Literatur Spezial: Nigerianische Geschichten
Man nennt es die "neue Weltliteratur": Geschichten aus Gebieten jenseits der gewohnten Zentren boomen, insbesondere solche aus afrikanischen Ländern. Ganz vorne mit dabei: Romane von Autoren, die ihre Wurzeln in Nigeria haben.
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Der nigerianische Star-Autor Teju Cole.
Zum Beispiel Teju Cole, geboren 1975, der als Sohn nigerianischer Einwanderer in den USA zur Welt kam, in Lagos, der Hauptstadt Nigerias aufwuchs, als 17-Jähriger zurückkehrte in die Staaten und mit Anfang 30 noch einen Versuch in Nigeria machen wollte - genau wie der Erzähler seines neuen Buches "Jeder Tag gehört dem Dieb" (Hanser Berlin, 18,90 Euro). Dieser Erzähler kehrt also nach Jahren zurück, überlegt zu bleiben, reist durch's Land und in die eigene Geschichte, denkt darüber nach, was er sieht und empfindet, schreibt das Ganze auf, eine Mischung aus Essay, Erzählung, gesellschaftspolitischer Analyse und Romanfragment, knapp und klug, unbedingt lesenswert...
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Chigozie Obioma bei der lit.COLOGNE 2015
Chigozie Obioma, geboren 1986, ist so etwas wie ein Nachwuchsstar, der Stern der
tunde in der nigerianischen Literatur. Sein Roman "Der dunkle Fluss" (Aufbau, 19,95 Euro), der gerade erschienen ist, erzählt eine Familiengeschichte; die Geschichte vom Aufwachsen von sechs Brüdern, deren Vater, ein Banker, in eine weit entfernte Stadt versetzt wurde, so dass sich - entgegen allen Aufträgen der Patriarchen - ungeahnte Freiheiten auftun, die Chancen und Gefahren bergen. Ein Familiendrama, zugleich ein Gesellschaftsportrait; und zwar das einer zerrissenen Gesellschaft zwischen Gestern und Morgen, zwischen den Ethnien, zwischen Arm und Reich.
Und noch ein Debüt, das vor kurzem erschienen ist: Lola Shoneyin, geboren 1974, erzählt in ihrem Roman "Die geheimen Leben der Frauen des Baba Sagi" (Edition Büchergilde, 22,95 Euro) von einer jungen Frau, die einen älteren Mann heiratet, der schon drei Frauen und mehrere Kinder hat - eine aus mehreren Perspektiven erzählte Abrechnung mit der weit verbreiteten Polygamie.
Last but not least als Tipp noch zwei nigerianische Erfolgstitel, die unbedingt lesenswert sind: Chimamanda Ngozi Adichie berichtet in ihrem Roman "Americanah" (Fischer, 24,99 Euro) von Ifemelu und Obinze, die auf ganz verschiedene Weise in die USA beziehungsweise nach England auswandern und zurückkehren. Helon Habilas Roman "Öl auf Wasser" (Wunderhorn, 24,90 Euro) dagegen entführt ins Nigerdelta und zwar im wahrsten Sinn des Wortes: Die Frau eines Erdölmanagers wird entführt, ein Journalist wittert eine Story und ermittelt. Ein Kriminalroman also - und eine Abrechnung mit den korrupten Profiteuren der Ölförderung. In starken Bildern lässt Helon Habila keinen Zweifel daran, wie bedenkenlos sie Landschaften und Leben plündern und zerstören, egal, wer oder was daran zugrunde geht.
Stand: 23.03.2015, 15.00 Uhr
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