Global Pop Classics - A Tribe Called Quest: "People's Instinctive Travels and the Paths of Rhythm"
Wie darf ein HipHop-Album klingen? Was macht HipHop eigentlich aus? Als im Frühling 1990 A Tribe Called Quest ihr Debütalbum mit dem angemessen mäandernden Titel "People's Instinctive Travels and the Paths of Rhythm" veröffentlichen, muss man diese Fragen noch mal neu stellen.
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A Tribe Called Quest: People's Instinctive Travels and the Paths of Rhythm
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Denn das, was Q-Tip, Phife Dawg, Ali Shaheed Muhammad und Jarobi White (der direkt nach diesem Album aussteigen wird), vier junge Männer aus New York, als Debütalbum veröffentlichen, ist buchstäblich unerhört. Perfekte Musik für den Anfang einer neuen Dekade.
Schon auf dem Eröffnungsstück des Albums, "Push it", samplen sie nicht nur den Smooth Jazzer Grover Washington Jr. und schrägen Funk, sondern kaltlächelnd auch "All you need is love" von den Beatles. Und da sind wir wie gesagt immer noch beim allerersten Stück der Platte.
Teenagerträume und philosophische Betrachtungen
"Wir waren jungfräulich", hat sich Ali Shaheed Muhammad später an diese Zeit erinnert. Alles ist möglich, kann man hinzufügen. Und das gilt nicht nur musikalisch. Auch textlich: Es gibt Teenagerträume über Hintern, genauso wie philosophische Betrachtungen über den Zustand der afroamerikanischen Bevölkerung. A Tribe Called Quest sind verspielt, experimentell, bunt. Der Düsterheit vieler anderer HipHop-Bands setzen sie eine Sonnigkeit entgegen - die sich in ihrer hippiesken Kleidung genauso ausdrückt wie in ihren unterhaltsamen Videos.
Es ist ein Sound, eine Idee, die einzigartig ist im noch jungen Genre HipHop. Und sie sind nicht allein. Befreundete Rapper wie De La Soul oder die Jungle Brothers haben kurz davor ihre Debütalben veröffentlicht. Es ist eine Bewegung. Sie nennen sich die "Native Tongues", sie eint das Bewusstsein für ihre afrikanischen Wurzeln.
Doch im Kern geht es den vier Jungs von A Tribe Called Quest um Innovation, um Experiment - vor allem im Sound. Es herrscht ein freundlicher Wettkampf: Wer produziert das Album der Stunde? Wer öffnet die Türen am weitesten zu all den anderen Soundwelten? Oder um es anders auszudrücken: Wer produziert das krasseste Album mit den wahnsinnigsten Samples?
Kreative Explosion
Dieses Album von 1990 heute zu hören, ist gleichzeitig auch ein Blick zurück in eine andere Welt: Damals war Samplen ein graues, juristisch noch weitgehend unbeackertes Feld. Heute ist eine derartige Anhäufung von Samples finanziell schlicht unmöglich. Q-Tip und Ali Shaheed Muhammad, die das Album produzierten, greifen seinerzeit noch ins Volle. Und etablieren nebenbei eine Soundpalette im HipHop, die vorher nur sporadisch stattgefunden hat: Jazz.
Was also bleibt von dieser kreativen Explosion? Pharrell Williams, einer der größten Popstars unserer Zeit, erzählt gern, wie sehr ihn dieses Debütwerk von A Tribe Called Quest beeindruckt und beeinflusst hat. Lassen sich also Spuren in seinem Sound feststellen? Es ist wohl vor allem das Gefühl, dass alles im HipHop möglich ist. Dass HipHop immer mehr sein kann als wir uns jetzt in diesem Moment vorstellen können. Was kann man mehr erreichen mit einem einzigen Album.
Stand: 30.06.2015, 17.00 Uhr
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