Der Soundtrack von... - Kamasi Washington: Epische Einflüsse
Kamasi Washington hat den Jazz quasi im Alleingang wieder hip gemacht. Der Saxofonist hat mit Kendrick Lamar, Snoop Dogg und Herbie Hancock kollaboriert. Und er ist Teil der Brainfeeder Crew um Flying Lotus. Seine Einflüsse reichen von Blue Note bis Gangsta Rap.
Kamasi Washington kommt aus dem kalifornischen Inglewood auf und fing im zarten Alter von 13 Jahren an, Saxofon zu spielen. Sein Vater Rickey Washington ist professioneller Saxofonist. Nach dem Musikethnologie-Studium an der Hamilton High School Academy of Performing Arts gründete er die Young Jazz Giants, in der auch Thundercat am Bass spielte.
Inzwischen ist er auf den Alben von HipHop-Größen zu hören - 2014 war er bei den Aufnahmen von Flying Lotus dabei. Und auch auf Kendrick Lamars wichtiger Platte „To Pimp A Butterfly“ ist er vertreten, u.a. mit seinen Streicherarrangements.
Auf seinem aktuellen Album "The Epic" erneuert er den Jazz mit Zitaten aus dem Funk und HipHop, aufgenommen mit einem 30-köpfigen Orchester.
Wer bist du?
Hey, hier ist Kamasi Washington. Ich bin Saxofonist und mein Album heißt "The Epic", erschienen auf Brainfeeder. Wie geht’s euch?
Was bedeutet dir Musik?
Musik ist eine universelle Form der Kommunikation. Mit Musik kann man vieles vermitteln: Eine Idee, ein Gefühl, eine Vision, eine Epoche - Unglaublich! Musik ist ein grundlegendes Element der menschlichen Existenz. Eine Kommunikationsform, der man sich nicht entziehen kann. Jeder spürt eine Verbindung zu Musik und jede Kultur hat eine eigene Klangwelt. Wenn ich für dich spiele, dann bekommst du auf jeden Fall meine Botschaft mit, auch wenn es dir nicht gleich bewusst ist.
Was ist für dich das Besondere an der Musik?
Ich kann dir erzählen, wie ich ein Mädchen getroffen habe und mich verliebt habe. Oder ich verarbeite dieses Gefühl in einem Lied. Dann kannst du nachempfinden, wie das für mich war. Du kennst das Gefühl vielleicht selber nicht, aber du merkst - das ist ein gutes Gefühl. Oder du denkst: Oh, ich kenne das.
Wann hast du das erste Mal Musik wahrgenommen?
Ich hatte immer ein Gefühl für Musik, schon in der Kirche. Du fühlst etwas ohne es zu verstehen. Die Kirche ist ein Ort, wo Kinder erwachsene Musik hören. Ich mache Musik, seit ich drei bin, vielleicht sogar jünger. Irgendwie war das immer da.
Wer hat dich zur Musik gebracht?
Meine Eltern sind Musiker. Mein Vater ist professioneller Musiker und spielt Querflöte. Meine Mutter spielt auch Querflöte. Mein Ur-Großvater hat Saxofon gespielt und mein Großvater hat in der Kirche gesungen.
Welche Platte hast du dir zuerst gekauft?
Ich habe mir "Straight Outta Compton" von NWA gekauft und habe das Album vor meinen Eltern versteckt. Denn sie wollten nicht, dass ich sowas höre. Ich bin in derselben Gegend aufgewachsen, meine Mutter ist aus Compton und ich bin in South Central LA aufgewachsen. Es war wie ein Soundtrack aus meiner Nachbarschaft. Wenn ich das Album höre werde ich nostalgisch und denke an diese Zeit zurück.
Wie stehst du heute zu NWA?
Ich weiß, es ist etwas widersprüchlich, doch als ich älter wurde, habe ich die Einstellung von NWA abgelehnt. Ich wollte so nicht sein, denn ich habe gesehen, wie zerstörerisch diese Lebensweise ist. Doch andererseits vermittelt diese Musik ein gewisses Gefühl. Ich lehne die Texte ab, aber ich fühle die Musik. Der Sound bewegt mich, denn NWA vermitteln darüber ihre Erfahrungen. Und das liebe ich daran - Es ist paradox.
Wie hat Art Blakey dich beeinflusst?
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Der US-amerikanischer Jazz-Schlagzeuger Art Blakey
Ich hatte einen älteren Cousin, der war so ne Art Vorbild für mich. Sein Vater hatte ein paar Jazzplatten und mein Cousin machte daraus Mixtapes. Er gab mir eines mit Stücken von Lee Morgan, Art Blakey und Wayne Shorter. Dann sagte er, ich solle mal in der Sammlung meines Vaters nachschauen, ob er nicht einige von diesen Platten hat. Und tatsächlich hatten wir Alben von Lee Morgan und Art Blakey zu Hause. Lustigerweise fanden meine Freunde und ich, dass Art Blakey das gleiche Gefühl wie NWA vermittelt. Deswegen mochten wir ihn. In den späten 80ern waren all diese Kids aus South Central LA Fans von Art Blakey. Eine zeitlang hörten den viele bei uns auf der Schule.
Wenn du eine Zeitmaschine hättest - zu welchem historischen Musikereignis würdest du reisen wollen?
Ich wäre gern dabei gewesen als John Coltrane “Transition” aufgenommen hat. Oder bei Woodstock beim Auftritt von Jimi Hendrix. Du hörst seine Freiheit, seinen Soul. Er ist eigentlich ein Blues-Gitarrist, aber er spielt keinen klassischen Blues. Viele verbinden mit ihm nur seine spektakulären Aktionen, wie z.B. als er seine Gitarre angezündet hat. Aber ich bewundere die subtilen Akzente in seinem Gitarrenspiel. Seine Musik steckt so voller Kraft, da ist dieser Geist von Freiheit.
Welcher Künstler oder welcher Song bringt dich zum Weinen?
Als ich zum ersten Mal "Transition" von John Coltrane gehört habe, musste ich weinen. Auch bei "The Lady Sings The Blues" von Billie Holiday. Eigentlich weine ich selten, aber manchmal kann Musik einen überwältigen.
Welche Platte hat dich zuletzt begeistert?
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Kendrick Lamar: To Pimp A Butterfly
Das Album von Kendrick Lamar ist wohl die wichtigste Platte des Jahres 2015. Das Album hat Tiefe. Normalerweise besteht jedes Musikstück aus den gleichen Elementen - mit unterschiedlichen Gewichtungen. Aber bei ihm hat jedes Element denselben Tiefgang. Und das macht das Album so facettenreich und allumfassend. Nachdenkliche Momente stehen neben banalen Texten. Da geht’s dann ums Partymachen. Es gibt unglaubliche Harmonien, coole Rhythmen und Strukturen. Du hörst den Einfluss von jedem beteiligten Musiker. Es ist eines der reichhaltigsten Alben, die ich je gehört habe.
Stand: 15.01.2016, 12.46 Uhr
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