Just Music - Karibischer Karneval Die Ölfasser Trinidads

Von Joachim Deicke

Kaum ist die Grill-Saison vorbei, ist schon wieder Karneval-Saison. Auch in der Karibik. Auf Trinidad und Tobago ertönen an jeder Ecke die Klänge der "Pan" – der Steel Drum, dem Nationalinstrument von Trinidad & Tobago. Was es mit der Pan auf sich hat, erzählt uns Joachim Deicke.


Steel Drum mit Just Music-Logo am Strand
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Rokka Tone – In This Life

Kein Instrument klingt so tropisch, so unverschämt nach Sonne, Sand und Palmen, wie die Steel Pan. Ganz perfekt sind die Töne nicht, aber dafür haben sie Charakter und so eine gut gelaunte Leichtigkeit. Klar: Die Elektro-Lurche haben längst versucht, diesen Sound auch in Synthesizer zu programmieren, aber irgendwie klingt das kalt und abgestochen. Für den echten Pan-Sound braucht man schon eine echte Pan: Das sind die oberen 20 Zentimeter von einem Standard-Ölfass. Und damit wird denn auch klar, weshalb Trinidad die Heimat der Pans ist. Nur dort und auf keiner anderen Karibikinsel wird Öl gefördert.

Lord Kitchener – Steel Band Music

Auf Trindidad kommt das schwarze Gold in einem Asphalt-See bis an die Oberfläche, und nach Öl wurde dort schon vor 150 Jahren gebohrt. Also gab's auch Öl-Fässer, und auf denen wurde schon im 19. Jahrhundert getrommelt als die britischen Kolonialherren mal vorübergehend die Benutzung von Trommeln verboten hatten. Aber die Trinis versteckten einfach ihre Trommeln und klopften auf anderen Dingen herum

T&T Field Recording – Tamboo Bamboo Music

Bei der Tamboo-Bamboo-Musik wurde auf Bambusrohren, Topfdeckeln, Holzkisten und eben auch auf Ölfässern getrommelt. Und in den Dreißiger Jahren stellte man fest, dass so ein Ölfass verschieden hohe Töne produzierte, wenn es verbeult war. Wenn man diese Beulen vorsichtig auf die richtige Größe und Tiefe hämmerte, dann konnte man das Ölfass regelrecht stimmen. Allerdings: Das klingt einfacher, als es ist.

Duke of Iron – Yellow Bird (verstimmt)

Die ersten Pans konnten nur zwei verschiedene Töne; dann wurden es vier. Später acht. Und bald wurden Pfannen gehämmert,auf denen man Bass spielte, und andere, die für die Melodie zuständig waren.

Katzenjammers – The Breeze and I

So etwa 1960 war die Steel Pan in ihrer heutigen Form entstanden: Ein großer Blechteller mit tiefem Rand. Auf dem Teller bis zu 29 Dellen, jede steht für einen andere Ton auf der Leiter. Darauf kann man im Prinzip alles spielen, was die Trinis denn auch mit wachsender Begeisterung taten: Jazz, Calypso, Rock'n'Roll, Pop-Songs, Reggae:

Renegades Steel Orchestra – No, No, No (You Don't Love Me)

Alles wurde durch die Steel-Band-Mühlen gezogen. Die Bands wurden größer und größer. Inzwischen gibt's Orchester mit 200 oder mehr Musikern. Und seit 1963 gibt's eben auch das "Pan-Orama" beim Karneval von Trinidad, wo die besten Truppen gegeneinander antreten.

Tracy Thornton – Seven Nation Army

Heute werden die Pans nicht mehr aus Ölfässern geflext, sondern aus hochwertigen Blechen. Beim Stimmen kommen digitale Messgeräte zum Einsatz, und für eine gute Steeldrum kann man schon 500 bis 2000 Euro hinlegen. Deutlich billiger wird's, wenn man die Steeldrum als App auf dem Tablet oder Smartphone spielt. Aber das hat eben nichts von der Wucht echter Pans. Wenn die mal loslegen, womöglich noch von einem Chor unterstützt: Das ist schon wie eine Naturgewalt. Metal eben!

Marionettes Chorale and Neal and Massy Trinidad All Stars Steel Orch


Stand: 13.11.2015, 17.00 Uhr