Süpertunes - Tom Fire | DâM-FunK Akustische Abrüstung und Verspulter Psychedelic-Funk

Von Christian Werthschulte

Tom Fire frönt dem Reggae und weiß, dass weniger manchmal einfach mehr ist. DâM-FunK verfeinert den Funk mit psychedelisch-verspulten Synthiesounds.


Tom Fire

Tom Fire: Low Fidelity (Chapter Two)

Tom Fire vereint viele Eigenschaften in einer Person. Er ist Vollblutmusiker, der viele Instrumente spielen kann und in seiner Heimat Paris ein gefragter Produzent ist. Und er ist ein Studiotüftler, der auf seinem zweiten Album "Low Fidelity" verspielten digitalen Reggae mit Computerspielsounds produziert. Dazu hat er sich einige Stars ans Mikrofon geholt: Flavia Coelho aus Brasilien ist dabei, ebenso die kanadisch-haitianische Sängerin Melissa Laveaux, Reggae-Sänger Winston McAnuff und Soom T, ein weiblicher Dancehall MC aus Glasgow.

Auf "Low Fidelity" frönt Tom Fire seiner großen Teenager-Liebe, dem Reggae. Mal reichert er ihn mit Dub-Anleihen an, mal mit Electronica-Melodien und mal mit einem lupenreinen Drop. Trotzdem tritt er nicht im Wettbewerb um die fettesten Beats an, wie es etwa Major Lazer tun, die auf eine ähnliche Weise Dancefloor-Beats und Reggae verbinden, aber bei denen die Bässe doch recht prollig daherwummern. Tom Fire betreibt dagegen akustische Abrüstung - als alter Reggae-Nerd hat er die wichtigste Tugend jamaikanischer Musik verinnerlicht: Weniger ist eigentlich immer mehr.

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DâM-FunK: Invite the Light (Stones Throw)

Es gibt ein Gerücht, dass Damon Riddick sein Pseudonym DâM-FunK mal in "Damn Funk" unbenennen wollte, weil es die meisten Menschen falsch aussprechen. Wer könnte es ihnen verdenken? Was der Producer aus LA auf seinem fünften Album "Invite the Light" abliefert, ist ja auch wirklich verdammt funky: ein trockener Bass, spacige Keyboards und Synthesizer, dazu dann dieser Gesang - irgendwie aus dem Nirgendwo kommend, aber dabei auch flehend-sexy. Mit dabei sind einige Hochkaräter unter den musikalischen Features: etwa Snoop Doog, Q-Tip von A Tribe Called Quest und Flea, der Bassist der Red Hot Chili Peppers.

Der Keyboard-Nerd aus dem Himmel für HipHop-Nerds

Solche Gastauftritte fallen natürlich nicht vom Himmel, sondern zollen Respekt an den Platten- und Keyboard-Sammler DâM-FunK. Er veröffentlicht auf dem Label Stones Throw, ebenfalls aus LA. Das ist eine Art Gütesiegel für HipHop-Nerds: sehr geschichtsbewusst mit sehr viel Plattensammlerwissen. DâM-FunK ist der Keyboard-Nerd des Labels, der sich vor allem für die Synthesizer-Sounds alter Platten interessiert: P-Funk der 70er, New Wave der 80er und den G-Funk der 90er, also Genres, bei denen die Synthesizer schön künstlich im Vordergrund stehen. Das sieht man auch an seinen Liveshows: Der Höhepunkt ist dann erreicht, wenn er sich eine Keytar umschnallt und darauf ein Solo spielt.

Spaß am Jammen auf dem Lande

Trotz des Faibles für alte Synthesizer ist "Invite the Light" aber kein Retro-Album. Auf dem Stück "Virtuous Progressions" etwa singt Nite Jewel über Instrumentalspuren, deren Bestandteile nicht wirklich neu sind: ein verhallter Gesang, P-Funk-Keyboards und ein klassischer Bass. Aber gleichzeitig klingt es nicht wie Musik von früher, sondern hat eine eigene Qualität: ein bisschen psychedelisch, ein bisschen neben der Spur, aber immer funky und sehr hypnotisch. So etwas muss man erstmal hinbekommen.


Stand: 04.09.2015, 09.00 Uhr