Musikspecial - Celia Cruz First Lady der afrokubanischen Musik

Von Anna-Bianca Krause

Celia Cruz gilt als die einflussreichste Frau in der Geschichte der afrokubanischen Musik. Bis zu ihrem Tod im Jahr 2003 nahm sie über 70 Alben auf, gewann drei Grammys und vier Latin Grammys. Am 21. Oktober wäre sie 90 Jahre alt geworden.


Celia Cruz in den Neunzigern
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Celia Cruz ist der Superstar der Latin Music und die einflussreichste Frau in der Geschichte der afrokubanischen Musik. Úrsula Hilaria Celia de la Caridad Cruz Alfonso, wie sie eigentlich hieß, war eine begnadete Sängerin und Tänzerin, die - von religiösen Santeria-Gesängen über Mambo und Cha Cha Cha zu Salsa - das gesamte Spektrum der afrokubanischen Musik beherrschte. Und obwohl sie Kuba verlassen hatte und deshalb von Castro verstoßen war, sorgte sie dafür, dass der kubanische Einfluss auf die Musik groß blieb. Die 2003 verstorbene schwarze Künstlerin nahm zeitlebens über 70 Alben auf, davon bekamen 23 Gold-Status, sie spielte in Filmen mit, gewann drei Grammys und vier Latin Grammys und ist bis heute das Idol vieler lateinamerikanischer Künstler.

Eine Frau setzt sich durch


Celia Cruz feiert in den Siebzigern
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So genau kann das keiner sagen, wann Celia Cruz wirklich geboren ist. 1924, 1925 oder doch schon 1921? Sie hat ihr Publikum zeitlebens im Unklaren darüber gelassen, doch für ihre Fans ist sie ohnehin unsterblich. Sicher ist, dass sie schon als Kind mit dem Singen angefangen hat. Für ihre drei Geschwister und 10 Cousins und Cousinen sang sie Schlaflieder, doch die schliefen, weil das so schön war, nie ein und die Nachbarn liefen ebenfalls zusammen, um Celia zu hören. Obwohl der Vater dagegen war, entscheidet sie sich für ein Gesangs- und Musiktheoriestudium am Konservatorium in Havanna. Nebenbei verdient sie ihr Geld beim Radio und Fernsehen. 1950 dann bekommt sie die einmalige Chance mit La Sonora Matancera zu arbeiten, die Band ist in den 50er-Jahren das bekannteste Orchester Kubas und ähnlich bedeutend wie das Duke Ellington Orchester. Mit La Sonora Matancera tourt Cruz fast zehn Jahre lang erfolgreich im In- und Ausland. Die damals 25-Jährige tut, was eine schwarze Frau im herrschenden Rassismus und Sexismus und der männerdominierten Musikbranche der 50er-Jahre eigentlich nicht machen kann. Und sie wird damit zu einem Symbol.

Castro & Cruz


Celia Cruz in den Neunziger Jahren
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Nachdem Fidel Castro die Macht auf Kuba übernommen hat, wirft er die Mafia aus dem Land und trifft damit natürlich auch das Unterhaltungsbusiness. Celia Cruz & La Sonora Matancera tun so, als ob sie wieder einmal auf Tour gehen würden und setzen sich ab, zuerst 1960 nach Mexiko und dann 1961 in die USA. Der "Maximo Leader" verhält sich wie ein verstoßener Lover und verwehrt ihr sogar das Einreisevisum anlässlich der Beerdigung ihrer Mutter. Celia Cruz schwört deshalb, dass sie ihre Heimatinsel erst wieder betreten werde, wenn Fidel tot sei. Da sie 2003 stirbt, der Diktator aber immer noch lebt, sieht die Sängerin Kuba nie wieder. Doch sie wird zu einer wichtigen Figur der kubanischen Exilgemeinde, indem sie einerseits die kommunistische Politik Kubas kritisiert, andererseits aber auch die Lebensbedingungen der Latinos in den USA. Sie wird zur Identifikationsfigur und zum Vorbild für Migranten aus ganz Lateinamerika und setzt sich mit ihrem Singen auch für die lateinamerikanischen Musikstile ein, die im Zuge des Handelsembargo gegen Kuba verboten worden waren.

Azucar!!!!!!!!!!!!!!!!!!!


Celia Cruz lacht freudig
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"Azucar!!!!!!!!!!!!", der gekreischte Alarm-Ruf gilt als ihr Markenzeichen. Celia Cruz absolviert manchmal sechs Auftritte pro Tag und nie weniger als 300 Konzerte im Jahr. Mit ihren schrillen Kostümen, dem grellen Make-Up, den gefährlich hohen Schuhen und den aufgetürmten, auftoupierten und in oft in leuchtenden Farben getönten Haaren tanzt sie über die Bühne - denn Singen ohne Bewegung gibt es bei ihr nicht. Fasziniert ist das Publikum aber vor allem von ihrer Stimme, die eher männlich klang, manchmal fast autoritär und bei der man - angesichts der extremen Kostüme - in späteren Jahren auch an eine Drag Queen denken könnte.

Queen of Salsa


Celia Cruz
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Celia Cruz

In den USA arbeitet Cruz mit allen Großen der Latinmusik. mit dem Mambo-King Tito Puente macht sie acht Alben. In dieser Zeit beginnt sich New York durch den massiven Zustrom von vor allem jungen Puerto Ricanern zu verändern, die Latino-Kultur wird zu einem wichtigen Bestandteil des kulturellen Lebens und die Metropole ist plötzlich eine Art Experimentier-Labor für Latin Music. Cruz beginnt die Zusammenarbeit mit einer der emblematischsten und wichtigsten Figuren der lateinamerikanischen Musik der USA, mit Johnny Pacheco. Der Dominikaner ist nicht nur Musiker, sondern auch der Gründer des legendären Fania-Labels und möglicherweise auch an der Erfindung des Begriffs Salsa beteiligt, an diesem multinationalen Musikmix der Latinos in den USA, der auch dafür sorgt, dass die kubanische und andere lateinamerikanische Musik sich endlich wieder verkaufen. "Celia & Johnny", die erste Platte der beiden wird ein Riesenerfolg und ist bis heute eines der bestverkauften Salsa-Alben aller Zeiten. Celia Cruz avanciert zur "Queen of Salsa".

"I'm the queen because there is no one else"

Nicht zu singen ist für Celia Cruz undenkbar, noch 2002 sagt sie "ich höre nie auf!", und doch verstummt ihre Stimme am 16.Juli 2003. Ihren Traum in ein freies, nicht-kommunistisches Kuba zurückzukehren, um dort zu singen, kann sie nicht mehr verwirklichen. Trotzdem ist sie die Brücke nach Kuba und bringt viele Generationen, Menschen aus allen Kulturen, mit allen Hautfarben und aus allen Gesellschaftsschichten durch ihre Musik zusammen. Die Künstlerin bekommt im Laufe ihres langen Bühnenlebens viele Auszeichnungen und Ehrendoktorwürden, 1987 auch einen Stern auf dem "Walk of Fame" in Hollywood. 1994 überreicht ihr der damalige US-Präsident Bill Clinton im Weißen Haus die höchste Auszeichnung für Künstler in den Vereinigten Staaten, die National Medal of Arts. Ihren letzten Grammy bekommt Cruz posthum, ihren letzten Auftritt hat sie im März 2003, als zahlreiche Stars, darunter Marc Anthony und Gloria Estefan ihr zu Ehren ein großes Konzert in Miami geben. Als sie stirbt, begleiteten sowohl in Miami als auch in New York Menschenmassen ihren Star und erfüllte ihren letzten Wunsch, die Fans feiern eine einwöchige Abschiedsparts, um ihr "Auf Wiedersehen" zu sagen.

Celia Cruz war eine der größten Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts und obwohl sie eine sehr bescheidene Person war, hat sie das wohl gewusst. "Warum nur Salsa-Queen?" fragte sie "Warum nennen sie mich nicht die Reine de musica, die Königin der Musik?



Stand: 21.10.2015, 06.30 Uhr