Der Soundtrack von.. - Hugh Masekela Masekeeela

Der wohl berühmteste Jazz-Musiker Südafrikas. Im "Soundtrack von… - Hugh Masekela" spricht der 76-Jährige über sein bewegtes Leben in seiner Heimat, dann im Exil, über seine Begegnung mit Bob Marley und Fela Kuti, sowie über die aktuelle Musikszene Südafrikas.


Hugh Masekela
Bild 1 vergrößern +

Bereits in jungen Jahren erhielt Hugh Masekela eine Trompete von Altmeister Louis Armstrong, aufgrund seines außerordentlichen Talents. Er spielte mit den besten Bands seiner Heimat, lernte Miriam Makeba kennen, die er später heiratete. Ein Großteil seines Lebens verbrachte er dann im Exil, zuerst in London, dann in den USA und später in zahlreichen afrikanischen Ländern.

Durch sein Werk und seine Erfahrung gilt er als wichtigster Jazzmusiker Afrikas und als zentraler Ansprechpartner für die jungen Talente der dortigen Szene. Interessant sind seine Betrachtungen über seine Kollegen und das Niveau der südafrikanischen Musik heute.

Wer bist du?

Ich heiße Hugh Masekela und bin ein Musiker aus Südafrika. Ich habe nie analyisiert was mir Musik bedeutet, weil Musik mich seit meiner Geburt umgibt. Ich lebe für Musik. Als ich 5 Jahre alt war habe ich angefangen Klavier zu spielen und unser Grammophon war mein Ein und Alles. Mein Leben und die Musik waren schon immer eine Einheit. Ich habe keinen intellektuellen, akademischen oder philosophischen Zugang zu Musik. Mein ganzen Leben dreht sich um Musik. Musik, das bin ich.

Was ist deine erste Erinnerung an Musik?

Ich bin inmitten von Musik aufgewachsen. Ich wurde auf dem Land geboren. Genauer gesagt 100 Meilen östlich von Johannesburg, in einer Stadt wo es viele Kohleminen gab. Und dort gab es überall Musik zu hören. Auch wenn internationale Journalisten kaum nach Südafrika geschaut haben. Die schauten eher nach Soho oder New York oder nach Hamburg als die Beatles da waren. Das hat alles überschattet. Aber auch Südafrika oder Afrika allgemein, war voller Musik. Gerade in Südafrika wo durch die vielen Migranten auch die Vielfalt der afrikanischen Musik mit kam. Alle Feste wurden musikalisch begleitet. Am Wochenende wurde getanzt und getrommelt. Es gab Dancebands und kleine Bands. In jedem Township gab es Gesangsgruppen. Außerdem gab es immer wieder Gesangswettbewerbe. Kinderlieder kamen nicht aus dem Fernsehen, sie wurden auf der Straße aufgeführt. Jeder hatte ein Grammophon und aus jeder Ecke ertönten Hochzeitslieder. Wir waren von Musik umgeben.

Wie ist das Lied "Chileshe" entstanden?

"Chileshe" habe ich 1968 geschrieben. Es kam mir einfach in den Kopf. Ich bin in einer Minenstadt aufgewachsen. Mein Vater war ein Minenarbeiter. Er kam vom Land. Auch meine beiden Onkel arbeiteten in den Minen und so wuchs ich unter Minenarbeitern auf. In Südafrika kamen viele Minenarbeiter aus anderen Ländern und man hat sie in speziellen Unterkünften untergebracht. Sie waren von der Südafrikanischen Bevölkerung getrennt. Es war nicht erlaubt nach Südafrika zu kommen, wenn du aus einem anderen afrikanischen Land warst, mit der Außnahme der Gastarbeiter. Weil die Gastarbeiter damals von den Südafrikanern getrennt leben mussten, entstand viel Fremdenfeindlichkeit. Die aktuelle Welle an Fremdenfeindlichkeit in Südafrika hat ihren Ursprung in Ereignissen, die vor über 100 Jahren geschehen sind. Als Mineralien in Südafrika entdeckt wurden. Ich sah wie schlecht die Minenarbeitern behandelt wurden, und wie sie von der städtischen afrikanischen Bevölkerung verachtet wurden. Sie dachten sie seien etwas Besseres. Und genau darum geht es in meinem Song: Meine Großeltern mütterlicherseits kamen aus Simbabwe. Und auch väterlicherseits kamen sie aus dem nördlichen Südafrika. Vor der kolonialen Grenzziehung waren die Leute total vermischt und bewegten sich viel freier.

Kannst du uns etwas über deine Beziehung zu Miriam Makeba erzählen?


Ich bin mit Miriam Makeba aufgewachsen. Wir haben uns bei einem Konzert kennengelernt. Wie alle Musiker haben wir immer am gleichen Platz in Johannesburg geprobt. Es gab dort ein Zentrum für Musiker mit Übungsräumen. Dort arbeitete zum Beispiel Athol Fugard, einer der größten Theaterautoren aus Südafrika. Wir sind gute Freude geworden und Miriam hat mich 1960 mit der Hilfe von Harry Belafonte in die Staaten gebracht. Wir gingen auf die Musikschule und wir waren für 2 Jahre verheiratet. Wir hatten uns aber bereits 1954 kennengelernt, als ich professioneller Musiker wurde. Ich habe viele Songs für Miriam Makeba geschrieben und eine Reihe ihrer Alben produziert. Vor allem mag ich das Album "Country Girl".

Worum geht es in dem Lied "Soweto Blues"?

In "Soweto Blues" geht es darum wie sie eine ganze Gruppe von Kindern niedergeschossen haben. Das war 1976 als ich gerade im Exil in Westafrika war. Ich hörte davon in den internationalen Presse und das hat mein Herz zerrissen. Da kam der Song aus mir heraus: "Soweto Blues".

Du hast ja auch mal mit Bob Marley gearbeitet...

Ich bin mit Bob Marley nie gemeinsam aufgetreten, aber immerhin spiele ich auf einem seiner ersten Alben mit. Weil ich damals meinen Freund Johnny Nash in Jamaika besucht hatte und er hat Bob Marley zu Beginn seiner Karriere unterstützt. Er sang damals Bob Marleys Komposition „Stir it up“. Damit hatte Johnny Nash den ersten internationalen Reggae-Hit überhaupt. ich lebte damals in New York, und wenn ich Johnny in Jamaika besuchen kam, dann trafen wir Bob Marley. Ich kenne ihn seit dieser Zeit und wir sind damals Freunde geworden. Eine weitere herzzerreißende Geschichte eines Freundes von mir, der verstorben ist.

Was hast du getan nach dem du die USA verlassen hast?

Ich lebte überall in Westafrika. Fela Kuti hatte mich eingeladen ihn in Nigeria besuchen zu kommen. Als ich die Staaten verließ. Ich hatte keine lust mehr Musik zu komponieren und meine Musik immer und immer wieder den amerikanischen Musikern erklären zu müssen. Aber ich konnte nicht nach Südafrika zurück gehen, weil ich in Südafrika eine Person non grata war und es gab ja Krieg in Simbabwe, Mosambik und Namibia. Es war also unmöglich in den Süden Afrikas zu fahren. Ich wollte aber mit afrikanischen Musikern zusammen spielen. Also ging ich erst nach Guinea, weil uns das Land neue Pässe angeboten hatte, denn unsere Pässe waren in Südafrika konfisziert worden. Von Guinea aus ging ich dann in den Kongo. Begab mich auf die Spuren von Franco und Tabu Ley. Und als ich da war, wohnte ich bei ihnen, ungefähr 10 Monate lang.

Wie kam es zu deinem Treffen mit Fela Kuti?


Fela - Vinyl Box Set 3 - Compiled by Brian Eno
Bild 2 vergrößern +

Fela - Vinyl Box Set 3 - Compiled by Brian Eno

Eines Tages schrieb ich Fela Kuti einen Brief. Wir beide hatten schon vor Jahren voneinander gehört. Ich hatte seine Adresse und ließ ihn wissen, dass ich eine afrikanische Band zusammenstellen möchte. Er antwortete mir: "Komm mich doch für einen Monat besuchen und danach gehe ich auf Tournee in Westafrika. Du kannst jeden Tag zusammen mit meiner Band proben. Wir spielen sechs Tage in der Woche und du wirst unser Gast sein". Also verbrachte ich den ganzen September 1973 bei Fela, in seinem Haus und in seinem ersten Shrine in Surulere. Ich schlief aber nicht bei ihm zu Hause, ich kam im Mainland Hotel unter.

Wie war die Tour mit Fela. Welche Kontakte hast du dabei geknüpft?

Als wir auf Tour gingen sagte Fela zu mir, dass es in jeder Stadt eine Band gibt, die die Show für uns eröffnen würde. Unser erster Stop war Accra in Ghana. Die Band dort hieß Hedzoleh Soundz und sie gefielen mir so gut, dass ich später bei ihnen blieb. Fela ermöglichte es uns in Nigeria meine Musik aufzunehmen, nachdem ich zwei Monate mit ihnen verbracht hatte. Das Album wurde in Amerika veröffentlicht und die Plattenfirma hat es geliebt. Also brachten sie uns nach Amerika. Ich nahm noch sechs weitere Alben mit dieser Band auf. Darunter waren einige meiner Hits wie "Stimela", "The Market Place" und "Am not Afraid". Fela und ich blieben gute Freunde bis zu seinem Tode.

Wie war es nach Südafrika zurückzukehren nach deinem jahrelangen Exil?

Für mich war die Rückkehr nach Südafrika einfach eine der besten Dinge, die in meinem Leben passieren konnten. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal zurückkehren würde. Als ich dann wieder in Südafrika war, befand ich mich in einem Terrain das mir gut bekannt war und die Musik mit der ich aufwuchs war überall. Ich konnte mit all diesen neuen fantastischen Musikern zusammen aufnehmen. Als ich aus dem Exil nach Südafrika zurück kam, ging ich mit zwei der größten lokalen Musikern zusammen auf Tournee. Darunter waren auch Bayete und Sakhile. Wir waren 4 Monate auf Tour in Südafrika.

Kennst du die aktuellen Stars aus Südafrika? Wie findest du ihre Musik?


Die südafrikanische Gruppe Mafikizolo bestehend aus Nontlantla Mafu (li) und Theo Patakaosinkwe (re) während eines Konzerts
Bild 3 vergrößern +

Mafikizolo

Wir trafen während der Tour auch auf junge Musiker wie etwa Thandiswa. Thandiswa war immer noch in der Highschool und auch Mafikizolo hatte sich noch nicht mal gegründet. Sie waren alle noch Schulkinder. Doch als sie in Südafrika Stars wurden arbeiteten wir mit den gleichen Plattenfirmen zusammen und so lernte wir uns kennen. Allerdings waren die 90er Jahre die letzte Goldene Ära Südafrikanischer Musik. Mit elektronischen Sounds und Hiphop war es vorbei mit der wahren Musik Südafrikas. Heutzutage ist dieser Sound tot.

Du arbeitest auch mit jüngeren Musikern zusammen. Gibt es da jemanden, der für dich besonders heraussticht?

Ich habe mit dem populären House-DJ Ralf Gum aus Deutschland zusammengearbeitet. Wir haben zwei Songs zusammen gemacht. In dem einen sage ich: Eigentlich ist jede Stadt heute überbevölkert. Es gibt keinen Platz mehr in der Stadt vor allem in Afrikas Metropolen. Aber die Leute strömen weiter in die Großstädte, in der Hoffnung auf ein Wunder. Stattdessen landen sie häufig in den Slums und in armen Vororten. Wenn du zum Beispiel ins Alexandra Township nach Johannesburg gehst, wo ich meine Jugend verbracht habe. Damals waren es grad mal 80 000 Leute als ich anfing Musik zu machen. Heute sind es eine Million im gleichen Gebiet. Jeder Tag sieht dort heute aus wie auf einem Festival, weil die Fläche einfach von Leuten überlaufen ist. in Nairobi in in dem Township Kibera ist es genau das gleiche. Oder auch in Lagos in Nigeria. Die Leute kommen in diese Städte, aber sie tun dort nichts. Das ist für sie frustrierend, und so kommt es zu Kriminalität. Es fiel mir leicht darüber ein Lied zu machen.


Stand: 21.08.2015, 11.59 Uhr