CD der Woche - "The Mic Buddah": Rendezvous mit dem menschlichen Sampler
Sly Johnson verbindet die Direktheit von Rap mit der Eleganz von Soul. Der Franzose ist als Beatboxer der Saïan Supa Crew bekannt geworden und kann solo Beats, Sounds und Legenden mit seiner Stimme emulieren.
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Sly Johnson: “The Mic Buddah”
Audio
- Audio: CD der Woche - "The Mic Buddah" (03:00 min.) Süpermercado
Schleppende Drums knacken und knarzen. Immer wieder klappert die HiHat neben dem Takt. Doch auf einmal hört man auf diesem furztrockenen Beat eine markante, männliche Stimme – sanft und sexy kommt sie dahergeschlichen: "If I gave you my love, I tell you what I’d do, I'd expect a whole lotta love outta you…" So klingt Al Greens Soulklassiker von 1972 im Jahre 2015. Lasziver Schlafzimmersoul trifft auf schiefe Drums im Stile von Beatbastler J-Dilla, dazu kommt eine live gespielte Bluesgitarre, die wie ein Sample geloopt wird. Willkommen im Soundkosmos von Sly Johnson.
Von Rap zu Soul
Silvère Johnson wurde am 26. Januar 1974 geboren, sein alleinerziehender Vater stammt aus dem Kongo, aufgewachsen ist Sly in dem Pariser Banlieue Montrouge. Von 1997 bis 2007 war er Teil der französischen Rap-Gruppe Saïan Supa Crew, die HipHop mit Elementen aus Soul und Reggae vermischt hat. Auf den Platten und bei den energiegeladenen Liveauftritten der Gruppe hat er vor allem mit seinen Beatboxeinlagen für Aufsehen gesorgt, bei denen er mit seiner Stimme Schlagzeugsounds und DJ-Scratches imitiert hat. Schon 2005 erschien eine erste Solo-Maxi, später ein Album mit dem Jazztrompeter Erik Truffaz. 2010 nahm Sly Johnson sein Soloalbum "74" unter der Regie von Jay Newland, dem Produzenten von Norah Jones, auf. "74" war ein reines Soulalbum, auf dem er nur gesungen hat, eingespielt mit renommierten Livemusikern in den USA. Jetzt mischt er seine Erfahrungen aus HipHop und Soul auf "The Mic Buddah".
Das Beste aus beiden Welten
Sly Johnson steht in einer Reihe mit Rappern wie Cee-Lo Green oder Andre 3000, die vom Rap zum Gesang gewechselt haben. Und Sly kann auch Beatboxen. Er skizziert seine musikalischen Ideen mit rhythmischen Beatboxeinlagen, später kommen Instrumente hinzu. Über dieses Grundgerüst singt er Songs im Stile alter Soulikonen wie Otis Redding oder Al Green. Hip-Soul nennt er das Ganze – klassischer Soul der Siebziger, produziert mit Hilfe von Drumcomputern und Samplern. Sly Johnson kehrt damit zu den Methoden von HipHop zurück: Zitat, Collage und Hommage.
Zitate Karate
Das Stück "Good Morning" besteht aus Beatboxloops und erinnert an Bobby Mc Ferrins "Don‘t Worry Be Happy", "Nasty Girl" bezieht sich mit seinem durchgehenden Beat auf den Michael-Jackson-Klassiker "Smooth Criminal", "Wet" erinnert an den Neo-Soul von D’Angelo. Gäste am Mikro sind der französische Rapstar Oxmo Puccino, das britische Soulkollektiv 2morrows Victory und die "The Voice"-Teilnehmerinnen Valerie Delgado und Rachel Claudio. Als Gastmusiker hört man den Jazztrompeter Erik Truffaz und den Flötisten Magic Malik.
Die Liebe wird siegen
In den auf Englisch und Französisch gesungenen Texten geht es um die vereinende Kraft der Musik - und immer wieder um die Liebe. Vor dem Hintergrund der Terroranschläge in seiner Heimatstadt Paris ist diese Botschaft von Sly Johnson wichtiger denn je.
Stand: 23.11.2015, 00.01 Uhr
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