Integration in den Arbeitsmarkt Vorbild USA?

Wie kann es gelingen, ungelernte Flüchtlinge zügig in den deutschen Arbeitsmarkt zu integrieren? Ein Vorbild könnten die USA sein, denn hier darf jeder Flüchtling vom ersten Tag an einer Arbeit nachgehen. Christian Schwalb war in den USA, um über Integration "Made in America" zu berichten.


Syrische Flüchtlinge vor dem Weißen Haus in Washington
Bild 1 vergrößern +

Wie läuft die Integration von Flüchtlingen in den USA?

Beispiel "Vermont Refugee Resettlement Program"

Im "Hotel Vermont" trifft Reporter Christian Schwalb auf Lal Pradhan. Er kommt aus Bhutan, gehörte dort zu einer Minderheit, die seit Jahrzehnten drangsaliert wird. Im "Hotel Vermont" hat er Arbeit gefunden - im Housekeeping. "Ich habe 20 Jahre, meine Kindheit, in einem Flüchtlingslager in Nepal verbracht. Hier, in den Staaten, hat es genau 14 Tage gedauert, bis ich den ersten Job hatte: als Tellerwäscher. Dann bin ich schnell hier gelandet, dank der Ansiedlungsagentur", berichtet Lal Pradhan....



Christian Schwalb
Bild 2 vergrößern +

Reporter Christian Schwalb war in den USA, um über die Integration von Flüchtlingen "made in USA" zu berichten.


Wer kontrolliert eigentlich, dass die ungelernten Flüchtlinge in diesen einfachen nicht ausgebeutet werden?

Die Flüchtlinge werden ab dem Moment ihrer Ansiedlung in den Bundesstaaten oder, um beim Beispiel zu bleiben, in Vermont von einer Agentur betreut, die im Auftrag der Regierung und mit deren Geld die Ansiedlung vornimmt. Das sind Non-Profit-Organisationen, die sich vor Ort um die Menschen kümmern. Die Mitarbeiter von diesen Agenturen geben ihre Handynummern weiter an die einzelnen Flüchtlinge. Das ist ein sehr enger Kontakt, das habe ich in Vermont hautnah erlebt. Ausbeutung oder schlechte Arbeitsverhältnisse würden auffallen und sofort zurückgemeldet. Und bei allem anderen, also zum Beispiel vertraglichen Absprachen, da sind diese Mitarbeiter sowieso beteiligt.

Das klingt nach einer sehr individuellen Betreuung, es klingt aber auch sehr aufwendig und teuer.

Da ist auch so. Aber man darf nicht vergessen: In den USA ist das gar nicht nötig, da viel Geld zu bezahlen, weil wir von viel geringeren Fallzahlen sprechen. Die Amerikaner haben zu keiner Zeit ihrer Geschichte 1 Million Menschen aufgenommen wie wir hier. Die offizielle Einwanderungsquote für Flüchtlinge lag zuletzt bei 70 000 pro Jahr, also kein Vergleich.

Sind es denn nur diese vermittelnden Job-Agenturen für Flüchtlinge, die diesen Erfolg ausmachen?

Diese enge Betreuung ist sicher einer von mehreren Schlüsseln. Ein anderer ist die "Local Community", die Gemeinschaft vor Ort, so wie ich sie in Vermont kennengelernt habe, oder auch in Detroit, ein großes Netz von privaten Helfern. Ohne diese Ehrenamtlichen läuft überhaupt nichts. Das kennen wir ja auch hier in Deutschland in Prinzip. Der größte und vielleicht auch wichtigste "Schlüssel" aber ist ein anderes Denken – die Amerikaner gehen das Thema Integration völlig anders an, die gehen nämlich über den Arbeitsmarkt: Keine Integration ohne Jobs. Das ist ein bisschen das Mantra. Die Flüchtlinge dürfen tatsächlich ab dem ersten Tag im Land arbeiten. Da reden wir oft nur von wenigen Wochen bis zum ersten Job! Das ist hier völlig unvorstellbar.

Das klingt, als sollte sich Deutschland da ein Beispiel dran nehmen. Was können wir uns denn von den USA noch abschauen in Sachen Arbeitsmarkt für Flüchtlinge?

Der amerikanische Arbeitsmarkt ist deutlich weniger durchreglementiert. Wenn man sich hier an den Vereingten Staaten ein Vorbild nehmen und Integration beschleunigen wollte, müsste man erst mal ein paar Regeln lockern. Zum Beispiel könnte man ja mal darüber nachdenken, Unternehmen die Möglichkeit zu geben, das erste Jahr unter Mindestlohn zu zahlen, also weniger Gehälter zu zahlen. Dafür könnte der Staat dann in die Bresche springen und "aufstocken". Das wäre dann insgesamt auch ein Anreiz, neue Arbeitsplätze zu schaffen. Hier steht immer noch die Integrations-Vorbereitung im Mittelpunkt. Drüben gibt es eine schnelle, echte Integration. Die findet im Arbeits-Alltag statt, während der Alltag ja hier - wie wir alle wissen - für die Flüchtlinge ganz anders aussieht: Die sitzen in Unterkünften fest und haben oft ganz lange Zeit nichts zu tun.


Stand: 21.01.2016, 17.00 Uhr



Weitere Themen