Süpertunes - Dom La Nena | Magic System Miss Melancholie & Afrikanische Hit-Hommage

Von Anna-Bianca Krause

Auf dem zweiten Album von Dom La Nena haben ihre minimalistischen Chansons fröhliche Rhythmen bekommen. Und Magic System von der Elfenbeinküste verneigen sich auf ihrem achten Album vor ihren Vorgängern.


Dom La Nena: "Soyo"
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Dom La Nena: "Soyo"

Dom La Nena: Soyo (Six Degrees/Exil)

Als vor 2 Jahren "Ela", das erste Album der Musikerin und Sängerin Dominique Pinto, Künstlername Dom La Nena, auftauchte, waren alle wie verzaubert. Man nannte sie "Cat Powers verlorene Schwester", "den Schatten von Lhasa, der als Engel vorbeikommt", sie wurde mit dem jungen Brian Wilson verglichen und mit Joanna Newsom. Jetzt hat die junge Brasilianerin ihr zweites Album gemacht und gezeigt, dass sie ihre ureigene Handschrift hat, die sich nicht an prominenten Vorgängern orientiert. Wer sich darauf einlässt, schwebt auf Wolke sieben davon.

Portugiesisch oder Elfensprache?

Dom La Nena singt auf "Soyo" in vier Sprachen, Spanisch, Französisch, Englisch und Portugiesisch. Manchmal fängt sie auf Spanisch an und gleitet dann im Refrain ins Französische. Das ist ganz normal für die 25-Jährige: Sie ist in Brasilien geboren, in Paris aufgewachsen, hat in Argentinien gelebt und war die letzten 2 Jahre auf Tour mit ihrem ersten Album "Ela". Das Unterwegssein spielt auch die größte Rolle in den Songtexten. Sie hat erzählt, dass sie so viel Warten musste, in Clubs beim Soundcheck, in Bahnhöfen, in Hotelzimmern, dass sie sich die Zeit mit Songschreiben vertrieben hat. Eine schöne Vorstellung: Wie dieses zarte Wesen im Flughafenterminal sitzt und auf der Gitarre eine dieser melancholischen, freischwebenden Melodien klimpert, während überall gehetzte Herren im Anzug telefonieren...

Der Komplize

Dom La Nena ist eine Träumerin und eine melancholische Person, doch Melancholie ist für sie nichts Trauriges, wie sie immer wieder betont. "Wenn du dir alte Sambas anhörst", sagt sie, "da ist so viel Drama in den Texten, aber die Musik klingt sehr fröhlich und festlich." Dass La Nenas Musik auf dem zweiten Album auch weniger elegisch und schwermütig klingt, dafür hat Marcelo Camelo gesorgt. Der Ex-Leader der brasilianischen Rockband Los Hermanos schob den Gesängen seiner Kollegin Perkussion, E-Gitarre, Schlagzeug, Bass unter, er gab den Songs den Rhythmus. Dom La Nena, die ihn schon verehrt, seit sie Teenager war, ist glücklich über die Zusammenarbeit.

Die Kleine & ihr Cello

Dom La Nena, ihren Künstlernamen hat sie aus ihrem Spitznamen La Nena = die Kleine abgeleitet. Aber die Kleine ist eine Super-Cellistin, sie war deshalb auch schon zwei Jahre mit Jane Birkin auf Tour, hat mit Camille gespielt, mit Etienne Daho, Rosemary Standley von Moriarty oder Jeanne Moreau. Sie ist Multiinstrumentalistin, spielt auch Klavier, Ukulele, Gitarre. Und sie gehört zu einer wachsenden Gruppe von jungen Musikerinnen, die ihre ganz persönliche, sehr eigensinnige Musik machen. Einige wie Cat Power oder Camille haben damit angefangen, aber es werden immer mehr, Maia Vidal, Yael Naim - und eben auch Dom La Nena.

No Name

Wie soll man diese wunderbare, schwerelose Musik nennen? Kammerfolk? Neo-Chanson? Indie-Walzer? Kinderzimmer-Konzert? Es klingt jedenfalls sehr intim, immer so, als würde Dom La Nena einem nur mal eben so etwas vorsingen und dann fragen: Wie findest du das?

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Magic System: "Radio Afrika"
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Magic System: "Radio Afrika"

Magic System: Radio Afrika (Parlophone)

Die vier Jungs von Magic System sind echte Hitmacher, ihren ersten Blockbuster hatten sie 2002 mit "Premier Gaou", danach folgte eine lange Liste von Hits, zuletzt 2014 die inoffizielle WM-Hymne "Magic in the Air". Aber diesmal haben sie sich Hits von anderen geliehen.

Alte Bekannte

"Radio Afrika" ist wie eine Begegnung mit alten Bekannten: "Emma" von Touré Kunda, "Sodade" von Cesaria Evora, "Mangercratie" von Tiken Jah Fakoly, "Yolélé" von Papa Wemba, Songs von Salif Keita, Johnny Clegg, Alpha Blondy oder auch Ismael Lo haben Magic System gecovert. Auch "Pata Pata" von Miriam Makeba - der Song war 1967 der erste Song auf Xhosa, der es in die Charts in den USA, England oder auch Deutschland schaffte. Magic System haben diesen und andere Texte ins Französische übersetzt, damit mehr Leute verstehen, um was es geht. Das Album ist eine Überraschung: Die Band, die seit über 15 Jahren ein Garant für Dancefloor-Kracher ist, hat das achte Album als Hommage für ihre Vorgänger gemacht.

Kein Marketing-Coup sondern eine Liebeserklärung

Alle zwölf Songs sind Songs, die die afrikanische Musik geprägt haben und - das ist noch wichtiger - die Türen zu anderen Kontinenten aufgestoßen haben.

Das Album ist eine einzige Liebeserklärung an Musiker und Sänger, die wichtige Vorarbeit geleistet haben. Allerdings ist es auch ziemlich mutig, lauter Hits zu covern. Man könnte unterstellen, dass das ein Marketing-Coup ist, aber man spürt an den Songs, dass das eine Herzensangelegenheit für die Band aus Abidjan war. Die gecoverten Künstler haben sie von Kind an beeinflusst, sie haben erzählt, dass sie zum Beispiel alle Fotos von Alpha Blondy auf ihren Schulheften kleben hatten.

Tanz die Hommage

Der Magic System typische Sound aus Coupé decalé, diesem afrikanischen Disco-Derivat, Reggae, Pop und Dancefloor-Hymnen zum Mitsingen, hat sich auch auf dem neuen Album nicht wirklich verändert. Im Vordergrund wie immer die wunderschönen Stimmen des Quartetts aus Abidjan und ihre Lust, die Menschen zu entertainen. In Frankreich ist das Album sofort in die Charts gegangen. Und ein paar Songs werden garantiert Sommerhits werden.


Stand: 16.07.2015, 21.00 Uhr