Global Pop Classics - Fanfare Ciocarlia "Gili Garabdi"

Mitte der 90er begann der Siegeszug der Balkanmusik und eine Band, die von Anfang an mitmischte, waren die Fanfare Ciocarlia aus Rumänien. Die Roma-Brassband hat heute Legendenstatus und man kennt sie von Tokyo bis New York. Auch deshalb, weil ihre Musik in Filmen von Kusturica, Fatih Akin oder Sacha Baron Cohen zu hören war. Ihre Version von "Born to be wild" in Borat kennt wohl jeder. Das Meisterwerk der Fanfare Ciocarlia war 2005 das Album "Gili Garabdi - Ancient secrets of Gypsy Brass".


Fanfare Ciocarlia: Gili Garabdi
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Fanfare Ciocarlia: Gili Garabdi

Bond In Rumänien

Rasend, radikal, rabiat, es ist als käme man unter die Hufe einer Herde Blasinstrumente, wenn die Musiker der Fanfare Ciocarlia loslegen. Mit ihren Trompeten, Klarinetten, Saxophonen, Tubas oder Baritonhörnern gelten sie - seit sie Mitte der Neunziger aufgetaucht sind - als die schnellste Blaskapelle der Welt. Aber nach zehn Jahren wollten sie zeigen, dass sie mehr konnten, als traditionelle Roma-Musik spielen. Deshalb ist der Opener des vierten Albums der Hochdruck-Bläser das James-Bond-Thema in der Balkan-Brass-Version: 007 war zu den Rumänen übergelaufen. Die Erkennungsmusik der Agentensatire war schon immer der beliebteste Warmspiel-Track der Band gewesen.

Die Cousins & der Jazz

Eine Fanfare hat auf dem Balkan DJ-Funktion, das heißt sie muss alles spielen können, was verlangt wird. Jazz kommt auf der Wunschliste des Publikums eher selten vor, aber gerade den liebt die Band aus dem 400 Seelen Dorf Zece Prajini ganz besonders. Sie glauben sogar, dass ihre Vorfahren, die Mitte des 19. Jahrhunderts nach Amerika auswanderten, maßgeblich an der Erfindung dieses Stils mitgewirkt haben. "Wer sagt denn, dass unsere Cousins, die in die USA geflohen sind, nicht den Jazz mit erfunden haben?" wird im Booklet gefragt.

Anything goes

Der Pink Panther tanzt einem traditionellen Hochzeitstanz auf der Nase herum, der Klassiker "Caravan" von Duke Ellington klingt wie von einer Marching-Band in New Orleans gespielt und eine Samba hat sich in die Karpaten verirrt.

Auf "Gili Garabdi" haben sich die zwölf rumänischen Musiker den Jazz zurückgeholt, ihn durch den Zeitraffer gejagt und ihm die großen Gefühle zurückgegeben. Für die bulgarische Reibeisenstimme von Gast Jony Iliev treten sogar die High-Speed-Bläser der Fanfare Ciocarlia auf die Bremse. Lassen manchmal sogar Akkordeon, Banjo und Gitarre zu Wort kommen. Die melancholische Stimmung hält aber nicht lange an.

Sound im Zeitraffer

Ein alter Volkstanz aus Moldawien klingt wie im Zeitraffer und man denkt immer wieder: Die Platte läuft mit der falschen Geschwindigkeit, aber das gibt es ja heute gar nicht mehr. Die Musiker sind wie lebende Sampler, die alles aufgesaugt haben und nun kommt es irgendwie verwandelt wieder aus ihren Instrumenten heraus. "Gili Garabdi" trägt den Untertitel "Ancient secrets of Gypsy Brass" - welche Geheimnisse das sind, haben die Fanfare Ciocarlia bis heute nicht verraten. Das Album war eine "der" Partyplatten des Jahres 2005 und schob sich nur wenige Tage nach Erscheinen auf Platz 1 der World Music Charts. Die Band befreite sich damit aus einem allzu traditionellen Repertoire und das Publikum begriff: Roma-Musik kann alles sein.



Stand: 24.07.2015, 21.00 Uhr