sind hervorragende Restaurants und Clubs eingezogen, unter dem "Fußgängerkreisel" in der Luft ist ein Spielplatz entstanden und die Brücke endet im alten Bürokomplex, wo jetzt Afterwork die angesagteste Partylocation ist: Der Rotterdam Biergarten. Hier legen die besten DJs auf, man quatscht, tanzt, trinkt - alles open air, bis in den Morgen.

Essen & Schlafen


Beliebtes Ausflugsziel, die Fenix Food Factory
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Beliebtes Ausflugsziel, die Fenix Food Factory

Ein ganz neuer Hotspot ist der Bio-Döner "Waldberg". Döner haben in Holland normalerweise ein mieses Image, man isst lieber Falafel, Indonesisch oder handgeschnitzte Fritten. Die beiden Besitzer - beide türkischer Herkunft, einer aus Berlin -, wollen das Image des Karussellfleischs in Rotterdam ganz neu erfinden - offenbar mit Erfolg.


Wer aus der Innenstadt heraus ist und sich unters Volk mischt, in einen Stadtteil der jetzt gerade im Aufwind ist, muss samstags in der Fenix Food Factory sitzen! Eine alte Werfthalle in einem Rheinhafen. Genau, es gibt unendlich viele Häfen an Rhein und Maas, das richtige Seehafengebiet erstreckt sich von Rotterdam-City über 40 km bis an die Nordsee. Wer eine Hafenrundfahrt bucht, sie dauert viel, viel länger als zum Beispiel in Hamburg, dies ist der drittgrößte Seehafen der Welt! Eins der üblichen Verkehrsmittel in Rotterdam ist der "Wasserbus" über die Maas, für Landratten gibt es aber auch U-Bahn, Straßenbahn und Bus.

Neben Hotels, einem festliegenden Kreuzfahrtschiff (Luxus!), Bed-and-Breakfast, Hostels gibt es in Rotterdam auch eine Alternative zu AirBnB: Kussensloop bietet renovierte Arbeiterwohnungen zur Zwischenmiete an, auch für Studenten oder Leute, die beruflich in Rotterdam zu tun haben und länger bleiben als ein paar Tage.

Die Stadt auf eigene Faust entdecken mit den Insidertipps von Nina Swaep kann man jetzt auch auf deutsch - "100% Rotterdam" heißt der kleine kompakte Reiseführer mit allen wichtigen Tipps und Adressen sowie drei Spaziergängen, bei denen man die Stadt kennenlernt. Praktisch: Zum Reiseführer gibt es eine App zum Download. Damit bewegt man sich sicher durch Rotterdam - ohne teure Roaming-Gebühren!


Stand: 12.08.2015, 21.00 Uhr



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