Süpertunes - Alborosie | [dunkelbunt]: Dub-Meister und Electric Bluegrass
Der sizilianische Reggae-Star Alborosie und Dub-Legende King Jammy schrauben sich am Effektboard durch die sieben Königreiche in "Dub of Thrones". Der Wiener Produzent Dunkelbunt lädt mit "Mountain Jumper" zu einer Reise durch die Welt des elektronischen Bluegrass.
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Alborosie feat. King Jammy: Dub of Thrones
Alborosie meets King Jammy: Dub of Thrones (VP Msuic Group)
Die Dub-Technik, in den 70er Jahren in Jamaika entstanden, gilt als Prototyp vieler aktueller elektronischer Stile, von Dancehall bis Downbeat. Am Mischpult wurden Aufnahmen von Reggae-Songs auf das Wesentliche reduziert; Bass und Drums sind die wichtigsten Elemente, Bläser oder Gitarren werden nur spärlich eingesetzt. King Jammy ist Revolutionär dieses Stils, er ist der Produzent des ersten digitalen Reggae-Riddims - dem Sleng Teng - dessen Melodie er in den 80ern dem Preset eines frühen Digital-Keyboards entliehen hatte. Gemeinsam mit dem in Jamaika lebenden Sizilianer Alborosie schraubt sich der 68-Jährige Veteran auf "Dub of Thrones" mit üppigem Einsatz von Echos und Hallfahnen durch die Welt der sieben Königreiche.
A Winter of Dub
Alle Song-Titel des Albums greifen Themen der erfolgreichen US-amerikanischen Serie auf. "Dub of Ice And Fire", "Dragon Fire Dub", "Dub The Seven Kingdoms". Auf dem Cover sind Alborosie und King Jammy abgebildet, beide sitzen auf dem eisernen Thron. Allerdings ist dieser nicht mit Schwertern, sondern dem typischen Besteck eines Dub-Produzenten verziert; Gitarren, Effektgeräte, Synthesizer, Mischpulte und massive Lautsprecher. Musikalisch spielt das "Game of Thrones"-Thema keine erkennbare Rolle. King Jammy und Alborosie halten sich hier an eine alte Dub-Tradition. Schon die Pioniere dieses Stils wählten in den 70ern Science Fiction- oder Fantasy-Themen, um einen thematischen Rahmen um ihre mäandernden, in Delays zerfließenden Soundwelten zu stricken.
Lehrling und Meister
Alborosie lebt schon seit vielen Jahren auf Jamaika, der 37-Jährige Sänger und Produzent entschloss sich Anfang des Jahrtausends - zum Start seiner Solo-Karriere - ins Mutterland der Offbeats zu ziehen. Heute zeigt er sich als begeisterter Fan von Vintage-Equipment aller Art. In seinem Shengen-Studio sammelt er alte Instrumente und Gerätschaften, eines seiner liebsten Stücke ist das Helios-Mischpult, mit dem Bob Marley Mitte der Siebziger seine Hits aufgenommen hat. Für ihn war es ein Herzenswunsch, King Jammy zum Dub-Clash herauszufordern. Abwechselnd spielen sich die beiden Protagonisten die Bälle zu. Bis auf den letzten Song, in dem Errol Dunkley am Mikrofon steht, ist "Dub of Thrones" ganz standesgemäß ein rein instrumentales Album. Wer Dub liebt, wird dieses Album lieben. Es drückt, es schiebt, wummert und hallt. Sounds, die langsam in der Sonne zerfließen und jeden Zuhörer nicht nur bei den aktuellen Temperaturen sofort in den Leguan-Modus zurückschalten lassen.
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[dunkelbunt]: Mountain Jumper
[dunkelbunt]: Mountain Jumper (Poets Club Records)
Von Wien ist Ulf Lindemann alias Dunkelbunt in den 00er Jahren zu einem Spielführer der elektronischen Balkan-Szene geworden. Auf "Mountain Jumper", seinem neunten Studio-Album, verliert er sich vornehmlich in von US-amerikanischem Folk dominierten Klangwelten. Bluegrass und Country sind das bestimmende Element, gewürzt mit Ausflügen in andere musikalische Regionen
Vom Osten zum Westen
Bereits siebenmal ist Dunkelbunt mit den Sounds des europäischen Osten im Gepäck durch Nordamerika getourt, dieser Einfluss macht sich deutlich auf "Mountain Jumper" bemerkbar. "Die Essenz des Albums ist in den Gründerjahren der Vereinigten Staaten von Amerika zu finden", so Lindemann selbst. Country, Bluegrass, Banjos und Slide-Gitarren geben den Ton an, verknüpft mit Dunkelbunts charakteristischem elektronischen Beatgerüst sind sie einerseits sofort wiederkennbar, andererseits erweitern sie das Koordinatensystem des Dunkelbuntschen Sounduniversums. Ulf Lindemann ist ein Suchender, nicht nur musikalisch ständig auf der Pirsch nach neuen Klängen. "Mountain Jumper" ist sein auditives Reisetagebuch, manche Stücke sind auf Hawaii entstanden, andere in L.A. oder Andalusien, wie das von Bouzouki-Sounds bestimmte "Ich grill mit Dir die Abendsonne". Immer wieder - und das ist ein Faden, der sich durch fast alle seine Werke zieht - werden Feldaufnahmen von seinen Reisen eingestreut: Wasserrauschen und -plätschern, Vogelschwärme und gurrende Tauben geben den passenden Rahmen für Dunkelbunts organische Grooves.
Die elektronische Handschrift
"Mountain Jumper" ist ein Album, das US-amerikanische Folk-Musik als Basis nimmt und gleichzeitig weit darüber hinausgeht. Schwedische Volkslieder wie "Varvinda Friska" werden zu Reggae-Nummern umgebaut. Budapester Bands werden von Dunkelbunt geremixt und mit deutschen Lyrics versehen. Der deutsche Sprechgesangskünstler MC Alix aus Berlin ist dabei Lindemanns liebster Partner am Mikrofon. Andere Kooperationspartner sind der italienische Produzent DJ Farrapo und der serbische MC Killo Killo.
Mit "N.D.W." - was nicht etwa für "Neue Deutsche Welle", sondern für "Nathan der Weise" steht - bringt Dunkelbunt einen Song auf "Mountain Jumper" unter, den er bereits vor 16 Jahren geschrieben hat. Vom Londoner Acid Jazz beeinflusst, erinnert "N.D.W." an die Musik von Downbeat-Heroen wie Nightmares on Wax. Wer so viel unterschiedliches Material verwebt, gerät leicht in die Gefahr, beliebig zu werden. Lindemann umschifft das durch seine höchsteigene Produktionsweise. Es ist wie bei einem lang bekannten Drummer oder Gitarristen. Dunkelbunt verfügt er über ein unverwechselbare Art, seine Beats zu spielen und zu programmieren und hinterlässt so in jeder Stilistik seine persönliche Note.
Stand: 03.07.2015, 07.00 Uhr
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