Süpertunes - Novalima | Alpha Blondy Afroperuanische Clubmusik & Ivorische Energie

Von Johannes Paetzold

Die vier DJ-Produzenten aus Lima heben afro-peruanische Clubgrooves mit ihrem dritten Album auf ein neues Level und Reggaestar Alpha Blondy schenkt uns positive Energie.


Novalima: Planetario
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Novalima: Planetario

Novalima: Planetario (Wonderwheel)

Novalima ist global Pop, schon in seiner Entstehungsgeschichte. Vier junge Peruaner treffen sich in Lima in der Highschool. Aber als Band kommen die vier erst zusammen, als sie verstreut in der Ferne leben. Hongkong, Barcelona, London - nur einer bleibt in Lima. Sie tauschen sich über das Internet aus über ihre musikalische Passionen und die reichen von peruanischem Folk über Salsa und Son zu Reggae, Dance und Elektronik. Auf Planetario bereichern sie den Sound noch um kolumbianische Einflüsse.

Hotspot Peru

Unglaublich wie Peru sich in den vergangenen Jahren auf Augenhöhe hochkatapultiert hat zu den musikalischen Giganten wie Argentinien und natürlich Brasilien. Und daran tragen Novalima einen Löwenanteil. Inmitten aller Studiotechnik und Dancebeats steht die peruanische traditionelle Musik. Durch ihren Vorstoß haben Novalima viele andere in Peru ermutigt, ihnen zu folgen. Heute gibt es neben traditioneller Musik einer Susanna Baca auch Rock, Soul und Clubmusik aus Peru zu hören. Das Tiger's Milk Records Label aus London bringt eine wunderbare Compilation nach der anderen heraus mit Vintage Musik, aber auch mit aufregenden neuen Klängen wie vom Duo Kanaku y el Tigre und ihrer psychedelisch angehauchten Musik. Von ihren Anfängen vor 15 Jahren über verschiedene Grammy Nominierungen sind Novalima zu einer wichtigen Speerspitze der peruanischen Musik avanciert.

Vom Internet-Projekt zur Live-Band

Vom Austausch der musikalischen Ideen übers Internet sind Novalima heute zusammengewachsen zu einer gefragten Liveband. Der musikalische Austausch über Computer, wo Ideen und Sampel digital hin und her geschickt werden, mag State of the Art sein. Aber gerade dieses neue Album haben Novalima als organische Band zusammen auf Tour komponiert und produziert. Die Songs auf Planetario sind keine nerdigen Sampel-Schnitzereien, sondern wurden mit einer Band aufgenommen und mit Gastmusikern wie Rapper Kumar aus Kuba oder Sängerin Eka Munoz im Song "Madretierra". Man hört den Songs schnell an, wie viele musikalische Ideen hier zusammengepackt wurden. Mit echten Instrumenten live gespielt wie Bongos und Gitarren, mit Sängern und Beatbox. Darunter die Songstruktur programmiert von den Novalima Musikern.

Planetarischer Rundumschlag

Novalima haben sich mit Planetario kräftig weiterentwickelt. Der Albumtitel ist nicht zufällig gewählt. Ihre weltweiten Tourneen, ihr globales Zusammenspiel spiegelt sich in Produktion und musikalischer Auswahl. Für den Song "Quebranto" zum Beispiel wurde eine peruanische Ballade aus den 50ern aufgenommen auf einem Handy, gemischt mit einem live eingespielten Cajon, dazu Fiepser und Quäken aus dem Computer - alt trifft auf neu.

Andere Songs wiegen sich auf den alten peruanischen Liedern, aber alle bleiben tanzbar und international verständlich. Eine wichtige Aufnahmesession für das Album fand in Bogotá statt, der Einfluss der heutigen Lesarten der Cumbia zieht sich so auch durch das ganze Album. Planetario ist unverkennbar afro-peruanische Musik, aber hier wird nicht mit einem USB-Stick gewedelt. Dies ist Song für Song eine vielschichtige Musik, die Heimat und Authentizität im Herzen trägt. Novalima haben anlässlich der 100-Jahr-Feiern der afro-peruanischen Kultur in ihrem Heimatland extra eine neue Live-Show kreiert, deren Premiere in Lima zuerst auf die Bühne kommen soll und an deren Anschluss eine Welttournee geplant ist.

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Alpha Blondy & Solar System: Positive Energy
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Alpha Blondy & Solar System: Positive Energy

Alpha Blondy & Solar System: Positive Energy (Wagram)

Alpha Blondy ist eine der Säulen der afrikanischen Reggaemusik, trägt den Beinamen Bob Marley Afrikas. Seit seinem Hit "Brigadier Sabadi" Anfang der 80er DER Reggaestar Westafrikas. Er war und ist einflussreich auch unter den jungen Musikern, wie etwa Didier Awadi von Senegals Rap-Ikonen Positive Black Soul, der den Musiker von der Elfenbeinküste immer wieder als musikalisches Vorbild nennt, aber vor allem dessen politisches Engagement preist. Alpha Blondy hat aber auch ein bewegtes Leben meistern müssen, vom Nervenzusammenbruch bis hin zu politischer Verfolgung. Heute lebt er etwas geruhsamer in Frankreich.

Positive Energy


Alpha Blondy in Funkhaus Europa

"Komm, wir machen einen Spaziergang auf der Milchstraße, hab keine Angst!", singt Alpha Blondy in "Rainbow in the Sky", dem Eröffnungssong des Albums. Alpha Blondy umarmt uns mal wieder alle mit seinen humanistischen Botschaften, Himmel, Erde und das Weltall - alles gehört zusammen. Auch der Song "Freedom" - eine alte Komposition aus den 70ern, neu aufgenommen für die "Positive Energy" - sucht blumig nach dem Weltfrieden. In anderen Songs legt Alpha Blondy den Finger schon genauer auf offenen Wunden. "Sechez Vos Larmes" - mit Raketen kriegt man die Armut in Afrika nicht in den Griff. In "Madiba Ma Dit" vertont er ein spirituelles imaginäres Zwiegespräch mit Nelson Mandela. Und in "Maclacla Macloclo" kritisiert er korrupte afrikanische Regimes. Alpha Blondy war immer politisch, hat Reggaemusik für seine Botschaften an herrschende Regimes genutzt, für das Volk gesprochen, dem wird er auf Positive Energy auch verlässlich gerecht.

Ambitioniertes Alterswerk

Wie schon beim Vorgängeralbum Mystic Power vor zwei Jahren will der 62-jährige Musiker anscheinend nochmal eine Schippe drauf legen. Bisher bekannt für einen soften Roots Reggae gesungen auf Englisch, Französisch und seiner Heimatsprache Dioula, ist sein Sound nun internationaler geworden. Wie auf "Mystic Power" stößt vor allem die Rockgitarre ins Soundgebilde dazu: Im Song "No Brain No Headache" nutzt er das Gitarrenriff von "Sunshine of Your Love", einem Rockklassiker der Gruppe Cream. Jamaika ist natürlich bei Alpha Blondy im Mix immer dabei, Ijahman und Tarrus Riley sind als Gäste zu hören. Aber diesmal gibt es auch Zouk Musik von den Antillen und ein junger Sänger aus der Republik Kongo bekommt hier die große Plattform. Vielleicht am erstaunlichsten und gewagtesten das Lied "Allah Tano" mit tunesischen und marokkanischen Musikern, wo 1001 arabische Nacht auf frankophonen Reggae aus Westafrika trifft. Einige Songs blubbern und würden etwas kürzer präziser rüberkommen; es ist dieser weiche Reggae-Sound zu "Happy Go Lucky" Trompetenfanfaren in Liedern wie "Querelles Inter Minables", der nach den 80ern klingt und auf den man inzwischen auch gut verzichten kann. Aber mindestens die Hälfte der dutzend Songs haben das Zeug zu Alpha Blondy-Klassikern.


Stand: 19.06.2015, 09.15 Uhr