Süpertunes - The Hateful Eight | Ala.ni Western-Soundtrack mit Seele & Zartbittere Chansons

Von Anna-Bianca Krause

Der legendäre italienische Soundtrack-Komponist Ennio Morricone hat sich von Quentin Tarantino überreden lassen endlich wieder die Filmmusik für einen Western zu schreiben und die britisch-karibische Sängerin, Songwriterin, Produzentin und Videofilmerin hat mit "You & I Winter" eine vierteilige Serie von EPs über eine Liebesgeschichte abgeschlossen.


V.A. "The Hateful Eight - Original Soundtrack"
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V.A. "The Hateful Eight - Original Soundtrack"

V.A. - "The Hateful Eight - Original Soundtrack" (Universal)

L'ultima diligenza di Red Rock - die letzte Postkutsche nach Red Rock. Man hört vom ersten Tonan, das ist Musik von Ennio Morricone, die Sounds, die Bläser, die Harmonien, die einen packt und nicht mehr los lässt. Der Mann ist schließlich schuld an dieser Mundharmonika aus "Spiel mir das Lied vom Tod" oder der Panflöte aus "Es war einmal in Amerika"- an diesen Melodien, die man nie mehr aus dem Ohr kriegt. Und um die 500 weitere Soundtracks hat er komponiert. Aber über 30 Jahre lang hat er keine Westernmusik mehr gemacht, weil er nicht als Spaghetti-Western-Mann in die Geschichte eingehen wollte. Und jetzt hat ers doch wieder getan.

Nie wieder Italo-Western

Quentin Tarantino ist seit 20 Jahren hinter Ennio Moricone her. Der Römer ist sein Lieblingskomponist. Er hat immer wieder bei ihm angeklopft und immer wieder einen Korb bekommen, deshalb hat er in seinen Filmen alte Stücke von Morricone recycelt. Bei "Inglorious Bastards" hat er es wieder versucht, aber Morricone hatte keine Zeit .... und "Django Unchained" war Morricone dann zu blutig .....Jetzt endlich hat es geklappt. Morricone behauptet einfach "The Hateful Eight" ist gar kein Western, sondern ein Abenteuerfilm, damit hat er seine Komponisten-Ehre gerettet und gleichzeitig Tarantino glücklich gemacht.

Blut und Schnee

Morricone ist sich treu geblieben. Das Rückgrat seiner Kompositionen ist meist eine Melodie, die aus wenigen Tönen besteht, in denen einzelne Geräusche auftauchen, bevor das Orchester so richtig dick auftragen darf. "Sangue e neve" - übersetzt Blut und Schnee - in dieser Szene nach dem Massaker lässt er beispielsweise Xylophon-Töne wirklich wie Blut in den Schnee tropfen und unheimliche Streicher untermalen den Stillstand nach dem Schrecken. Morricone hat viel neu geschrieben, aber auch ein paar Stücke verwendet, die er noch übrig hatte von John Carpenters "Das Ding aus einer anderen Welt". Warum auch nicht, Tarantino ist ein großer Verehrer von Carpenter und er hat in Interviews mehrfach erklärt, dass "The Hateful Eight" ohnehin eine Verbeugung vor "The Thing" ist.

Happy End

Tarantino, der sonst eher wie ein DJ, seine Soundtracks zusammenstellt, hat gesagt: "Ich wollte nie einem Komponisten die Seele eines Films überlassen, aber diesmal habe ich gespürt, dass der Film einen richtigen Soundtrack braucht." Vielleicht war ihm aber auch klar, dass es eine der letzten Gelegenheiten ist mit seinem Idol zu arbeiten. Morricone inzwischen 87 Jahre alt und wird nicht mehr lange Filmmusik schreiben können - und das Filmorchester dirigieren, wie er das für "The Hateful Eight" noch getan hat. Weil er nicht ganz die Finger davon lassen konnte, hat Tarantino noch drei Songs reingepackt, u.a. von The White Stripes und Roy Orbison und viele Film-O-Töne von den Hauptdarstellern - Samuel L. Jackson, Kurt Russell & Co. - als Tracks aufs Album genommen. Es ist ein guter Soundtrack geworden und eben auch das Happy End für die Beziehung Tarantino-Morricone.

P.S.

Gute Filme werfen ihre Soundtracks voraus, deshalb ist die Filmmusik auch schon erschienen, während "The Hateful Eight" erst ab dem 28.Januar in Deutschland ins Kino kommt.


Ala.Ni: "You & I"
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Ala.Ni: "You & I"

Ala.Ni "You & I Winter" (No Format)

Sie ist in London geboren, ihre Eltern sind aus Grenada und dass sie mit Musik fliegen kann, das hat sie schon mit 3 Jahren gemerkt. Damals im Ballettunterricht, mussten die Kinder immer "Over the rainbow" singen, bevor es mit dem Tanzen losging. Und schon beim Singen sah das kleine Mädchen die Farben des Regenbogens an der Decke tanzen. So ähnlich geht es den Menschen heute wenn Ala.Ni singt. Man hält die Luft an und freut sich, wenn sie einem mit dieser Bitterschokoladen-Stimme das Herz bricht.

Die vier Jahreszeiten der Liebe

Vier EPs hat Ala.Ni im Jahr 2015 gemacht, die "You & I - spring", "You & I summer", " You & I - autumn" und " You & I - winter" heißen. Sie erzählt darin eine Liebesgeschichte von Anfang bis Ende - sie behauptet das sei über ihr eigenes"Fucked up Love Life" und also autobiografisch. Zu jedem Song stellt sie sich eine Filmszene vor und hat deshalb auch selbst Videos dazu gedreht, natürlich in Schwarz-weiß. Die Songs sind von einer radikalen Einfachheit, nur Piano- oder Gitarrenbegleitung, manchmal hört man eine Kalimba oder eine Steelpan. Im Zentrum immer ihre zärtliche, alterslose Stimme und ihr Gesang, der sich wie sanfte Meereswellen über unsere Ohren bewegt.

Die geheimnisvolle Sängerin

Jahrelang hat die heute wahrscheinlich Dreißigjährige (genauer weiß man das nicht, denn Ala.Ni versucht so wenig wie möglich über sich preis zu geben, damit die Menschen sich auf ihre Musik konzentrieren) als Chorsängerin für Leute wie Mary J Blige, Nitin Sawhney, Andrea Bocelli oder Blur gearbeitet. Damon Albarn war auch derjenige, der zu ihr sagte: Mach deine eigenen Songs. Daraufhin fuhr Ala.ni zu ihren Großeltern nach Grenada und hat dort um 3 Uhr nachts ihren ersten Song aufgenommen, mit dem I-Pad unter der Bettdecke und einem Grillen-Chor im Hintergrund. Seitdem hat sie nicht mehr damit aufgehört und schreibt diese magischen, wie aus der Zeit gefallenen Songs Songs einfach überall, im Bus, im Bad ....

Wie das Echo einer vergangenen Zeit

Ala.Nis bluesige Stimme hört sich an, wie eine Sängerin aus den 1930iger oder 40iger Jahren. Um das zu verstärken singt sie auch noch durch ein altes deutsches Mikrofon aus dieser Ära. Die Songs sind nicht retro und auch keine Hommage an alte Zeiten. Sie selbst nennt ihren Stil "Dark Disney", und tatsächlich muss man an alte Disney-Märchen-Songs denken, an Broadway-Musicals oder an Sängerinnen wie Judy Garland. Ala.nis Vorbild ist aber ein Großonkel, er hieß Leslie Hutchinson und war ein schwarzer, bisexueller Music-Hall-Star aus den 30igern. Er hat ihr durch sein Leben gezeigt, dass man alles machen kann, wenn man sich nur traut.

P.S.

Vergesst Lana del Rey. Ala.Ni ist viel besser.


Stand: 08.01.2016, 09.00 Uhr