Der Soundtrack von... - Mark Ronson: Die Zukunft liegt in der Vergangenheit
Mark Ronson ist einer der begehrtesten Produzenten weltweit. Sein bisher größter Coup: er hat zusammen mit Amy Winehouse den 60er-Soul-Retro-Trend erfunden. Wer also wissen will, welcher Trend als nächstes anliegt, sollte mit ihm in unserem Soundtrack in seine musikalische Vergangenheit reisen.
Anfang des Jahres schien es so, als wäre 80er Funk der neue 60er Soul, Mark Ronson eroberte zusammen mit seinem Kumpel Bruno Mars die Charts weltweit mit "Uptown Funk", dem größten Song des Jahres bisher. Das folgende Album "Uptown Special" folgte aber als erstes Ronson-Album nicht dem Prinzip eines vom ersten bis zum letzten Stück durchgängigen Sounds. Es verband vielmehr jenen 80er Funk mit modernem R'n'B, Southern HipHop, Psychedelic und 70er Soul. Protagonisten dieser Stile - Prince, Beyoncé, Mystikal, Tame Impala und Ronsons großen Helden Stevie Wonder - finden wir im Soundtrack wieder und zum Teil eben auch auf "Uptown Special".
Mark Ronson selbst leidet ein wenig unter dem Retro-Image, sagt, seine Musik komponiere er für das Jahr 2020. Aber wenn man so viel Musikwissen und musikalischen Hintergrund hat wie er, kann man dies wahrscheinlich schlecht ausblenden. Sein Vater war nicht nur Immobilien-Tycoon, wie es immer heißt, sondern auch Musikmanager, sein Stiefvater war Gitarrist bei Foreigner, sein Schulfreund John Lennons und Yokos Sohn Sean Lennon. Der zeigte ihm seine erste Liebe, die Beatles, von einer anderen Seite. Mit 18 legte Mark schon in angesagten Clubs in New York auf, mischte dort - und auch in unserem Soundtrack - Dancehall, Soul, Pop und seine große Liebe HipHop.
Mark Ronson ist wahrscheinlich nach David Guetta der größte Popstar der Welt, der nicht selber singt (mit Ausnahme einiger, weniger Versuche). Es gibt kein Foto von ihm, auf dem er nicht superstylish aussieht. Aber wenn man ihm begegnet und man seiner etwas verschlafenen Stimme zuhört, merkt man, er ist in allererster Linie ein Musiknerd, der zufällig auch noch gut aussieht und mit einer Kindheit in der Upper West Side New Yorks eine Biographie vorweisen kann, die ihn als Mitglied der Strokes qualifizieren würde.
Stell Dich bitte vor und sag, was Dir Musik bedeutet.
Hallo, hier ist Mark Ronson, ich bin ein selbstkritischer, neurotischer, jüdischer Engländer und für mich muss Musik ein Gefühl erzeugen. Positiv oder negativ, traurig oder glücklich, aber Du musst etwas von ihr bekommen.
Welches ist Deine Lieblingsplatte von den Beatles?
Wie fast jeder kenn auch ich die Beatles schon mein ganzes Leben lang. Sie haben sich fest in unsere Kultur eingeschrieben. Aber Sean Lennon hat mir die tiefsinnigeren, merkwürdigeren Platten der Beatles nahe gebracht. Auf "Rubber Soul" zum Beispiel den Song "The Word", er hat mir gezeigt, dass die Beatles auch funky und groovy sein konnten. Den Song hab ich auch gesampelt, als ich meinen allerersten HipHop Beat überhaupt produziert habe. Das war für drei Kids in meiner Schule. "The Word" hat sich am Ende angehört wie Cypress Hill, wenn Du ihn verlangsamst.
Welche Platte hast du dir zuerst gekauft?
Die erste Platte, die ich bekommen habe, war von so einer Kiddie-Pop-Band, kann mich nicht mehr dran erinnern, was das war, da muss ich so 2 oder 3 Jahre alt gewesen sein. Die erste Platte, die ich mir je gekauft habe, war eine Single. "Let’s Go All The Way" von Sly Fox, eine New Yorker Band der 80er Jahre. Die haben ganz schön von Prince geklaut, aber der Song war wirklich gut. Ich hab ihn letztens nochmal zufällig gehört und mir fiel direkt wieder ein, warum ich ihn so mochte.
Welches ist Dein Lieblingsalbum von Prince?
Mein Lieblingsalbum von Prince ist heute wahrscheinlich "Sign of the Times". Aber er hatte so viele verschiedene Phasen. Als Teenager hab ich "Lovesexy" geliebt, wahrscheinlich ist das für mich deswegen die wichtigste Platte. Ich weiß noch, die CD hatte nur einen langen Track, man konnte nicht zu den verschiedenen Songs skippen, weil man sich alles anhören sollte. Sehr interessant, sehr Prince, das so zu machen. Als DJ spiele ich heute noch "Erotic City". Er ist einer der größten Musiker aller Zeiten, sogar seine neuen Platten sind gut.
Welche Musik hast Du als DJ in New York gespielt?
In meiner Zeit als DJ in New York in den späten 90ern, frühen Nullerjahren haben wir ganz unterschiedliche Musikstile zusammengemixt. Sie alle hatten einen guten Beat. Die Leute haben zu allem getanzt. Biggie mit "Hypnotized", die frühen Neptunes-Sachen von Chad & Pharrell und Dr. Dre 2001.
Was waren die ausgefalleneren Sachen aus Deiner Zeit als DJ in New York?
Ich hab auch viele Klassiker gespielt, "Ain't Nobod"’ von Chaka Khan, "Outstanding" von der Gap Band gemischt mit Dancehall von Shabba Ranks und Buju Banton.
Was wird aktuell in Clubs gespielt und welcher Song füllt immer noch jeden Dancefloor der Welt?
Es war eine großartige Zeit, Du konntest alles auflegen und die Leute haben es abgefeiert. Dann haben die Zeiten sich geändert und die Leute wollten wieder nur einen bestimmten Stil hören. Aber jetzt geht’s wieder zurück zur alten Offenheit. Ein Song, der immer funktioniert ist "Crazy in Love" von Beyoncé. Klar ein sehr kommerzielles Stück, aber egal auf einer Hochzeit, oder in einem HipHop-Club - die Leute werden immer tanzen.
Welcher ist Dein Lieblings-Track aus Deiner berühmten Arbeit mit Amy Winehouse?
Ich liebe all die Songs mit Amy in vielerlei Hinsicht, aber dann hab ich sie einfach auch schon so oft gehört. Außerdem hör ich meine eigenen Sachen selten, sobald sie fertig sind. Aber natürlich macht mich das stolz, wenn ein Song im Radio kommt, und der sich immer noch gut anhört. Wie z.B. "Back to Black".
Wie war die Zusammenarbeit mit Mystikal?
Ich habe Mystikal zum ersten Mal getroffen, zwei oder drei Wochen bevor wir den Song gemacht haben. Wir sind eigentlich durch den Süden gefahren, weil wir nach unbekannten Sängerinnnen gesucht hatten. In New Orleans haben wir dann mit Trombone Shorty abgehangen, ein klasse Jazz-Musiker. Als ich ihm erzählt habe, wie sehr ich mir Mystikal für’s Album wünsche, hat Shorty mir gesagt, dass er ihn gut kenne und eigentlich ständig mit ihm arbeite. Wir sind dann zu Mystikal nach Baton Rouge gefahren, haben uns aber erstmal verfahren dort, mitten in der Nacht. Dann haben wir ihn in einem Studio getroffen, ich hab ihn kurz gefragt, ob er mitmachen will, er sagte ja - und von da an lief alles supereinfach.
Welche ist Deine Lieblings-Platte aus New Orleans?
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Allen Toussaint
Meine Lieblings-Platte aus New Orleans? Ich bin mir nicht sicher, wahrscheinlich von Allen Toussaint. Den Song "Lovie" liebe ich sehr. Er fängt das Gefühl der Stadt ganz gut ein, vor allem wegen Allen Toussaint's Art, Klavier zu spielen.
Unabhängig von New Orleans - warum ist gerade dieser Song so wichtig für Dich?
Ich mag den Song aber auch, weil er gesampelt ist in meinem Lieblingssong von den Gravediggaz, RZA und die anderen rappen darauf. Ich hab viel Funk durch Rap kennengelernt, ich hab mir immer das Original zu den Samples rausgesucht.
Welcher Song hat Dir über den ersten Liebeskummer hinweggeholfen?
Bei Liebeskummer in der High School hab ich mir immer "Lovesick" von Gang Starr angehört. Als ich 17 oder 18 war, hat ein Mädchen mir mir Schluss gemacht und ich hab mir deswegen den Song immer wieder angehört.
Welches war die beste Live-Show, die Du je gesehen hast?
Das beste Livekonzert, das ich je gesehn habe, war Outkast in Miami 1999 in einem ganz kleinen Club. Atlanta war im Superbowl und der Superbowl war eben in Miami. Also war ganz Atlanta vor Ort - auch in diesem kleinen Club in Miami. Ihr Song "Rosa Parks" hat live diese Energie, die Leute sind mitgesprungen und sind durchgedreht.
Welches ist Deine Lieblings-HipHop-Platte?
Eines meiner Lieblings-HipHop-Alben ist "Mecca and Soul Brother" von Pete Rock & CL Smooth und ganz besonders der Song "The reminisce over you". Der ist wunderschön, einer der ersten HipHop-Songs, der mich emotional getroffen hat. Sehr traurig, es geht um einen Typen, der gestorben ist und die Musik ist sehr bewegend. Gut geeignet für Beerdigungen.
Was für ein Typ ist Dein Buddy Bruno Mars?
Bruno ist definitiv der Coolste. Wenn einer von uns sich selbst küssen darf dann er. Denn ich sage normalerweise nicht sowas wie: ich muss mich selbst küssen, weil ich so hübsch bin.
Wie läuft die Zusammenarbeit mit Bruno Mars?
Er hat einfach klasse Ideen im Studio, von ihm ist der Refrain bei Uptown Funk, das Bläser-Arrangement und das "Do DoDo Do DoDo Do Do". Er ist wahnsinnig talentiert, klar er ist ein großartiger Performer, das kennen wir aus dem Fernsehen, aber er ist auch ein unglaublich guter Arrangeur und Songwriter. Ich liebe es einfach mit ihm zu arbeiten. Es ist schön, solche Menschen zu kennen, Menschen, die dich inspirieren und umgekehrt, die sich gegenseitig unterstützen und die einen ähnlichen Geschmack haben.
Wie war die Zusammenarbeit mit Kevin Parker von Tame Impala und welches ist Dein Lieblings-Psychedelic-Album?
Kevin Parker von Tame Impala und ich wurden Freunde, als wir zusammen durch Australien getourt sind. Dabei waren Tame Impala, MGMT und ich mit meiner Band. Es war aufregend mit Bands zu spielen, die ich liebe. Danach kam Kevin dann immer mal wieder bei mir vorbei, als er in England auf Tour war und wir haben nach den Shows immer zusammen abgehangen und er hat mich gefragt: "Möchtest Du nicht mal ein Funk Side Project machen? Ich denke der Funk ist wieder angesagt!" Daraus wurde erst nichts, wir haben das erst weiterverfolgt, als ich mich an mein Album gemacht habe. Bei ein paar Songs hab ich nämlich Kevins Stimme im Kopf gehabt und mir gedacht, wie großartig es wäre, wenn er meine Songs singen würde. Er hat für mich einige der besten Psychedelic Songs aller Zeiten gemacht. "Apocalypse Dreams" zum Beispiel finde ich richtig gut.
Was bedeutet Dir die Zusammenarbeit mit Stevie Wonder?
Das hier ist wirklich unglaublich und ich hätte in 100 Millionen Jahren nicht damit gerechnet, dass diese Zusammenarbeit mal klappt. Ich hab den Song zu Stevie's Manager geschickt und dazu geschrieben, wie sehr ich Stevie liebe und wie sehr ich mir wünsche, dass Stevie darauf Mundharmonika spielt. Für Monate lang hab ich nichts gehört und war überzeugt davon, das wird nichts mehr. Aber ich hatte es wenigstens versucht. Aber dann hat sich doch eine Stephanie aus Stevies Büro gemeldet und gesagt, er sei auf Tour, habe aber einen Day off in Chicago. Also hab ich ihm dort ein Studio gebucht, das schönste das ich kannte. An jenem Abend bekam ich dann eine E-Mail, mein Computer machte dieses "Bing"-Geräusch und dann hab ich gelesen: 'Dropbox Link to Stevie Harmonica Session'. Ich konnte mir was er gemacht hat erst gar nicht anhören. Nicht, weil ich besorgt war, dass es nicht so gut ist. Ich war einfach überwältigt: mein Lieblingsmusiker, -Songschreiber, -Sänger, -Mundharmonikaspieler aller Zeiten hat die Melodie eingespielt, die ich geschrieben hatte. Das war einfach zu viel. Aber dann hab ich mich doch auf den Boden gelegt, die Augen geschlossen, und es mir 10 Mal nacheinander angehört.
Was ist Dein Lieblingsalbum von Stevie Wonder?
Es gibt ein paar Stevie Wonder-Alben die meiner Meinung nach perfekt sind. Da ist es schwierig, sich eins auszusuchen, aber wegen der Genialität und der Begeisterung, die es bei mir entfachte, muss ich "Songs in the Key of Life" nehmen. Sich vorzustellen, dass ein 25-Jähriger solche Songs schreiben kann, "I Wish", "Sir Duke", "Isn't She Lovely", "Ordinary Pain", "As" und "Another Star" - alle auf einem Album, Wahnsinn. In Amerika hat er auf einer Tour das ganze Album von vorne bis hinten gespielt - das hab ich mir angeschaut, eines der besten Konzerte, auf dem ich je war.
Stand: 06.08.2015, 14.24 Uhr
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