CD der Woche - Ba Power: Pimp my N'goni
Bassekou Kouyaté ist der weltbeste N'goni-Spieler und er hat die westafrikanische Laute elektrifiziert. "Ba Power" ist das vierte Album des Musikers aus Mali mit seiner Band N'Goni Ba. Und sie sind diesmal Richtung Rock unterwegs.
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Bassekou Kouyaté & Ngoni Ba: "Ba Power"
Seit er 2007 sein erstes Album veröffentlichte, hat Bassekou Kouyaté eine beispiellose Karriere weit über die Grenzen Westafrikas gemacht und hunderte von Konzerten weltweit gespielt. Schuld daran ist die Virtuosität und Intensität, mit der er sein Instrument, die westafrikanische N'goni, spielt. Der Musiker aus Mali, der seine ersten Schritte in der Band von Toumani Diabaté machte, später mit Ali Farka Touré zusammengearbeitet hat, stand schon mit Sir Paul McCartney, Damon Albarn oder Dee Dee Bridgewater auf der Bühne und unter seinen Fans sind Bono oder Youssou N'Dour.
Rivale der E-Gitarristen
Die N’goni ist dieses westafrikanische Saiteninstrument, das ein Urahn des Banjos ist und über 2000 Jahre alt, seine Spuren verlieren sich in der Zeit vor Christus. Fast vergessen war sie, nur noch von ein paar Alten gespielt und zwar im Sitzen. Doch dann kam Bassekou Kouyaté, und hat sie vor dem Aussterben gerettet. Er bespannte die traditionell drei- bis maximal viersaitige Langhalslaute mit mehr Saiten, hängte Verzerrer und Wah Wah-Pedal dran und spielte sie im Stehen, als sei er der malische Jimi Hendrix. Seitdem ist das Instrument wieder in Mode gekommen und junge Musiker machen es Kouyaté nach, haben die E-Gitarre in die Ecke gestellt, sich eine N'goni gebaut und Effektgeräte dafür gekauft.
Familienbande
Bassekou Kouyaté ist Griot, wie es sein Vater, sein Großvater und eine lange Reihe von Vorfahren in der Familie waren. Griots sind Sänger, Musiker, Nachrichtenübermittler, Aufklärer. Sie machen Musik überall da, wo Menschen zusammen kommen, bei Hochzeiten, Beerdigungen, Taufen, Dorffesten. Klar, dass auch Kouyatés Söhne Mamadou und Moustafa N'Goni spielen wie der Papa. Doch sie sind nicht die einzigen in die Band verwickelten Familienmitglieder. Zwei jüngere Brüder von Kouyaté und ein Neffe gehören dazu und die eigene Ehefrau Amy Sacko, sie ist die Sängerin und übermittelt mit ihrer durchdringend-schönen Stimme die Botschaften ihres 49-jährigen Gatten. Wobei es ziemlich sicher ist, dass auch Sackos Ideen in den Songtexten stecken. Geht es doch nicht nur um Friedensappelle, sondern auch um die Ähnlichkeiten, die ein Ehepaar, das sich gerade trennt oder ein Land, das sich spaltet, haben - und um die Rechte der Frauen.
Rock around Bamako
"Das ist Afro-Rock", sagt Bassekou Kouyaté im Brustton der Überzeugung und fügt an: "Nicht so wie der europäische oder der amerikanische, das ist Rock aus unserer Gegend!" Tatsächlich ist die Rockmusik der 1960er und 70er der Haupteinfluss auf "Ba Power", dem vierten Album von N'goni Ba. Kouyaté hat die Rhythmen seiner Region Segou als Basis genommen, hat das Ganze etwas beschleunigt, dann Verzerrer und Wah Wah-Pedale an die N'gonis gehängt, Afrobeat, Jazz, Blues und Funk dazu gegeben und fertig war die energetische Mischung.
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Video: Sziget 2014 Video - Bassekou Kouyaté & Ngoni Ba: Jama Ko (Live) (09:51 Min.)
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Sziget 2014 Video - Bassekou Kouyaté & Ngoni Ba: Jama Ko (Live)
Große Botschaften, große Gäste
Der Albumtitel "Ba Power" hat gleich zwei Bedeutungen: Ba ist Bambara und heißt "groß" - und gemeint sind sowohl die starken Botschaften als auch die Power der Musik. Kouyaté hat die Studiotür weit aufgemacht, damit Gäste aus verschiedenen Ecken, das Potenzial dieser ungewöhnlichen Band und ihren Sound verstärken: Darunter der legendäre afrikanische Blues-Gitarrero Samba Touré, der malische Popstar Adama Yalombo, Dave Smith, der Drummer von Robert Plant, der Ausnahmetrompeter Jon Hassell und Lemonheads-Gitarrist Chris Brokaw. Produziert wurde das Album von Ex-Walkabouts-Mann Chris Eckman.
Das letzte Album von Bassekou Kouyaté & N'goni Ba war ein Friedensappell, schließlich liefen die Aufnahmen in Bamako parallel zum Militärputsch in Mali im März 2012, die Gewehrsalven waren bis ins Studio zu hören. Der N'Goni-Virtuose ließ damals seiner Wut auf Putschisten und vorrückende islamistische Rebellen freien Lauf. Seitdem ist er eine Art moralische Autorität in seiner Heimat, wird oft ins Fernsehen eingeladen und organisiert sich für den Frieden, für Meinungsfreiheit und andere Musiker, die weniger Möglichkeiten haben als er. Die Situation in Mali hat sich verändert, schwierig ist sie immer noch, die finanzielle und politische Krise längst nicht überwunden. Doch mit "Ba Power" wollte Bassekou Kouyaté - trotzt der Botschaften in den Texten - auch zurück zum Spaß am Musikmachen. Diese Freiheit hört man "Ba Power" an. Das Album ist völlig zu Recht sofort nach Erscheinen auf Platz 1 der World Music Charts gelandet.
Stand: 11.05.2015, 00.00 Uhr
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