Süpertunes - Georgia | Sacri Cuori : Lo-Fi-Eklektizismus & Spaghetti-Western-Nostalgie
Georgia kombiniert auf ihrem Debütalbum eine eklektische Auswahl an Gegenwartspop mit Lo-Fi-Ästhetik. Sacri Cuori sehnen sich in das Italien der großen Spaghetti-Western zurück.
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Georgia: "Georgia"
Georgia: Georgia (Domino)
"Georgia" von Georgia - was nach einem Parfum klingt, ist in Wirklichkeit das Debütaltbum eines 25-jährigen Multitalents aus London. Georgia Barnes, so ihr bürgerlicher Name, hat Musik studiert und im Rough-Trade-Plattenladen hinter dem Tresen gearbeitet. Dort hat sie einige Musiker kennengelernt, zum Beispiel, die Lo-Fi-Avantgardistin Micachu oder Spoken-Word-Rapperin Kate Tempest, in deren Liveband sie Schlagzeug spielt. Jetzt hat sie ihr Debütalbum veröffentlicht, auf dem sie alle Instrumente selbst gespielt hat. Herausgekommen sind dabei zwölf unterschiedliche Songs.
Drei Minuten im Mikrokosmos
Diese Vielseitigkeit ist das Markenzeichen von Georgias Debütalbum. Auf dem Opener "Kombine" bringt sie Trap-Drums, die roughen, schrillen Synthesizer von Grime und verzerrten Riot-Grrl-Gesang zusammen. Und angeblich ist das alles von einem pakistanischen Qawwali-Stück inspiriert, das sie einem Taxifahrer auf einer Fahrt nach Hause abgeschwatzt hat. "Kombine" ist ein dreieinhalb Minuten langer Mikrokosmos der Popmetropole London.
DIY vs. Retro
Georgia gehört zu einer Generation von Musikern, die damit aufgewachsen ist, dass ihnen die komplette Musikgeschichte komplett zur Verfügung steht. Popkritiker wie Simon Reynolds haben diese Verfügbarkeit für den allgegenwärtigen Retro-Sound verantwortlich gemacht. Georgia verneint ihre Einflüsse nicht, versucht aber, ihnen eine eigene Soundästhetik zu geben: digital, etwas harsch und mit sehr viel Lo-Fi und DIY-Spirit. Ein Debütalbum, das neugierig auf den Nachfolger macht.
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Sacri Cuori: "Delone"
Sacri Cuori: Delone (Glitterbeat)
Delone, der Titelheld dieses Albums, ist ein Exilant. Irgendwann hat er Italien verlassen, jetzt kehrt er zurück und wird nostalgisch. Das Album "Delone" ist der Soundtrack zu dieser Nostalgie, eine Zeitreise in das Italien der Spaghetti Western und Giallo-Horrorfilme und der großen Filmkomponisten Ennio Morricone und Nino Rota.
Eine imaginäre Filmmusik zu produzieren, ist leicht für Sacri Cuori. Das Vorgängeralbum von "Delone" war der Soundtrack für den Film "Zoran", der beim Filmfestival von Venedig 2013 den Publikumspreis gewonnen hat. Auch damals pendelten sie zwischen E-Musik und avantgardistischem Pop. Auf "Delone" haben sie diese Tendenz noch verstärkt und mit der Psychedelic-Cumbia-Band Sonido Gallo Negro und dem Gitarristen Marc Ribot passende Mitstreiter gefunden. Ein postmoderner Schachzug ist die Verpflichtung der Sängerin Carla Lippis aus Australien. Sie spielt dort in einem psychedelischen Cabaret und wird von Sacri Cuori als verschollene italienische Diva eingeführt.
"Delone" benutzt die Nostalgie als intellektuelles Werkzeug
Musik, mit der man auch auch einen Western anfangen würde, man hört den Colt schon qualmen. "Delone" reist zurück in die Zeit der großen Filmkomponisten wie etwa Ennio Morricone oder Nino Rota. Und damit diese Zeitreise stimmig ist, haben Sacri Cuori sich eine Reihe von Gastmusikern eingeladen: die mexikanische Psychedelic-Cumbia-Band Sonido Gallo Negro etwa, der New Yorker Gitarrist Marc Ribot und die Sängerin Carla Lippis aus Australien, die dort eine Art psychedelische Cabaret-Musik aufführt. Alles Leute, die selbst große Fans von Morricone sind und wie dieser selbst zwischen E-Musik und avantgardistischem Pop pendeln.
Auf "Delone" wird die Nostalgie zu einer Kritik der Gegenwart. Weil die Hauptfigur sein Italien nach 20 Jahren Berlusconi nicht mehr wiedererkennt, sehnt er sich in die Blütezeit der italienischen Popkultur in den 60er- und 70er-Jahren zurück - eine Zeit, in der ein Spaghetti-Western ein Zeichen der Avantgarde sein konnte.
Stand: 20.08.2015, 14.00 Uhr
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