CD der Woche - The Cure Rasta don't cry

Von Ellen Köhlings

Jah Cure ist eine bedeutende Stimme im modernen Roots Reggae. Mit "The Cure" möchte der 36-jährige Jamaikaner seinen Sound einem neuen Publikum vorstellen und bindet Einflüsse aus Soul, Rock und Funk ein. Erstmals zeichnet er auch komplett für die Produktion verantwortlich.


Jah Cure: The Cure
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Jah Cure: The Cure

Als wir Jah Cure im Kingstoner Big Yard Studio treffen, wo unter anderem Shaggys Erfolgsalben entstanden sind, ist er herzlich wie immer und euphorisch wie ein kleines Kind an Weihnachten. Er kann es kaum erwarten, uns sein neues Werk von "The Cure" vorzuspielen. Wir werden von dem bombastischen Sound in die Ledersitze seines Landrovers gedrückt, wo wir in den Genuss einer Listening Session auf Rädern kommen.

Nichts für Puristen

Anschwellende Drums, als Echolot eingesetzte Pianotupfer und dick aufgetragene Synth-Flächen erzeugen Spannung wie der Theme Song einer besseren Tatort-Folge. Dazu presst der Sänger heraus, was seine Stimme an Pathos hergibt. Eine ausgedehnte Instrumentalpassage mit endlos dudelnden Keyboards treiben den Song auf unbekanntes Terrain irgendwo zwischen Prog Rock und amerikanischen Middle-of-the-Road-Bands wie Starship und Rush. Puristen werden auf die Probe gestellt. Erst als eine funky Offbeat-Gitarre und ein dominanter Bass einsetzt, bekommt der Tune "I Surrender" seine nötige Reggae-Erdung.

Vergangenheitsbewältigung

Wenn Jah Cure im erwähnten Song zu seinem Lamento ansetzt, treibt einem allein seine raue wie zerbrechlich klingende Stimme Tränen in die Augen. "Schaut was ich durchmachen musste, ich habe meinen Preis doppelt bezahlt. Warum wollen sie immer noch etwas von mir? Sie machen Überstunden, nur um mich untergehen zu sehen", heißt es zu Beginn von "I Surrender". Diese Textzeilen lassen sich sowohl auf seine Zeit im Gefängnis, als auch auf seine Erfahrungen im Musikgeschäft nach seiner Entlassung beziehen. Im April 1999 wurde der damals hoffnungsvolle Newcomer zu 15 Jahren Haft verurteilt. Die Anklage: Vergewaltigung und unerlaubter Waffenbesitz. Jah Cure beteuert bis heute seine Unschuld. 2007 wurde er wegen guter Führung entlassen. Heute lebt er mit seiner Frau und Tochter in Kingston. Seine Zeit im Gefängnis hat er genutzt. Es erschienen Alben und Songs, die hinter Gittern entstanden waren. Davon schafften es einige an die Spitze der jamaikanischen Charts. Wieder auf freiem Fuß waren es zwielichtige Plattenfirmen, die sich an seinem Material bereicherten.

Zukunftsweisend

Jetzt hat Jah Cure die Kontrolle, er hat sein neues sein Album fast im Alleingang produziert. Sein Ziel ist es, mit "The Cure" die oft eng gesteckten Genre-Grenzen zu überwinden. Dafür setzt er andere Musikstile wie Funk, Rock, Pop und Soul ein, erinnert an Reggae-Bands wie Third World und Aswad, die mit poppigen Reggae-Varianten ein weltweites Publikum erreichten. Dabei ist es Jah Cure gelungen - und das liegt auch an seiner leidenden wie leidenschaftlichen Stimme - sich diese Stile einzuverleiben und so klingen zu lassen, als seien sie schon immer Teil von Reggae gewesen. Pop Reggae at its best!


Stand: 31.08.2015, 00.00 Uhr