50 Jahre Watts-Riots: Das Aufbegehren einer Generation
Am 11. August 1965 hat ein Aufstand in dem im Süden von Los Angeles gelegenen Stadtteil Watts die USA tagelang in Atmen gehalten. Die Rebellion von Watts muss in den historischen Kontext zwischen Black Power, Vietnamkriegsprotesten und Jugendrevolte eingeordnet werden.
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Schwere Rassenunruhen in Los Angeles 1965
Der Aufstand hat mit einer routinemäßigen Verkehrskontrolle angefangen: in der brühenden Hitze und dem schmelzenden Asphalt des riesigen South Central Highways von Los Angeles. Polizeibeamte stellen angeblich Trunkenheit am Steuer bei dem 21 Jährigen Marquette Frye fest. Ihm werden die Handschellen angelegt, er soll mit auf das Revier kommen. Und da eskaliert die Situation. In Watts kommt es zu einem Spontanen Aufstand. Sechs Tage lang liefern sich größtenteils Jugendliche eine Schlacht mit den Ordnungskräften. 14.000 Soldaten der Nationalgarde und sogar Panzer werden im Kampf gegen die Steinewerfer eingesetzt, um das Viertel wieder unter staatliche Kontrolle zu bekommen. Am Ende steht eine traurige Bilanz: 32 Tote, davon 27 Schwarze, mehr als 800 Verwundete und 3000 Festnahmen.
Black Power
Vordergründig geht es ganz klar um eine Rebellion gegen die Los Angeles Police und die vorwiegend weißen Polizisten - genau die sind vor allem bei den schwarzen Jugendlichen verhasst. Die Polizeibeamten haben in Watts als eine eiserne Besatzungsmacht agiert: rassistische Willkür, Schikane und Kontrollen sind Alltag für die Bewohner von Watts. 99% der Bevölkerung sind Afroamerikaner und Viele waren zu der Zeit sehr inspiriert von der Black-Power-Bewegung. Die Bürgerrechtsbewegung hatte gerade ein Jahr zuvor die Aufhebung der Rassentrennung erkämpft - der Civil-Rights-Act. Kurz zuvor, im März 1965, haben die Selma-Märsche stattgefunden - da ging es um die Erkämpfung des De-Facto-Wahlrechts für Schwarze in den Südstaaten und gegen die rassistischen Jim-Crow-Gesetze. Aber es gab innerhalb der Bewegung auch viele Spannungen und Konflikte.
Das ist eine Revolte!
Es gab verschiedene Strömungen innerhalb der Bürgerrechtsbewegung. Eine klare Trennlinie war die Frage der Gewalt. Martin Luther King stand für den Dialog und gewaltfreien Widerstand – auf der anderen Seite Malcom X und später ab 1966 die Black Panthers. Malcom X wurde nur vier Monate zuvor am 21. Februar ermordet – und mit den Riots schienen sich seine Worte zu bewahrheiten: "Wir sind nicht mehr gewaltfrei mit Menschen, die Gewalt gegen uns anwenden."
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Malcolm X
Aber, die Aufständischen von Watts waren auch keine Anhänger von Malcom X. Sie haben sich von keinem Vertreter der Bürgerrechtsbewegung etwas sagen lassen. Martin Luther King wollte beispielsweise während der Unruhen zwischen Jugendlichen und der kalifornischen Regierung vermitteln. Nachdem das misslungen ist, erklärt er kurze Zeit später: "Man kann bei Watts nicht von einem Konflikt um Rassismus sprechen, sondern von Klassenkampf”. Die meisten Vertreter der Bürgerrechtsbewegung haben die Aufständischen von Watts scharf kritisiert und verurteilt: Riots seien nicht im Interesse der Bewegung der Afroamerikaner. Aber vor allem die Jüngeren haben das nicht akzeptiert und viele fortan den Begriff "Riot", also Randale oder Aufruhr, abgelehnt, sondern von einer Revolte gegen das Establishment gesprochen. Damit waren zum Teil auch die Leute in den eigenen Reihen gemeint.
Wir wollen alles
Zwar war rassistische Polizeigewalt der Startpunkt und Auslöser der Watts-Revolte, aber man muss das ganze im Kontext der Zeit lesen. Die Gesellschaftsordnung, die im monotonen Fließbandtakt das ganze Leben bestimmt, gerät in die Krise: Eintönige Jobs mit der Aussicht auf eine bescheidene Rente. Und dazu ein farbloses Leben. Frauen sollen am Herd bleiben, Rassismus beherrscht die Köpfe der politischen Institutionen, eine prüde Sexmoral kontrolliert die Betten und Homosexualität ist strafbar. Eine Zwangsjacke für junge Menschen. Dazu tobt draußen der Vietnamkrieg, der immer mehr in die Kritik gerät. Ob Frauen- und Studentenbewegung, Freak und Hippie-Kultur, Black Power oder Jugendrevolte: 1965 befand sich praktisch eine ganze Generation im Aufbegehren. Die Rebellen von Watts haben sich dieser Anti-Establishment-Haltung angeschlossen.
Stand: 10.08.2015, 16.12 Uhr
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