CD der Woche - Coming Home Style der Unschuld

Von Marc Mühlenbrock

Leon Bridges belebt die Frühphase des Soul neu und ist perfekt dafür gestylet. Mit Vintagekleidung und analoger Wärme verbeugt er sich vor seinem Vorbild Sam Cooke. Sein Debüt "Coming Home" ist einfach zeitlos.


Leon Bridges: Coming Home
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Amy Winehouse und Mark Ronson, Duffy und Adele haben es vor 10 Jahren bereits bewiesen: Soul ist ein universeller Sound, der Dekaden überlebt hat. Und heute halten Sharon Jones & The Dap Kings oder die Alabama Shakes die Musik frisch. Inzwischen ist der analoge, handgemachte Soul fest in der Popmusik etabliert. Und mit Leon Bridges bringt sich nun ein Künstler mit echten Starqualitäten in Stellung.

Die Zeitreise beginnt

Leon studierte zunächst Tanz am College seiner Heimatstadt Fort Worth, Texas, und jobbte als Tellerwäscher. Ein Kommilitone brachte einmal ein Keyboard mit zur Schule, und die beiden begannen in der Mittagspause zu jammen - fortan jeden Tag. Andere Studenten hörten zu und sangen mit. Dann zeigte ihm eine Freundin auf ihrer Gitarre ein paar Akkorde, Leon begann regelmäßig zu spielen. Beide Freundschaftsdienste bestärkten ihn dabei, es nochmal mit dem Musikmachen zu versuchen. Er merkte, dass seine sanfte Stimme am besten mit der Akustikgitarre und im warmen Sixties-Arrangement zur Geltung kommt. Bei ersten Auftritten lernte er Austin Jenkins und Joshua Block von White Denim kennen. Die Modern Blues Rock Band à la Black Keys ermutigt Leon, seine Vorliebe für den Soul der frühen 60er Jahre weiter auszuleben und nimmt ein paar Songs mit ihm auf. Wenig später unterschrieb er einen Major Deal.

Born to be retro

Heute gibt Leon natürlich offen zu, dass er Elemente der Vergangenheit entnimmt, erklärt aber dazu, es hätte sich nun einmal Schritt für Schritt ganz natürlich so entwickelt. Bis hin zu dem Geschenk eines alten Freundes seiner Mutter, der ihm all seine Klamotten aus den 60ern überließ. Leon entschließt sich daraufhin, seinen musikalischen Stil visuell zu vollenden und macht Tweed-Jacket, Vintage-Hose, Leder-Boots zu seinen Markenzeichen.

Fackelträger des Soul

Leons Album "Coming Home" transportiert den Vibe der frühen 60er Jahre. Seine Idole sind Otis Redding und Sam Cooke. Vor allem mit letzterem wird er zurzeit immer wieder verglichen. Zu Unrecht, sagt der bescheidene Leon, an dessen Talent käme er nicht heran. Aber er würde als Fackelträger gerne die Flamme des alten Soul weitertragen. Der Funke springt zuerst über bei Leons Cover von Sam Cookes "Chain Gang" - ein häufig geklicktes Video im Netz. Nicht nur wegen der exzellenten, erdigen Interpretation, sondern weil das in Schwarzweiß gehaltene Video inclusive Leons Outfit so perfekt auf Retro getrimmt ist.

Zeitlos elegant

Leons eigene Songs spielen in New Orleans und am Mississippi. Es geht um Gott, die Liebe zu einem "Brown Skin Girl", zu seiner Mutter "Lisa Sawyer" und um den Traum von Freiheit. In ihrer schlichten Schönheit romantisieren sie die Vergangenheit - obwohl die afro-amerikanische Bevölkerung in den USA damals unter der vorherrschenden Rassentrennung litt. Aber der handgemachte Soul der frühen 60er hallt immer noch nach. Er ist zeitlos - damals wie heute.


Stand: 29.06.2015, 00.00 Uhr