Der Soundtrack von... - Egyptian Lover: Der Beat der Pharaonen
DJ, Produzent und MC - Egyptian Lover ist ein Meister an der TR 808 und einer der Pioniere von Old School Electro. In unserem musikalischen Steckbrief erzählt er über die frühen Tage des Westküstenhiphop mit Ice-T und N.W.A. und den Einfluss von Kraftwerk.
Egyptian Lover aka Greg Broussard wurde 1963 in Los Angeles geboren. Seit den frühen 80ern ist er eine feste Größe in der HipHop-Szene der West Coast.
Angefangen aufzulegen hat er Ende der 70er Jahre in der Highschool und nahm früh Mixtapes mit eigenen Raps für seine Mitschüler auf. Kurze Zeit später wurde er DJ bei der L.A.-HipHop-Crew Uncle Jamm’s Army.
In der pulsierenden HipHop-Szene von L.A. lernte er Dr. Dre und DJ Yella kennen, die später ein Teil von N.W.A. wurden. Egyptian Lover erzählt von seiner ersten Begegnung mit Ice-T und einer Tour mit M.I.A..
Wie kein zweiter beherrscht der Egyptian Lover die TR 808, eine Drum Machine, die maßgeblich an der Entstehung von HipHop, Electro und House beteiligt war.
Außerdem erzählt uns der HipHop-Pionier im "Soundtrack von… - Egyptian Lover" wie sein Megahit "Egypt Egypt" entstand, wie er Afrika Islam kennenlernte und wie groß der Einfluss von Kraftwerk war.
Wer bist du?
Ich bin Egyptian Lover aus Los Angeles. Zu Beginn war ich DJ, Anfang der 80er Jahre. Musik ist mein Ein und Alles. Ich habe in der Highschool angefangen aufzulegen. Das war so 1978/79. Dann kam "Rappers Delight" raus und ich hab abgefangen Mixtapes für meine Mitschüler aufzunehmen. Die wollten darauf viel Rap haben, doch es gab damals kaum Rap-Platten. Also legte ich ein instrumentales Stück auf und rappte darüber. Und die Leute kauften die Kassetten wie verrückt, ich wurde zu einer lokalen Berühmtheit. Jetzt 30 Jahre danach, mache ich immer noch das gleiche.
Woher kommt der Name Egyptian Lover?
Der Name Egyptian Lover ist aus meiner Kindheit. Wir hatten damals alle Gangster Namen. Es gab z.B. einen Typen, der hieß Two Fist. Der hat sich andauernd geprügelt. Ein anderer hieß Twenty Two, denn er lief mit einer Knarre Kaliber 22 herum und ballerte gerne um sich. Ich wollte aber eher ein Lover sein. Ich verehrte damals den Schauspieler Rudolph Valentino. Der spielte den Liebhaber in dem Film "Der Scheich". Daher kommt der ägyptische Teil. Ich wollte der Egyptian Lover sein und Liebe machen.
Was ist deine erste schöne Erinnerung an Musik?
Meine ersten Erinnerungen an Musik verbinde ich mit meinen älteren Geschwistern. Sie gingen immer in Plattenläden und spielten ihre Scheiben zu Hause rauf und runter. Meine Eltern taten das auch. So verliebte ich mich in Musik. Eines Tages fragte mich mein ältester Bruder ob ich auch eine Platte haben möchte. Ich sagte: 'Na Klar!' Ich gab ihm Geld, damit er mir die neue Single von den Chi Lites kauft. Das war meine erste Platte "Letters To Myself".
Du hast damals auch mit Ice-T gearbeitet. Wie kam es dazu?
Ich habe früher im Club Radio die 808 gespielt. Und ich produzierte auch Beats für eine Dokumentation über Club Radio, die hieß "Breakin' and Enterin'". Dazu hat Ice-T dann live gerappt. Von diesen Beats haben wir nur 25 Platten gepresst, sie sind jetzt sehr begehrt, denn alle lieben diese Beats. Es waren einfach verrückte Beats aus der 808. Ich und The Glove haben dazu gescratcht. Ice-T war einfach ein netter Typ, mit dem man abhängen und Spaß haben konnte. Aber er war schon damals sehr ambitioniert und wollte sich immer weiter entwickeln. Wir, die DJs, haben gar nicht so weit gedacht. Wir wollten nur Spaß haben. Er machte immer Pläne, zuerst wollte er die Doku machen, dann dies und dann das. Ich dachte nur: "Wow, du hast große Pläne, viel Glück dabei." Und er hat es geschafft! Er wusste schon damals, was passieren würde. Ich dagegen lebte in den Tag hinein. Doch Ice-T wusste genau was er will. "Reckless" ist mein Lieblingslied von Ice-T. Ich mag wie The Glove die Drums programmiert hat und mir gefällt Ice-Ts Art zu rappen.
Du hast auch Dr. Dre kennengelernt…
Früher war ich öfter bei Parties in dem Club Eve After Dark. Da spielten Dr. Dre, Alonzo Williams, ein Typ namens Dr. Rock und DJ Yella. Eve After Dark war ziemlich abgelegen, und das fand ich cool. Denn da gingen andere Mädels hin als zu den Parties von Uncle Jamms Army. Sie spielten auch andere Platten als wir. Das habe ich beobachtet und danach die Platten zu Uncle Jamms Army gebracht und sie den Jungs gezeigt. Es war ein freundschaftlicher Wettbewerb zwischen unseren Veranstaltungen. Dre und Yella waren cool, wir wurden Freunde. Ich, Arabian Prince, Dr. Dre und der Radio Moderator Russ Parr sind auch mal zusammen zum Paintball gegangen. Das hat großen Spaß gemacht. Aber du musst aufpassen, denn wenn du getroffen wirst, das tut richtig weh.
Wie fandest du N.W.A als sie ihre ersten Sachen rausgebracht haben?
Als N.W.A. rauskamen, war das eine neue Musik für L.A. - ein Neuanfang. Die Tonqualität fand ich nicht so gut, ich finde das hätte man in einem besseren Studio aufnehmen können. Aber dieser raue Sound passte zu Gangster Rap. Es reichte um unsere Botschaft zu verbreiten. Nach einiger Zeit wurde mir das klar, und ich muss sagen es war eine geniale Idee. Jetzt kann ich es kaum erwarten endlich den Film über N.W.A. zu sehen.
Wie hat dich die Band Kraftwerk beeinflusst?
Nachdem ich Kraftwerk das erste Mal gehört hatte, hat sich mein Musikgeschmack komplett verändert. Ich stand danach total auf futuristische Computersounds. Das hat damals niemand gemacht, ich liebte es einfach. Als ich dann "Planet Rock" hörte, wusste ich dass die Samples darin von Kraftwerk kamen. Und dann wollte ich auch so eine Platte machen, so hat meine Karriere angefangen.
Wie hat das Lied "Planet Rock" von Afrika Bambaata & The Soul Sonic Force die HipHop-Szene damals beeinflusst?
Durch "Planet Rock" haben viele HipHopper zum ersten Mal Electro-Sound gehört. Als das Lied rauskam wurde auf einmal mit viel mehr Energie getanzt, weil es sehr schnell war. Das hat viel verändert, vor allem in Los Angeles. "Planet Rock" war ein Wendepunkt in der Musikgeschichte. Wegen "Planet Rock" wurde jede Platte danach, die so ähnlich klang, sofort ein Hit in Los Angeles.
Wie hast du Afrika Islam kennengelernt?
Afrika Islam kam eines Tages von New York nach Los Angeles und hat dann angefangen im Club Radio aufzulegen. Meine Freunde erzählten mir von ihm: 'Hey, dieser Typ aus New York legt anders als du auf, das wird dir gefallen.' Ich bin dann da hin und habe mir sein Set angehört. Seine DJ-Technik war sehr eigenständig, dafür zollte ich ihm Respekt und er zollte mir auch Respekt. Er erzählte mir, dass er mit Afrika Bambaata befreundet ist. Ich meinte: 'Wirklich? Wie hat er "Planet Rock" produziert?' – Dann berichtete er mir von einer Drum Machine namens Roland 808. Und er meinte, die gibt es im Musikgeschäft zu kaufen. Also sind wir am nächsten Tag da hin und ich testete die 808. Ich habe den Beat von "Planet Rock" programmiert und es klang sehr gut, wie von Schallplatte. Ich kaufte mir die 808 und habe dann Beats darauf programmiert. Bei der nächsten Party von Uncle Jamms Army brachte ich sie mit, das war in der LA Sports Arena. Die Leute sind ausgeflippt und alle wollten wissen, welche Platte das ist. Dabei waren es nur ein paar Beats aus der 808. Ich habe einfach gegrinst und dazu gescratcht. Alle meinten: 'Wow! Ich will diese Platte kaufen!' Also sagte einer von Uncle Jamms Army: 'Wir müssen schnell eine Platte mit diesen Beats rausbringen.' Danach sind wir ins Studio und haben eine Platte gemacht.
Wie war es in den 80ern, als du in LA aufgelegt hast?
In den 80ern kamen 10.000 Leute zum Feiern in die LA Sports Arena. So etwas wird es nie wieder geben. Das war der Höhepunkt meiner Karriere. Wir spielten viel Musik aus den 80ern, HipHop von Bands wie Run DMC, Whodini oder Curtis Blow. Außerdem Prince und Funkadelic. Zur Prime Time spielten wir "Planet Rock", meinen Song "Electric Kingdom" und "Scorpio" von Grandmaster Flash. Und dazu tanzten 10.000 Leute den "Freak". Man sah einfach nur eine Welle von Köpfen die sich auf und ab bewegte. Bei meinen Konzerten heutzutage wird nicht mal mehr getanzt. Die Leute halten einfach ihre Smartphones hoch und machen Videos. Aber sie geniessen den Moment nicht mehr.
Welche Songs hast du sonst so gespielt?
"Head" und "Lets Work" von Prince, das waren damals die beliebtesten Songs. Und "One nation under a groove" von George Clinton. Damit hast du jeden auf die Tanzfläche bekommen. Sogar die Gangster haben aufgehört sich zu streiten. Wenn dieser Song lief, dann haben sie angefangen zu tanzen und in der Luft ihre Gang-Zeichen gemacht. Wir haben das Lied immer gespielt, wenn es eine Schlägerei gab. Denn dann haben auf einmal alle getanzt und Spaß gehabt. Wir hatten eine gute Playlist damals. Roger Clayton, der Chef von Uncle Jamms Army, hat uns damals immer gesagt was wir wann spielen sollen. Wir hatten ein vierstündiges Programm vorbereitet und es war immer perfekt, jeden Abend.
Wie ist dein Hit "Egypt Egypt" entstanden?
"Egypt Egypt" entstand wegen einer anderen Platte, die ich dann aber doch nicht produzieren wollte. Es ist eine lange Geschichte. Ich wollte ins Studio gehen und erzählte meiner Schwester und meiner Mutter: 'Ich nehme gleich meine Soloplatte auf: "Beast Beats"'. Die beiden meinten aber ich solle nicht mit dem Teufel spielen. Als ging ich ins Studio und habe alles geändert. Ich nahm mein Reimbuch und habe vier verschiedene Raps zusammengefügt. So entstand „Egypt Egypt“.
Wie war dein erster Auftritt in Miami?
Mein erster Gig in Miami war sehr cool. Der Veranstalter nannte sich Luke Skyywalker, er wurde später Teil der Two Live Crew. Wir machten die erste Show an einem Freitag, dann beschlossen wir, dass wir das Set verlängern. Wir haben eine 808 und etwas Equipment gemietet und ich habe in der Nacht neue Beats programmiert. Luke schaute mir dabei über die Schulter und fand es sehr interessant, er wollte auch ins Business. Am Samstag hatten wir die 808 und das Equipment auf der Bühne und sogar ein Bett! Es war verrückt. Ich spielte live auf der 808 und so wurde die Show viel länger. Nach mir spielte die Two Live Crew aus LA und später wurde Luke Teil der Gruppe.
Du warst auch mit M.I.A. auf Tour. Wie kam es dazu?
M.I.A. ist 2008 auf Tour gegangen und nahm mich mit. Aber eigentlich wollte sie einen Song mit mir machen. Sie hat mich nämlich in New York gesehen und wollte, dass ich etwas für sie produziere. Auf der Tour hatte sie verschiedene Opening Acts und ich war bei sieben oder acht Gigs dabei. Es war cool, und ich spielte mal vor einem ganz anderen Publikum, vor vielen Studenten. Nach einem Auftritt kam ein älterer Typ zu mir und sagte: 'Ich wusste gar nicht dass du hier bist. Du warst der Beste von allen!' Er ist komplett durchgedreht. Aber auch die Kids sind auf die Sounds aus der 808 abgefahren. Alle sind durchgedreht und haben geschrien. Es war unglaublich. Und am Ende kam natürlich M.I.A. und hat gerockt. Sie ist eine super Entertainerin.
Stand: 28.08.2015, 11.21 Uhr
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