Süpertunes - Chemical Brothers | Omar Souleyman: Popgeschichte zum Tanzen & Hippe Tradition
Die Chemical Brothers bringen auf ihrem Comeback-Album die Popgeschichte auf den Dancefloor. Omar Souleyman ist der angesagteste Hochzeitssänger Syriens und lässt auf seinem neuen Album Folk und Dancemusic zusammentreffen.
-
Bild 1 vergrößern
+
Chemical Brothers: Born in the Echoes
Chemical Brothers: Born in the echoes (Virgin)
Es ist verständlich, wenn man die Chemical Brothers bereits abgeschrieben hat. Ihr letztes Hitalbum "Surrender" ist mittlerweile ein Jahrzehnt alt, ihr letztes reguläres, das misslungene Konzeptalbum "Further", auch schon fünf. Jetzt melden sie sich mit einem neuen Album zurück. "Born in the echoes" heißt es und auch darauf schöpfen die Chemical Brothers wieder aus ihrer großen Plattensammlung.
Geschichtsstunde auf Acid
Die Chemical Brothers haben sich als Geschichtsstudenten in Manchester kennengelernt und das hört man auch in ihrer Musik. Sie verbindet Acid House, HipHop und Psychedelic Rock der 60er. All diese Zutaten findet man auch auf "Born in the Echoes". "I'll see you there" könnte auch von einem Beatles-Album stammen, auf "Go" findet man einen Rappart von Native-Tongue-Rapper Q-Tip (A Tribe called Quest) und "Reflexion" ist ein Old-School-Acid-Stück, das man auch problemlos 1989 im legendären Hacienda-Club in Manchester hätte spielen können.
Einmal durch die Popgeschichte und wieder zurück
In den letzten Jahren ist viel darüber geschrieben worden, dass Dance Music ihren Drang in Richtung Zukunft verloren habe. Die Chemical Brothers umschiffen das geschickt. Sie haben schon immer die Popgeschichte zum Tanzen gebracht, anstatt sonische Zukunftsentwürfe zu produzieren. Nach über zwanzig Jahren sind sie wieder da, wo sie angefangen haben: im Echo von Acid, HipHop und den psychedelischen Gitarrensounds der 60er.
_______________________________________________________________
-
Bild 2 vergrößern
+
Omar Souleyman: Bahdeni Nami
Omar Souleyman: Bahdeni Nami (Monkeytown)
Omar Souleyman ist der erfolgreichste Hochzeitssänger Syriens. Vor 20 Jahren hat er seine Karriere als Hochzeitssänger in Syrien begonnen und dort über 500 Alben auf Kassetten veröffentlicht. Mittlerweile hat er mit Björk zusammengearbeitet und zählt Gorillaz-Mastermind Damon Albarn zu seinen Fans. Immer dabei: Keffiyeh und Pilotenbrille. Sein neues Album "Bahdeni Nama" veröffentlicht er unter einem ungewöhnlichen Label: dem Berliner Label Monkeytown, das von den Techno-Produzenten Modeselektor betrieben wird.
Kultmusiker auf Kultlabel
Genauso ungewöhnlich wie die Wahl des Labels ist, dass Souleyman überhaupt außerhalb Syriens bekannt wurde. Ein amerikanischer Musiker entdeckte eine seiner Kassetten bei einer Reise. Daraufhin veröffentlichte das Kultlabel Sublime Frequencies eine Compilation und nahm ihn mit auf eine Labeltour durch Europa, auf der die syrische Community gemeinsam mit Skinny-Jeans-Trägern zur Musik von Omar Souleyman getanzt hat.
Moderne Folkmusic
In der Musik von Omar Souleyman kommt viel zusammen: Dabke, die traditionelle Hochzeitsmusik aus Syrien und dem Libanon, dazu die kurdischen Folkmusik seiner Heimat in Nord-Syrien. Seine Texte lässt er sich von Dichtern schreiben, es sind flammende Liebesbekenntnisse. Aber Souleyman ist kein traditioneller Musiker. Seine Songs spielt er auf digitalen Workstation-Keyboards, sie sind teils sogar programmiert. Deshalb fällt es ihm auch nicht schwer, mit Elektronik-Produzenten zusammenzuarbeiten, auf dieser Platte etwa mit Four Tet aus England oder mit Modeselektor aus Berlin. Sie drücken Souleyman auf "Bahdeni Nama" nicht ihren Stempel auf, sondern sie arbeiten mit ihm zusammen an einer Popmusik, die das Beste beider Welten vereint. Toll produzierte, kräftige Beats treffen auf den Highspeed-Folk von Omar Souleyman. So entsteht eine moderne Folkmusik: digital, global, hip und traditionell zugleich.
Stand: 23.07.2015, 21.00 Uhr
Seite teilen
Über Social Media