CD der Woche - Balbalou Senegals Superstar

Von Johannes Paetzold

Cheikh Lo aus Senegal öffnet sich auf seinem fünften Album dem Global Pop. Zu westafrikanischer Folklore und Mbalax mischt er brasilianische Einflüsse und zentralafrikanische Anleihen mit Gästen wie Flavia Coelho, Fixi, Oumou Sangaré und Ibrahim Maalouf. Diese Woche erhält Cheikh Lo den Artist Award bei der Global-Pop-Messe Womex.


Cheikh Lô : Balbalou (Chapter II)
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Cheikh Lô : Balbalou (Chapter II)

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Mitte der 90er-Jahre erschien sein erstes Solo-Album. Sofort wurde Cheikh Lo gefeiert und errang Popularität über Westafrika hinaus. Hier war ein Künstler, der zwar mit Mbalax groß wurde, der Popmusik Senegals, die auf polyrhythmisch und komplex daher kommt. Aber Cheikh Lo glättete die ungeraden Rhythmen mit sanften Melodien und den Einflüssen kubanischer Musik. Dazu ist der schmächtige Musiker ein Mensch, über den Journalisten viel schreiben und erzählen können. Cheikh Lo ist glühender Anhänger der muslimischen Bruderschaft Baye Fall, einem mystischen Unterarm des westafrikanischen Islam, die für die Gemeinschaft arbeiten und ihrem spirituellen Führer Amadou Bamba folgen. Cheikh Lo schreibt Lieder für die Bruderschaft und deren Führer und verbreitet die Botschaften.

Kulturelle Öffnung

"Balbalou" ist das fünfte Album von Cheikh Lo. Wie immer singt er auf Wolof, der wichtigsten Sprache des Senegal, und westafrikanischem Bambarra. Dazu kommen Exkursionen ins Französische, vor allem wenn es politisch wird, wie in "Baissons des Armes", "Legt die Waffen nieder". Hier ruft er dazu auf, die vielen Konflikte und Umstürze besonders in Afrika endlich zu beenden. Mehr denn je öffnet sich Cheikh Lo mit diesem Album den aktuellen Strömungen des Global Pop. Der Pariser Akkordeonist Fixi ist zusammen mit der in Frankreich lebenden brasilianischen Sängerin Flavia Coelho im Song "Degg Gui" zu hören. Ibrahim Maalouf, libanesisch französischer Trompeter, ist einer der Stars der neuen Jazz-Szene. Mit ihm hat Cheikh Lo den Titelsong aufgenommen, eine dunkle arabisch angehauchte Funknummer. Und dann arbeitet der Senegalese bereits zum zweiten Mal nach 1999 mit der großen Diva der Musik Malis zusammen: Oumou Sangaré. Im Song "Doyal Naniou" beklagen sie die Kriege in Afrika.

Mbalax abgefedert

Aufgenommen wurde das Album zwischen Dakar und Paris. Teile davon entstanden in Studios in Schweden, Produzent Andreas Unge gab dem Album einen international leicht verständlichen Anstrich. Die rauhen gutturalen Klänge der westafrikanischen Sprachen wurden eingewoben in Gitarren und Streicher. Sanft wurden Bläsersätze hinzugenommen, und diese selbst wieder eingebettet in Frauenchöre. Die komplexen Mbalax-Rhythmen aus den Sabartrommeln federn ganz sanft durch die Lieder. Hier hat der Produzent großartige Arbeit für eine internationale Verständlichkeit geleistet. Aber auch Cheikh Lo weiß inzwischen sehr genau, was dem internationalen Publikum gefällt, ohne dass er sich dabei künstlerisch verbiegen muss. Er schöpft aus einem großen Reservoire der westafrikanischen Folklore, aber auch den zentralafrikanischen Einflüssen von kongolesischer Rumba, dem Soukous, weiter zu Son und Salsa aus Mittelamerika, und natürlich den Reggaeeinflüssen Jamaikas, die er besonders vorsichtig in den Mix wie mit einem Schneebesen einrührt. Highlife aus Ghana, US Soul - bei jedem Hören von „Balbalou“ buddelt man wieder neue musikalische Wurzeln aus. Manchmal sind einzelne deutlich hervorgehoben wie in "Suzanah", ein Coversongs eines alten Soukous-Songs von Angolas Star Sam Mangwana. Andere Spuren weiß Cheikh Lo gut zu verdecken. Wer genau hinhört, wird bei "Baissons Les Armes" sogar die Einflüsse von 80er-Disco und Rock hören, von Songs wie "Don't Let Me Be Misunderstood".

Auszeichnung Womex 2015

Fast unmerklich hat sich dieser Mann der leisen Töne und Balladen in die erste Liga westafrikanischer Musiker hochgespielt - ohne große Auftritte und Showtreppen. In dieser Woche bekommt Cheikh Lo mit dem Artist Award den größten Preis der Global-Pop-Messe Womex verliehen, sozusagen für sein Lebenswerk. Cheikh Lo: "Die Womex ist der wichtigste Treffpunkt des Global Pop. Ich bin afrikanischer Herkunft und für mich bedeutet dieser Preis: Afrika ist weiter im Kommen. Es ist eine Würdigung, gleichzeitig eine Ermutigung. Und auch ein gewisser Druck, auf diesem Niveau weiterzuarbeiten. Lohn und Anerkennung für 40 Jahre musikalischer Arbeit kommen hier zusammen."


Stand: 19.10.2015, 09.30 Uhr