Musik - Elis Regina zum 70. Geburtstag Brasilianischer Wirbelsturm

"Bossa war cool, aber Elis war heiß", so Caetano Veloso über die brasilianische Sängerin. Elis Regina ist in ihrer Heimat eine Ikone. Sie mischte die Szene auf und legte sich mit der Militärregierung an. Dieses Jahr wäre sie 70 Jahre alt geworden.


Elis Regina: Como & Porque
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Elis Regina


Elis Regina steht für eine selbstbewusste brasilianische Popmusik, abseits aller Klischees von Samba, Karneval und Bossa Nova. In Brasilien wurden Straßen, Plätze und Hallen nach ihr benannt, hier kennt man sie eher weniger. Obwohl sie neben ihrem immensen Gesangstalent, auch noch die Ausstrahlung, das Aussehen und den Ehrgeiz dazu gehabt hätte, ist ihr der Sprung zu einer internationalen Karriere nie geglückt.

Bestbezahlte Sängerin Brasiliens

Geboren wurde Elis Regina am 17.03.1945 in Porto Alegre. Sie wuchs in eher armen Verhältnissen auf und schaffte es sich zur bestbezahlte brasilianischen Sängerin hochzuarbeiten. Den Durchbruch brachte ihr 1966 die TV-Musikshow "O Fino da Bossa". Sie machte sie mit 21 Jahren in Brasilien zum Star. Danach gelang ihr eine lange Karriere, die bis zu ihrem Tod keinen ernsthaften Knick hatte. Die Nachricht von ihrem Tod schockierte am 19. Januar 1982 ganz Brasilien. Als Ursache wurde eine Kombination aus Alkohol, Kokain und Schlaftabletten ermittelt. Auf ihrer Beerdigung in Sao Paulo verabschiedeten sich über 100.000 Brasilianer von ihr. Auch ihre drei Kinder wurden Musiker. Ihre Tochter Maria Rita führt ihr Erbe am erfolgreichsten fort.

Wegbereiterin der MPB

Musikalisch verstand sie es, sich musikalisch immer wieder neu zu erfinden. So mixt sie auf ihren Platten Funk, Soul, Rock, Folk, Jazz und später Disco mit brasilianischer Rhythmik und Emotionalität und war eine Wegbereiterin der MPB, der Musica Popular Brasileira. Zu Beginn ihrer Laufbahn stand die brasilianische Musik noch ganz unter dem Einfluss von Bossa Nova. Dieser passte aber nicht ideal zu ihrer kraftvollen, emotionsgeladenen Stimme. Ihre Hauptstärke waren rhythmische Uptempo Stücke, in denen sie ihre Stimme ausleben konnte. Caetano Veloso, der sie in den sechziger Jahren in ihren TV-Shows gesehen hatte, bemerkte später dazu: "Es war wie ein Schock. Bossa war cool, aber Elis war heiß".

Die Besten schrieben für sie

Elis Regina war als reine Interpretin und auf die Songs anderer Musiker angewiesen. Gute Stücke zu bekommen war aber für sie keine Schwierigkeit, denn die besten Songwriter Brasiliens standen quasi Schlange, um ein, zwei Songs auf ein Elis-Album zu bekommen. Schon früh sang sie Stücke von damals noch kaum bekannten Musikern wie Gilberto Gil, Caetano Veloso und Milton Nascimento. Wichtig war für sie, dass sie sich diese Songs mit ihrer intensiven Emotionalität komplett zu eigen machen konnte.

Mit der Militärdiktatur angelegt


Im Lauf ihrer Karriere entwickelte Elis Regina zunehmend ein politisches Bewusstsein und machte auch in ihrer Musik oft klar, wo im Brasilien unter der Militärdiktatur ihre Sympathien lagen. Sie sang daher oft Songs von Chico Buarque, Milton Nascimento, Caetano Veloso, Gilberto Gil oder Joao Bosco, die in vielen ihrer Stücke auch Kritik äußerten. Es waren aber nicht diese Lieder, die sie mit der Militärregierung in Konflikt brachten. Auf ihrer ersten Europatournee 1969 sagte sie in einem Interview, dass Brasilien von Guerillas regiert werde. Nur ihr Status als bekannteste Sängerin des Landes schützte sie vor direkten Konsequenzen. Man stellte sie vor die Wahl, entweder ins Gefängnis zu gehen oder bei der nächsten Jahresfeier der Machtübernahme die Nationalhymne zu singen. Mit Rücksicht auf ihren kleinen Sohn Joao willigte sie ein. Viele Oppositionelle, die den Hintergrund dieser Erpressung nicht kannten, nahmen ihr das übel. Ein mutiges Zeichen setzte sie 1979, als sie den Song "O Bêbado E A Equilibrista" aufnahm, der ziemlich offen die Hoffnung auf eine Veränderung der politischen Verhältnisse aussprach. Der Song wurde in Brasilien fast zur Hymne.

Frei bestimmte Karriere

Elis Regina hatte alles was man heute als Powerfrau bezeichnen würde. Sie schaffte es schon in den siebziger Jahren über ihre Karriere frei bestimmen zu können. Im damals von Männern dominierten Musikgeschäft, in dem Manager und Produzenten darüber entschieden wie die Karriere einer Sängerin auszusehen hatte, eine Seltenheit. Ein ungewöhnlicher Schritt war es auch, dass sie 1975 ihre eigene Produktionsfirma gründete. Den Anspruch, als Musikerin nicht mehr Spielball von Plattenfirmen und Managern sein zu wollen, beschränkte sie aber nicht nur auf sich selbst. Als 1978 die erste brasilianische Musikergewerkschaft gegründet wurde, war sie nicht nur daran beteiligt, sondern wurde auch ihre erste Präsidentin.

Temperamentvoller Wirbelsturm

"Furacao" (Wirbelsturm) und "Pimentinha" (kleiner Pfeffer) waren die zwei Spitznamen, die Elis Regina von Freunden bekommen hatte. Und sie spiegeln wider, dass das ungebremste Temperament, mit dem sie sang, auch ein fester Teil ihrer Persönlichkeit war, der viele Menschen in ihrem Umfeld zuweilen wie ein Wirbelsturm überrollen konnte. Affären hatte sie viele und ihre zwei Ehen waren turbulent. Sie lebte die 36 Jahre ihres Lebens mit großer Intensität.


Stand: 17.03.2015, 06.00 Uhr