Der Soundtrack von... - Marcos Valle : The Boy from Ipanema
Er gehört zur zweiten Generation der Bossa Nova-Stars. Im "Soundtrack von… - Marcos Valle" verrät uns der Brasilianer einige Kernepisoden seines bewegten Lebens. Wie er mit Sergio Mendes die USA in den 60ern eroberte, seine Zusammenarbeit mit Jazzlegende Sarah Vaughan, seine wichtigsten Alben und was DJs daraus gemacht haben.
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Marcos Valle
Marcos Kostenbader Valle wurde 1943 in Rio geboren und macht seit seinem vierten Lebensjahr Musik. Seine Großmutter eine brasilianische Klavierlehrerin, sein Großvater ein deutscher Immigrant. Dieser brasilianische Ausnahmekünstler blickt zurück auf eine über 50-jährige Musikkarriere und begeisterte immer wieder aufs Neue mit Elementen aus Soul, Funk und Brazilectro. Das alles weitgehend kombiniert mit Samba und vor allem Bossa Nova.
Im "Soundtrack von… - Marcos Valle" spricht Valle außerdem u.a. über die unzähligen Coverversionen seiner Welthymnen, von seinen Zukunftsplänen und über eine legendäre Auseinandersetzung mit Everybody‘s-Darling Marlon Brando.
Wer bist du und was bedeutet dir Musik?
Mein Name ist Marcos Kostenbader Valle. Der Name Kostenbader kommt von meinem Großvater, der war aus Deutschland. Musik ist die wichtigste Sache in meinem Leben, seit meinem vierten Lebensjahr. Schon bevor ich professioneller Musiker war. Bis heute gewinnt Musik täglich mehr an Bedeutung in meinem Leben.
Was ist deine erste Erinnerung an Musik?
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Ludwig van Beethoven
Meine erste musikalische Erinnerung verbinde ich mit Luiz Gonzaga und wie er auf dem Akkordeon "Baião" spielt. Und ich erinnere mich an meine Oma, die war Lehrerin für klassisches Klavier. Sie spielte Bach, Beethoven und Brahms und sagte: 'Das sind die drei großen Komponisten die es gibt.
Welche Platte hast du dir zuerst gekauft?
Bevor ich Alben gekauft habe, habe ich Vinylsingles gekauft. Die hatten eine A- und eine B-Seite. Die erste Single, die ich mir von meinem eigenen ersparten Geld gekauft habe, war von Benny Goodman und seiner Bigband.
Welcher Künstler lässt dich im Kopf woanders hinreisen?
Ich liebe es im Kopf zu verreisen, vor allem wenn ich mit dem Auto im Stau stecke. Dann höre ich klassische Musik. Ravel und Debussy machen mich überglücklich.
Welcher Künstler bringt dich zum Weinen?
Die Musik von Tom Jobim berührt mich sehr. Schon beim ersten Mal als ich ihn hörte war ich sehr berührt. Und bis heute bringt Jobim mich zum Weinen, nicht nur weil er schon von uns gegangen ist, sondern wegen all der Schönheit, die in seiner Musik steckt.
Wenn du eine Zeitmaschine hättest, zu welchem Musikereignis würdest du reisen?
Ich gehöre zur zweiten Bossa Nova-Generation, ich habe 1963 angefangen. Ich wäre gern bei dem legendären Bossa Nova-Konzert von 1962 in der New Yorker Carnegie Hall dabei gewesen. Es wird übrigens eine Wiederholung dieses Events geben und dieses Mal bin ich dabei. Aber dieses eine Konzert, das ein bisschen amateurhaft war, damit hat der Bossa Nova die USA erobert. Ich wäre so gerne dabei gewesen.
Erzähl uns von deiner ersten Begegnung mit Marlon Brando...
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Marlon Brando in "A Streetcar Named Desire"
Ich war zum ersten Mal in den USA, kurz bevor "Summer Samba" ein Hit wurde. Da landete ich auf einer Party in Hollywood, wo all die Stars auch waren. Es waren viele Musiker da. Henry Mancini, Johnny Mandel, Quincy Jones, Sergio Mendez und ich. Da stand ein Klavier auf dem jeder Mal etwas gespielt hat. Und daneben saß ein Typ der Bongos gespielt hat: Marlon Brando. Es klang schrecklich. Aber es war Marlon Brando, also haben sie ihn spielen lassen. Ich war da mit meiner ersten Frau, einer 18-jährigen, wunderschönen Brünette. Sie war Marlon Brandos Typ. Beim rausgehen hat er sie am Arm festgehalten und gesagt: 'Du bleibst heute bei mir.' Ich bin sofort auf ihn los und wollte mich mit ihm prügeln. Aber ein paar Leute haben mich zurückgehalten.
Wie hast du deine musikalische Laufbahn gestartet?
Der Beginn meiner Laufbahn, das war eine lustige Zeit. Ich hatte gerade meinen ersten Song "Sonho de Maria" mit dem Tamba Trio aufgenommen. Dann habe ich meine erste Platte "Samba de Mais" gemacht. Das brachte mir viele Preise ein, ich wurde immer bekannter. Damals hatte mich Sergio Mendes schon überredet mit ihm auf Tour zu gehen. Das Militär hatte sich gerade an die Macht geputscht, und wir machten uns auf den Weg in die USA. Sergio wollte, dass ich dort bei ihm bleibe, doch mich zog es nach Brasilien zurück. Die Tour mit Sergio Mendes war für mich eine tolle Erfahrung. Ein Jahr und zwei Monate spielten wir in verschiedenen Städten der USA. Ich habe sehr viel Bühnenerfahrung gesammelt, viele Künstler kennengelernt. Doch irgendwie wusste ich, ich gehöre nach Brasilien und musste dort weiter machen.
Welche Platten in deiner Laufbahn waren besonders wichtig?
Mein Debütalbum "Samba de Mais" ist vermutlich mein wichtigstes Album. Dafür habe ich auch viele Preise bekommen. Ehrlich gesagt mag ich fast alle meine Alben, aber es gibt natürlich ein paar besondere für mich. Zum Beispiel "Viola enluarada", eingespielt nach meiner Rückkehr nach Brasilien 1968, nach meinem Hit "Samba de Verão" in den USA. Dann ist da "Previsão do Tempo",das mir sehr gut gefällt, sowie das Album "O Garra". Ich mag auch das Album mit der amerikanischen Jäzz-Sängerin Stacey Kent, und mein vorletztes Album "Estática", das ich für Far Out Recordings gemacht habe. Der Produzent Daniel Maunick, Sohn des Bandleaders von Inkognito, hat es hier geschafft die Charakteristika meiner Musik zu unterstreichen. Alles was ich jemals gemacht habe, kommt hier zusammen.
Was planst du für die Zukunft?
Es kommen bald zwei neue Veröffentlichungen: Erstens eine DVD zu dem Album, das ich mit der amerikanischen Jäzz-Sängerin Stacey Kent gemacht habe. Die Aufnahmen sind aus dem New Yorker Jazzclub "Birdland" und aus dem Blue Note-Club in Tokyo. Die DVD ist sehr schön geworden und kommt diesen Monat in Brasilien und nächstes Jahr weltweit raus. Außerdem mach ich ein neues Album für Far Out Recordings sobald ich nach Brasilien zurückkehre. Auch das wird nächstes Jahr erscheinen. Mein Kopf ist schon ganz bei diesem Album.
Wie glaubst du hast du andere Musiker beeinflusst?
Ich habe über 500 Lieder geschrieben. Es ist toll so viele Aufnahmen gemacht zu haben. Nicht nur ich selber, auch andere Musiker haben meine Lieder aufgenommen. Zum Beispiel Sarah Vaughan und Dizzy Gillespie. Jeder interpretiert meine Musik anders. Und das ist großartig für den Komponisten.
Stimmt es, dass du Sarah Vaughan überredet hast ein Album mit brasilianischer Musik aufzunehmen?
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Sarah Vaughan
Ich habe Sarah Vaughan in L.A. getroffen, als sie gerade mit dem Album "Songs Of The Beatles" beschäftigt war. 'Lass uns doch das Lied "Something" aufnehmen', sagte sie zu mir. Eine Komposition von George Harrison. So haben wir uns angefreundet und später wollte sie auch meine Songs singen. Sie hat sich zwei Stücke von mir ausgesucht. Dann habe ich sie gefragt: 'Wieso nimmst du nicht ein ganzes Album mit Musik aus Brasilien auf?' Und die Idee hat ihr gefallen. Dann hat sie sogar zwei Platten mit Songs aus Brasilien aufgenommen.
In den 90ern wurden deine Lieder von vielen DJs wiederentdeckt und geremixt. Was glaubt du weshalb DJs so fasziniert sind von deinen Songs?
Ich denke, ich weiß warum junge DJs sich von meiner Musik angezogen fühlen. Denn in meiner Musik hört man eine Kombination aus Improvisationen, Harmonien und Rhythmen. Ein toller Groove. All diese Einflüsse haben den jungen Leuten gefallen. Also haben DJs in den 90ern angefangen meine Lieder im Club aufzulegen. Und haben Remixe angefertigt. Ich finde diese neue Herangehensweise toll. Denn es ist sehr rhythmisch. Meine Musik, kombiniert mit einem modernen Rhythmus. Das passt einfach.
Stand: 06.11.2015, 16.45 Uhr
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