CD der Woche - Canto: Fado für die Welt
Carminho ist in Portugal ein Star. Auf "Canto" verbindet sie den Fado mit der Melancholie Brasiliens – und erneuert damit den Blues aus ihrer Heimat.
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Carminho: Canto
Die Musik und das Lebensgefühl des Fado wurden ihr in die Wiege gelegt. Die Mutter, Teresa Siquiera, ist selbst eine in Portugal berühmte Fadosängerin. Von klein auf hörte Carminho den Blues ihres Landes von den Musikern, die mit ihrer Mutter zu Hause Fado spielten und sangen. 2005 wurde Carminho dann selbst als Newcomerin gefeiert und mit Preisen ausgezeichnet. Mit ihrem dritten Album Canto unterstreicht sie nun ihren Ruf als Erneuerin der Tradition und setzt mit brasilianischen Gästen die Fado-Musik in den großen lusophonen Zusammenhang.
Zeit zu reifen
2009 erschien ihr Debütalbum, da war sie schon eine gefeierte Fadosängerin. Sie wollte den hohen Erwartungen und Vorschusslorbeeren gerecht werden, erklärte sie den langen Vorlauf. Mit ihrem zweiten Album "Alma", erschienen 2012, wurde sie auch international berühmt, auf einer Höhe mit den anderen Fadista wie Mísia, Ana Moura und Mariza. Und wieder vergingen drei Jahre bis zu "Canto", mit dem Carminho den Fado wieder traditionell präsentiert. Um das Gefühl des Fado in einen internationalen Zusammenhang der portugiesischsprachigen Kultur zu stellen, hat sie aber nun auch große brasilianische Stars um sich versammelt.
Reise nach Brasilien
Beim Karneval in Recife durfte Carminho neben dem weltberühmten brasilianischen Perkussionisten Nana Vasconcelos und Sänger Milton Nascimento auftreten und singen. Für Carminho ein wegweisendes Erlebnis. Schon auf Alma hatte sie mit "Saudades do Brasil em Portugal" dem lusophonen Zusammenhang der portugiesischen und brasilianischen Kultur ein Lied gewidmet. Auf Canto hat sie nun an der Seite ihres langjährigen Produzenten Diogo Clemente diesen Weg weiter erforscht und ausgebaut.
Lusophone Verbindungen
Tropicalia-Größe Caetano Veloso hat den Text für "O Sol eu e Tu" geschrieben. Nana Vasconcelos begleitet Carminho im Lied "Destino", Carlinhos Brown im Eröffnungssong "A Ponte". Cellist Jaques Morelenbaum aus Rio lässt tiefe Melancholie in den Song "Ventura" gleiten. Das Kernstück des brasilianisch-portugiesischen Gipfeltreffens ist aber "Chuva No Mar", ein Duett mit dem brasilianischen MPB-Star Marisa Monte. Eher Gedicht als Lied und geschrieben von Sängerin Marisa Monte und Schriftsteller und Musiker Arnaldo Antunes, besingt "Chuva No Mar" die Veränderungen in unserem Leben, die uns formen, ohne das wir etwas bewusst dazu tun. "Chuva No Mar" - Regen auf dem Meer: Wenn er vorüber ist, wird das Meer gleich aussehen, aber es führt nun unmerklich mehr Wasser mit sich, singt Carminho.
Tradition und Erneuerung
"Canto" zieht den Hörer hinein in klassische, todtraurige Fadoballaden wie "A Ponte". Lieder wie "Saia Rodada" oder "Destino" kommen dagegen auf beschwingten Takten und Melodien daher. In "Na Ribeira Deste Rio" verschmelzen brasilianische Rhythmen mit dem Blues Portugals. Carminho, die Gefeierte, setzt sich neue Ziele. Und schreitet vor allem als Interpretin einer großen Tradition voran, wenn sie die Ausdrucksmöglichkeiten des Blues aus Portugal weiter und tiefer denn je auslotet.
Saudade und Blues
Das gefeierte Vorgänger Album "Alma" wirkt zu "Canto" traditionell und folkloristischer. Auf "Canto" ist Carminhos Stimme weiter gereift und sie ist gewillt, diese Stimme auch für ein großes Publikum einzusetzen. Um Saudade und Melancholie als Lebensgefühl zu vermitteln, stehen ihr die brasilianischen Freunde zur Seite und Musiker aus Spanien, wie Gitarrist Javier Limon. "Canto" festigt Carminhos Ruf als bedeutende wie mutige Interpretin des Fado mit erklärtem Ziel, neue Wege zu suchen und zu finden.
Singen im freien Raum
"Canto" hat aus dem portugiesischen zwei Bedeutungen: Zum Einen "Singen", zum anderen heißt es "Ecke". Der Albumtitel ist sehr bewusst gewählt worden, verbindet er doch Carminhos Passion des Singens mit ihrer Persönlichkeit und dem Willen, sich in einer festen Musiktradition ihren Freiraum offen zu halten, um einer über 200-jährigen Musikgeschichte einen Platz in der Gegenwart zu behaupten.
Stand: 27.04.2015, 00.00 Uhr
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